KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Jack Miller (2.): Hätte gern Dreifach-Erfolg gefeiert

Von Günther Wiesinger
Ohne den Crash von Pecco Bagnaia hätte Ducati in Le Mans heute die ersten drei Plätze beschlagnahmen können. Jack Miller schildert das turbulente Rennen aus seiner Sicht.

Jack Miller stürmte vom zweitbesten Startplatz wie der Blitz in die erste Runde des GP de France in Le Mans, doch in der vierten Runde wurde er von Pecco Bagnaia überholt. Und dann holte Enea Bastianini mit der Gresini-Ducati immer stärker auf, er schnappte sich Miller in der 13. Runde. Doch nach dem Crash von Bagnaia konnte Jack Miller einen sicheren zweiten Platz über die 27-Runden-Distanz bringen. Nicht übel: Der Ducati-Werkspilot hat in den letzten zwei Jahren in Le Mans 45 von 50 möglichen Punkten eingesammelt.

Jack Miller, im Quali und im Rennen auf Platz 5, hat sich in der Fahrer-WM jetzt auf Platz 5 vorgearbeitet, er hat Bagnaia hinter sich gelassen. «Wir haben am Grid ein paar Menschen in Staunen versetzt, als wir vor den Soft-Compound aufzeigen haben. Aber jedes Mal am Wochenende, wenn ich mit dem Medium rausgefahren bin, bin ich gestürzt», schilderte JackAss, dessen Markenkollegen Bagnaia und Bastianini sowie Alex Espargaró vorne den Medium-Compound wählten. «Das ist zweimal passiert, ich wollte es kein drittes Mal riskieren. Klar, das Vorderrad hat sich mehr bewegt, aber ich habe den Vorderreifen gut lesen können, ich konnte ihn im Grenzbereich gut kontrollieren.»

Miller hatte sich vorgenommen, das Rennen vom Start weg anzuführen und seine Pace zu demonstrieren. Doch er wusste nach dem Quali, dass Bagnaia einen ordentlichen Speed vorzeigen konnte. «Ich hatte im Grunde einen Traumstart, ich bin in Führung gegangen», schilderte der 26-jährige Australier. «In der ersten Kurve war es knifflig, als alle Devices eingeloggt waren, aber ich konnte die Linie blockieren und Platz 1 verteidigen. Dann legte ich meine Pace vor, aber in der dritten Runde habe ich drei Zehntel verloren, als sich Rins in der ersten Kurve durchpresste. In den Kurven 2 und 3 rutsche er dann auf dem Hosenboden vorbei. Ich habe es ein bisschen mit der Angst zu tun bekommen, aber dann habe ich kapiert, dass Alex stürzen wird… Er hat alles getan, um sein Bike langsamer zu machen. Ich muss mich massiv bei ihm bedanken, dass er mich nicht abgeräumt hat. Er hat uns alle miteinander vor einem Zwischenfall bewahrt.»

«Ich hatte keine Reserven, um mit Enea und Pecco mitfahren zu können», räumte Miller ein. «Aber immerhin war ich fähig, das Motorrad heimzubringen.»

Was macht Bastianini besser, der in diesem Jahr schon drei Rennen gewonnen hat und sich durch die drei Crashes am Weekend nicht aus dem Konzept bringen ließ? Miller: «Enea hat mich schon in Texas überrumpelt. Und er hat das inzwischen oft genug getan. Er ist am Ende des Rennens immer sehr stark. Er fährt. Mit einem guten Drive, er beansprucht die Reifen nicht zu stark, er hat heute wieder eine starke Performance geboten. Enea hat keinen Fehler gemacht. Doch am Schluss ist er ein bisschen anders gefahren. Ich habe beobachtet, dass er im Finish zum Beispiel in der Kurve 8 sehr knapp an die Kerbs rangefahren ist. Ich dachte, vielleicht hat er jetzt Probleme mit dem Vorderreifen, denn ich hatte zu diesem Zeitpunkt vorne schon zwölf Runden lang meine Probleme…»

Was sagte Jack zum Auftritt von Pecco Bagnaia? «Er ist ein gutes Rennen gefahren. Ich habe vermutet, dass er mit seiner Pace davonfahren kann. Er hat mich beim Rausfahren aus der Kurve 7 bedrängt, ich konnte dadurch nicht so rund und schwungvoll rausfahren wie üblich, also konnte er mich in Turn 8 außen überholen. Klar, ich hätte ihm den Weg gewaltsam versperren und die Innenspur blockieren können. Aber dann dachte ich: 'Nein, wir arbeiten lieber zusammen und fahren den Gegnern davon.'

«Pecco ist dann etwas weggefahren, aber nach drei Runden ist mir aufgefallen, dass er in einigen Rechtskurven Mühe bekam, zum Beispiel in Turn 8 und ein wenig in der Zielkurve», schilderte Miller. «Als dann Enea vorbeikam und sich auf Pecco warf, wurde mir klar: 'Jetzt passiert es wieder!' Doch Pecco hat dann noch einmal die Führung übernommen, das habe ich beobachtet. Er hat einen schwarzen Strich hinterlassen, das war ein hartes Gefecht im letzten Sektor, Pecco ist dann dort ausgerutscht. Schade, wir hätten heute für Ducati einen Dreifach-Erfolg einfahren können. Aber es sollte nicht sein.»

MotoGP-Ergebnis, Le Mans (15. Mai):

1. Bastianini, Ducati, 27 Rdn in 41:34,613 min
2. Miller, Ducati, + 2,718 sec
3. Aleix Espargaró, Aprilia, + 4,182
4. Quartararo, Yamaha, + 4,288
5. Zarco, Ducati, + 11,139
6. Marc Márquez, Honda, + 15,155
7. Nakagami, Honda, + 16,680
8. Brad Binder, KTM, + 18,459
9. Marini, Ducati, + 20,541
10. Viñales, Aprilia, + 21,486
11. Pol Espargaró, Honda, + 22,707
12. Bezzecchi, Ducati, + 23,408
13. Di Giannantonio, Ducati, + 26,432
14. Alex Márquez, Honda, + 28,710
15. Morbidelli, Yamaha, + 29,433
16. Dovizioso, Yamaha, + 38,149
17. Darryn Binder, Yamaha, + 59,748
– Oliveira, KTM, 3 Runden zurück
– Bagnaia, Ducati, 7 Runden zurück
– Martin, Ducati, 11 Runden zurück
– Mir, Suzuki, 14 Runden zurück
– Fernández, KTM, 21 Runden zurück
– Rins, Suzuki, 22 Runden zurück
– Gardner, KTM, 24 Runden zurück

WM-Stand nach 7 von 21 Grand Prix:

1. Quartararo 102 Punkte. 2. Aleix Espargaró 98. 3. Bastianini 94. 4. Rins 69. 5. Miller 62. 6. Zarco 62. 7. Bagnaia 56. 8. Brad Binder 56. 9. Mir 56. 10. Marc Márquez 54. 11. Oliveira 43. 12. Pol Espargaró 40. 13. Viñales 33. 14. Nakagami 30. 15. Martin 28. 16. Marini 21. 17. Morbidelli 19. 18. Bezzecchi 19. 19. Alex Márquez 18. 20. Dovizioso 8. 21. Darryn Binder 6. 22. Di Giannantonio 3. 23. Gardner 3.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 156 Punkte. 2. Yamaha 102. 3. Aprilia 99. 4. KTM 84. 5. Suzuki 80. 6. Honda 67.

Team-WM:

1. Aprilia Racing 131 Punkte. 2. Suzuki Ecstar 125. 3. Monster Energy Yamaha 121. 4. Ducati Lenovo 118. 5. Red Bull KTM Factory 99. 6. Gresini Racing MotoGP 97. 7. Repsol Honda 94. 8. Pramac Racing 90. 9. LCR Honda 48. 10. Mooney VR46 Racing 40. 11. WithU Yamaha RNF 14. 12. Tech3 KTM Factory 3.

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