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VR46-Ducati-Team: Aramco-Millionen bleiben Illusion

Von Günther Wiesinger
Ein ominöser Prinz aus Saudi-Arabien versprach im Sommer dem neuen VR46-Rossi-Ducati-MotoGP-Team 18 Millionen Dollar. Aber das bleibt eine Fata Morgana.

Schon am 4. September berichtete SPEEDWEEK.com unter dem Titel «VR46 Rossi Ducati: Platzt der Aramco-Millionen-Deal?» über die Vermutung, die monatelang angekündigte Aramco-Oil-Sponsorship könne bei Rossis VR46-Ducati-Team eine Fata Morgana, ein Märchen aus 1001 Nacht bleiben. Denn die Aussagen in diesem Zusammenhang wirkten extrem widersprüchlich und merkwürdig.

Zur Erinnerung: Schon in dieser Saison promoten die Sky-VR46-Fahrer für die Regierung von Saudi-Arabien das Projekt «Saudi Vision 2030». Es handelt sich um ein strategisches Programm, zukunftsorientiert und hoch technologisch, mit dem die Abhängigkeit der Saudis von der Erdölforderung verringert werden soll.

Dieses Ziel soll durch die durch die Diversifizierung der Wirtschaft und eine vermehrte Entwicklung von Sektoren wie Gesundheit, Bildung, Infrastruktur, Erholung und Tourismus erreicht werden.

Damit verbunden sind die Marken «KSA New Cities» und «Maic Technologies», deren Logos 2021 auf den VR46-Bikes von Marini, Bezzecchi und Vietti prangten.

Ist die Mannschaft um Rossi dem saudi-arabischen Prinz mit dem eindrucksvollen Namen Abdulaziz bin Abdullah bin Saud bin Abdul Aziz Al Saud mit seiner Holding Tanal Entertainment Sport & Media Partner auf den Leim gegangen? Er hatte monatelang eine Unterstützung des MotoGP-Projekts von VR46 durch Aramco angekündigt. Diese Mineralölgesellschaft erwirtschaftet jährlich Gewinne bis zu 55 Milliarden US-Dollar.

Der Prinz ließ schon Ende Juli 2021 eine Pressekonferenz ankündigen, die innerhalb weniger Tage Klarheit über die hochtrabenden MotoGP-Pläne der Saudis schaffen sollte.

Tanal Entertainment versicherte damals, die Beteiligung von Aramco mit VR46 sei vereinbart, Aramco behauptete jedoch bald das Gegenteil. Es existiere keine strategische Vereinbarung, wurde im Frühsommer vom Ölgiganten beteuert.

Dann lud der ominöse Prinz am 19. August eine Handvoll ausgewählter italienischer Medienvertreter zu einem Online-Zoom-Meeting ein. Wie die Kollegen von GPOne.com anschließend berichteten, wurde dort der folgende Mittwoch als Stichtag genannt: Dann sollten im Rahmen einer offiziellen Pressekonferenz die MotoGP-Pläne der Regierung von Saudi-Arabien die Details zum Deal veröffentlicht werden. Aber auch dieser Termin ist seit drei Monaten verstrichen – ergebnislos.

Im Frühjahr hat Tanal verlautbart, die gigantische saudi-arabische Mineralölgesellschaft Aramco, die in der Formel 1 pompös in Erscheinung tritt, werde beim neuen VR46-Ducati-Team von Rossi als Hauptsponsor mitmachen.

Zu den widersprüchlichen Meldungen um den vermeintlich lukrativen Aramco-Deal wollte sich Prinz Abdulaziz bin Abdullah bin Saud bin Abdul Aziz Al Saud nie äußern. Er versicherte zur Partnerschaft mit VR46 am 19. August: «Der Vertrag ist schon unterzeichnet und in der kommenden Woche werden wir die gesamte Summe zur Verfügung stellen.»

Die Rede war von rund 18 Millionen Dollar pro Jahr, die allein in die MotoGP-WM fließen sollten. Das sei aber nur ein Teil eines noch umfassenderen Projekts und einem Gesamtinvestment von rund einer Milliarde Dollar, war bei Tanal zu hören. So ist in Saudi-Arabien unter anderem ein Motorsport-Themenpark mit VR46 geplant, dazu sollen bis 2030 Fabriken für die Herstellung von Autos und Motorrädern gebaut werden. Eine Teamübernahme in der Formel 1 stehe bei «Vision 2030» ebenfalls auf der Wunschliste.

Heute bestätigt sich der Verdacht: Es handelte sich um ein arabisches Märchen wie aus 1001 Nacht.

Denn in der provisorischen «entry list» der Klassen Moto2 und Moto3 für 2022 lautete der Teamname für Rossis Moto2-Mannschaft im September «Aramco VR46».

Das nährte die Vermutung, der neunfache Weltmeister könne auch bei seinem MotoGP-Projekt mit Aramco-Millionen rechnen.

Jetzt steht fest: Das Aramco-Budget bleibt eine Fata Morgana. Denn in den neuen offiziellen Teilnehmerlisten fehlt von Aramco jede Spur.

Die Rossi-Truppe muss deshalb den Gürtel enger schnallen, denn auch der Pay-TV-Sender Sky zieht sich als Geldgeber zurück – wie vor zwei Jahren aus dem Profi-Radsport. Sky bleibt vielleicht noch mit einem kleinen Logo auf den Bikes. Es wird aber kein Geld mehr fließen, VR46 soll als Gegenleistung TV-Sendezeit erhalten.

Für die VR46-Teams in der Moto2 und MotoGP braucht Rossis Mannschaft ca. 12 bis zu 15 Millionen Euro im Jahr. Rund 6 Millionen steuert bei jedem MotoGP-Privatteam die Dorna für zwei Fahrer bei.

VR46-Geschäftsführer Alberto «Albi» Tebaldi kündigte zuletzt an, man werde das MotoGP-Projekt finanziell auch ohne Aramco-Geld stemmen. Aber offenbar geht es nicht ohne Entlassungen und personelle Einschränkungen. Co-Sponsoren wie WITHU werden bei Rossis VR46-Truppe weitermachen.

«Wir verfolgen viele unterschiedliche Projekte, in einige wird auch Valentino involviert sein. Wir wollen sogar einen Motorrad-Grand-Prix in Saudi-Arabien. Wir sprechen mit dem Sportministerium noch darüber, aber es wird bald passieren», kündigte Prinz Abdulaziz bin Abdullah bin Saud bin Abdul Aziz Al Saud im August an.

Teambesitzer Rossi wirkte bisher gelassen. «Ich bin gewöhnt, den Menschen zu vertrauen. Deshalb bleibe ich ruhig», teilte er im August mit.

Ob wenigstens ein Bruchteil der von Tanal versprochenen 18 Millionen US-Dollar fließen werden, bleibt abzuwarten.

Der saudische Topmanager Talal Al-Marri, CEO von Aramco Overseas, kam 2021 auf Einladung von Pramac zur Dutch-TT in Assen. Der clevere Pramac-Teambesitzer Paolo Campinoti hatte wohl einen Hintergedanken dabei, er hätte die saudische Geldquelle auch gerne angezapft.

Al-Marri hat für Aramco den Millionen-Sponsorship-Mega-Deal mit Liberty Media unterzeichnet, der seit 2020 die aufdringliche Formel-1-Bandenwerbung gewährleistet.

Auf die Frage von MisterHelmet.com, ob auf die Aussagen von Prinz Abdulaziz bin Abdullah bin Saud bin Abdul Aziz Al Saud kein Verlass sei, entgegnete Al Marri mit einer Gegenfrage: «Wisst ihr, wie viele Prinzen wir in Saudi-Arabien haben?»

Im Sommer stellte sich heraus, dass Tanal zwar angeblich mit Millionen jongliert, aber keine Firmenwebsite hat.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten bei VR46 die Alarmglocken läuten müssen.


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