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Petronas-Yamaha: Wie es zum Streit mit Stigefelt kam

Von Günther Wiesinger
Der neue WITHU-Yamaha-RNF-Teambesitzer Razlan Razali und sein bisheriger Team Director Johan Stigefelt gehen künftig getrennte Wege. Der Teamchef zeigt sich vom Verhalten des Schweden «enttäuscht». Es geht ums Geld.

Nach dem Rückzug des malaysischen Mineralölkonzerns Petronas beim Yamaha-Kundenteam von Teamprinzipal Razlan Razali musste der Rennstall für die Zukunft einen Eigentümerwechsel vornehmen, einen neuen Hauptsponsor suchen, die Teams in den Klassen Moto3 und Moto2 zusperren, die Verträge mit Yamaha (jetzt über 1 Jahr statt 3 Jahre) und der Dorna (wieder über 5 Jahre) umändern.

Teamprinzipal Razlan Razali hatte beim Silverstone-GP Ende August verlautbart, er werde das MotoGP-Team vom bisherigen Besitzer Sepang Circuit übernehmen und es künftig gemeinsam mit Team Director Johann Stigefelt besitzen und weiterführen. Doch vor sechs Wochen beim San-Marino-GP verkündete Razali die Gründung des RNF-Teams, er präsentierte sich jetzt Allein-Eigentümer, von Stigefelt war keine Rede mehr.

Das erregte beim SPEEDWEEK.com-Berichterstatter die berufliche Neugier, es begann eine investigative Recherche-Tätigkeit. Am 10. Oktober erschien der erste Bericht zu diesem Thema. «Petronas-Team: Krach mit Teammanager Johan Stigefelt», lautete die Schlagzeile.

Danach meldeten sich weitere Informanten mit aufschlussreichen Schilderungen. Es bestätigte sich die Vermutung, das Verhältnis zwischen Razali und Stigefelt sei dauerhaft zerrüttet.

Razlan Razali will keine Schmutzwäsche waschen und den guten Ruf seines Teams nicht aufs Spiel setzen.

Der Malaysier sagt aber: «So ein Team zu führen ist wie ehe Ehe. So lange alles gut geht, hörst du nichts Negatives, es dringen nur positive Nachrichten nach außen. Wenn sich eine Trennung anbahnt, kommen von verschiedenen Seiten Informationen. Und damit bin ich jetzt konfrontiert.»

Der Zwist begann in Aragón

Der Krach zwischen Razali und Stigefelt trat beim Aragón-GP zutage und verschärfte sich in den folgenden Tagen bis zum Misano-1-GP (19. September). «Bis dahin bestand der Plan, mit Stigefelt als Partner weiterzumachen», räumt Razali ein.

Nach dem Aragón-GP (12. September) sollen die Chefs einiger Teamsponsoren über Ungereimtheiten im Zusammenhang mit Stigefelt berichtet haben.

Dazu muss man wissen, dass Stigefelt über seine in Anderstorp/Schweden domizilierte Firma «One Performance» etliche Geschäfte für das Petronas-STR-Team abwickelte. Denn der Sepang Circuit und Petronas befinden sich im Besitz des malaysischen Staats. Diese Firmen konnten also keine Leasingverträge mit Firmen wie der Bischoff + Scheck AG in Deutschland abschließen, die seit 1997 für innovative Konzepte im Spezial-Fahrzeugbau einen Namen gemacht hat und viele Motorsport-Teams mit Aufliegern und Hospitality-Burgen beliefert.

Bei Razali, der Stigefelt ähnlich vertraut hatte wie Marc-VDS-Teambesitzer Marc van der Straten von 2010 bis Mai 2018 seinem Teamchef Michael Bartholemy, wuchs die Enttäuschung. Auch bei der Dorna wurden unerfreuliche Berichte über Stigefelt kolportiert, dessen Team-Projekte nach seiner Rennfahrerkarriere nie von langer Dauer waren.

Jedenfalls brachte Stigefelt mit seinem Verhalten das Fass vor dem ersten Misano-GP zum Überlaufen. Bei der Dorna wurde sogar überlegt, ob er im GP-Fahrerlager zur unerwünschten Petrson erklärt werden soll. Ein Schicksal, das er mit Bartholemy teilen würde.

Stigefelt versucht, die Schuld am Zerwürfnis von sich zu schieben.

Er behauptete gegenüber einem Teammitglied, es sei zum Zwist gekommen, weil Razali bei der neuen Rennfirma zuerst von Eigentumsverhältnissen von 50:50 sprach, nachher von 60:40 und danach eine Mehrheit 70 Prozent anstrebte.

Razlan Razali, der das Team für MotoGP und MotoE jetzt mit seiner Firma RNF übernommen hat, will nicht über Interna sprechen.

Er hält sich an die Tatsachen. «Ich verstehe nicht, was Stigefelt wollte. Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta hat mir persönlich im Jahr 2018 die beiden MotoGP-Plätze übergeben. Das ist mein großer Vorteil. Das ist mein ‚entry’, das ist mein ‚slot‘. Ich entscheide, welche Firma das Team betreibt», erklärte Razali im Exklusiv-Interview mit SPEEDEWEEK.com. 

Stigefelt verlangte offenbar von Razali, er solle die zwei kostbaren MotoGP-Teamplätze seiner schwedischen Firma ‚One Performance‘ übertragen.

So kam es zur Auseinandersetzung. Razali musste danach bei den Sponsoren klarstellen, dass er der wahre Eigentümer der beiden Teamplätze sei und Stigefelt keine Handlungsvollmacht habe. Der Schwede hätte offenbar am liebsten auch den neuen Vertrag mit Yamaha als One-Performance-Firmenchef selbst abgeschlossen.

Razali: «Ich war der Zahlmeister»

Inzwischen wird zwischen Razali und Stigefelt offenbar auch darüber gestritten, wer der wahre Nutznießer und Inhaber der Leasingverträge bei Bischoff + Scheck sei. Die Leasinggebühren sind aber nachweislich mit Sponsorgeld des Petronas-SRT-Teams bezahlt worden.

«Wir haben entschieden, getrennte Wege zu gehen.» Das ist Razalis knappe Antwort auf die Frage von SPEEDWEEK.com, warum Stigefelt in den Plänen des WITHU-Yamahas-RNF-Teams für 2022 keine Rolle mehr spielt. «Ich möchte die Dinge im Zusammenhang mit Stiggy privat halten und werde über niemanden schlecht reden. Was zwischen Johan und mir vorgefallen ist und welche Probleme entstanden sind, betrachte ich als Privatangelegenheit. Ich werde darüber nicht sprechen. Wie er sich in diesem Zusammenhang verhält, kann er selbst entscheiden.»

Stigefelt wird nachgesagt, er brüste sich gerne damit, er hätte selbst Sponsoren gefunden und einiges zum Gelingen des Teams beigesteuert.

Der neue Hauptsponsor WITHU sei von Fabio Barchittas Agentur «Fastback» gefunden worden, betont Razali. «Er ist mit diesem Deal zu mir gekommen.»

Der ehemalige 250-ccm-GP-Pilot Barchitta bestätigt im Gespräch mit SPEEDWEEK.com diese Schilderung. «Ich habe WITHU schon vor drei Jahren zu Petronas-SRT gebracht. Vorher zu Marc VDS, inzwischen auch zu VR46.»  

Tatsache ist, dass über Stigefelts Firma One Performance auch Fahrerverträge abgeschlossen wurden. Zum Beispiel jener von Darryn Binder, der 2022 mit Andrea Dovizioso das neue WITHU-Yamaha-Team bilden wird.

Razlan Razali räumt ein, dass es in Bezug auf die Leasingverträge für die Transport-Fahrzeuge und Hospitality zu Meinungsverschiedenheiten mit Stigefelt kam. «Ich hatte das Gefühl, nicht als Kunde behandelt worden zu sein. Seit unserem Einstieg in die Moto3-WM 2015 haben wir ‚One Performance‘ von Johan immer als ‚pass through company‘ benutzt. Ich war damals CEO des Sepang Circuits, diese Firma konnte aber keinen Vertrag mit Bischoff + Scheck unterschreiben. Also wurde das Geld an ‚One Performance‘ überwiesen, sie hat damit die Rechnungen bezahlt. Der ultimative Kunde war Sepang Circuit als Teambesitzer. Jetzt bin ich Eigentümer dieses Teams…»

Als neuer Rennstallbesitzer, der bisher als Teamprinzipal alle Rechnungen an One Performance und Bischoff + Scheck bezahlte, wähnte sich Razali («Ich war immer der ‚paymaster‘, der Zahlmeister») als rechtmäßiger Inhaber der Leasingverträge.

Razali: «Aber als ich das Team übernommen habe, wurde ich wie ein neuer Kunde behandelt.»

Weil die Vertragspartner das offenbar anders sehen, entzweiten sich Razali und Stigefelt.

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