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Wieder Krach: Gegner wettern über neuen Ducati-Trick

Von Günther Wiesinger
Pecco Bagnaia beim Sepang-Test auf der Werks-Ducati

Pecco Bagnaia beim Sepang-Test auf der Werks-Ducati

Jedes Jahr erstaunt Ducati-Konstrukteur Gigi Dall'Igna die Gegner mit neuen innovativen Technik-Features. Jetzt sorgt er mit einem neuen «Front Ride Height Device» für Aufregung.

Knapp drei Jahre nach den heftigen Protesten von Honda, Suzuki, KTM und Aprilia gegen den umstrittenen Hinterradspoiler von Ducati beim Katar-GP 2019 existieren in der MSMA (Motorcycle Sports Manufacturer’s Association) wieder Unstimmigkeiten wegen eines technischen Tricks von Ducati-Konstrukteur Gigi Dall’Igna. Denn beim MotoGP-IRTA-Test am 5./6. Februar auf dem Sepang International Circuit wurde offenkundig, dass Ducati an der Desmosedici GP22 zumindest im Lenovo-Werksteam bei Bagnaia und Miller mit einem neuen «Front Ride Height Adjuster» oder «Front Ride Height Device» (FRHD) experimentiert, das jetzt auch die Gabel während der Fahrt durch einen per Hand betätigten Schalter absenken kann.

Den «Rear Ride Height Adjuster» hat Ducati schon seit zwei Jahren im Einsatz, er musste inzwischen von allen anderen Werken kopiert werden.

Der einfallsreiche Gigi Dall’Igna ist der Konkurrenz seit Jahren immer wieder einen Schritt voraus, wenn es um das Aufspüren von Schlupflöchern im Reglement geht. Er erfand die Winglets, dann das «Holeshot Device» (Startvorrichtung), das aus dem Motocross kommt und beim Start bis zur ersten Kurve die Gabel blockiert, um zu starke Wheelies zu vermeiden. Es folgten die aerodynamischen Radabdeckungen, wie man sie von den Zeitfahr-Rennrädern aus dem Profiradsport kennt sowie der Hinterradspoiler, der auf Englisch bald als «spoon» (Löffel) bezeichnet wurde. Die gegnerischen Hersteller sahen in ihm ein unerlaubtes aerodynamisches Hilfsmittel, Dall’Igna merkte hingegen grinsend an, der Spoiler unten vor dem Hinterrad diene zur Kühlung des Hinterreifens.

Vier gegnerische Werke protestierten nach dem Katar-GP 2019 gegen Platz 1 von Dovizioso und Platz 6 von Petrucci. Sie blitzten aber sowohl mit dem Protest bei der Race Direction am Rennabend als auch später bei der Berufungsverhandlung beim Richtergremium der FIM ab.

Es sind sich jetzt zwar alle anderen Hersteller einig, dass das «Front Ride Height Device» (FRHD) legal ist, weil die «Suspension» vorne nicht elektronisch betätigt wird, sondern mechanisch.

«Ich weiß natürlich nicht, wie das FRHD bei Ducati jetzt genau gemacht ist», sagte Sebastian Risse, der Technical Director im MotoGP-Team von KTM, im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Aber im aktuellen Reglement ist es möglich, ein legales ‚Front Ride Height Device‘ zu bauen. Ich gehe also davon aus, dass das Teil von Ducati legal ist.»

Bisher ist deshalb kein Protest gegen die Italiener geplant. Aber das neue Device sorgt für heiße Köpfe und für viel Gesprächsstoff.

Risse: «Es ist wohl kein Werk begeistert, wenn jetzt Geld in so eine Steinzeittechnik investiert werden muss.»

Nachdem die Fahrer aus den Ducati-Satellitenteams teilweise schneller waren als Bagnaia und Miller, stellt sich die Frage, ob Ducati mit dieser neuen Vorrichtung auch in Mandalika (11. bis 13.2.) auftreten wird.

Danny Aldridge, Technical Director im MotoGP-Sport, und Corrado Cecchinelli, Head of Technology bei der Dorna, haben jetzt Klärungsbedarf, was die Zukunft betrifft.

Denn alle Beteiligten reden dauernd über Kostenreduktion, das ist auch der Dorna ein brennendes Thema, seit 1992 Inhaber der kommerziellen MotoGP-Rechte.

Momentan finden deshalb auf allen Ebenen Diskussionen statt.

Bis zum Katar-GP am 6. März soll die Problematik auch in der Grand Prix Commission (bestehend aus Funktionären der Dorna, FIM, IRTA und MSMA) besprochen werden.

Bisher ist keine Lösung in Sicht. Denn niemand kann Ducati hindern, am FRHD festzuhalten.

Fakt ist: Die Fronten in der MSMA gegen Gigi Dall’Igna sind seit dem Protest beim Katar-GP 2019 verhärtet.

Doch der alte Technikfuchs stöbert immer wieder Lücken im Technik-Reglement auf und nützt sie geschickt zugunsten von Ducati aus.

Ducati gewann 2021 sieben Grands Prix und sicherte sich 24 Podestplätze. Und 2022 will Ducati endlich den zweiten MotoGP-Fahrer-WM-Titel nach Casey Stoner 2007 gewinnen.

2020 und 2021 triumphierte Ducati bereits in der Marken-WM, 2021 auch in der Team-WM.

«Es ist richtig, dass die Devices für hinten und vorne gemäß dem heutigen Reglement legal sind. Aber wir wollen weder den Speed erhöhen noch die Kosten», erklärte Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta nach dem Sepang-Test gegenüber SPEEDWEEK.com.


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