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Andrea Dovizioso: «Es ist okay so, es war der Moment»

Von Nora Lantschner
Andrea Dovizioso hat entschieden

Andrea Dovizioso hat entschieden

Andrea Dovizioso (36) erklärt, was ihn zum Rücktritt bewegt hat und warum er schon in Misano einen Schlussstrich zieht, anstatt die MotoGP-Saison für WithU Yamaha RNF zu Ende zu fahren.

Am Donnerstag teilte Yamaha offiziell mit, dass Andrea Dovizioso seine 20-jährige GP-Karriere am 4. September beim Heimrennen in Misano frühzeitig beenden wird. Die letzten sechs Grand Prix der Saison wird stattdessen Testfahrer Cal Crutchlow bestreiten.

In der Hospitality des WithU RNF Yamaha MotoGP Teams gab «Dovi» dann im Fahrerlager von Silverstone eine Pressekonferenz, um die Beweggründe seines vorgezogenen Rücktritts zu erläutern. «Nach 20 Jahren ist es am Ende immer hart, so eine Entscheidung zu treffen», begann der 15-fache MotoGP-Sieger gefasst und ganz offensichtlich mit sich im Reinen. «Es ist aber okay so, ich bin entspannt. Es war der Moment, um diese Entscheidung zu fällen. Als Fahrer weißt du es… Wenn du in den Sessions und in den Rennen nicht dazu in der Lage bist, dort zu sein, wo du sein willst, dann fängst du als Fahrer an, über diese Dinge nachzudenken – und du stellst fest: Das ist der richtige Moment. Das ist der Grund dafür, dass ich die Entscheidung getroffen habe.»

Einen besonderen Dank richtete der 36-jährige Italiener an Yamaha, das RNF-Team und Titelsponsor WithU, weil sie für seine unübliche Entscheidung, die Saison abzubrechen, Verständnis gezeigt und ihn unterstützt hätten. «Während der Sommerpause sprach ich mit Yamaha darüber, weil ich das Gefühl hatte, dass wir ein gutes Verhältnis hatten und darüber reden konnten. Ich weiß, dass es nicht das Beste ist, es so zu machen. Für mich war das aber die Realität und ich ging offen damit um – wie immer. Ich bin immer offen, das kann manchmal gefallen und manchmal eben nicht. Ich redete mit ihnen und sie verstanden mich. Das war gut.»

Warum hört der 125er-Weltmeister von 2004 aber sechs Rennen vor Schluss auf? «Als Fahrer ist es nicht so schön, wenn du über diese Dinge nachdenkst und nicht einfach nur auf das Rennfahren fokussiert bist», räumte Dovi ein. «Wenn du dich nicht mehr so konkurrenzfähig fühlst, fängst du an, zu viel darüber nachzudenken. Ich hatte also das Gefühl, dass ich die Entscheidung treffen sollte. Und mit dem Gefühl fing ich an darüber nachzudenken, dass Misano – mein letztes Heimrennen – das richtige Rennen sein würde, um dort aufzuhören – mit einer Party und einem breiten Lächeln von allen, meinen Freunden und den Fans.»

Wäre es nicht doch korrekter gewesen, die angefangene Saison zu Ende zu bringen? «Als rationale und selbstkritische Person muss ich immer eine bedeutende Motivation haben, um etwas zu machen», hielt Dovizioso fest. «Leider gelang es mir nicht, mich ausreichend gut an das Motorrad anzupassen, um gewisse Ergebnisse zu erreichen. Ich konnte den Aspekt in diesem Jahr also leider nicht verbessern. Ein anderer Aspekt wäre gewesen, an bestimmten strukturellen Aspekten des Motorrads zu arbeiten, aber während der Saison gab es die Möglichkeit dazu nicht.»

«Ich möchte aber das gute Verhältnis zu Yamaha betonen: Auch in dieser Sache war ich offen, es gab Meetings, um darüber zu reden und zu verstehen, welche Absichten sie hatten und woran sie arbeiten wollten. Ich verstand sehr gut, welchen Ansatz sie hatten. Um in der MotoGP große Dinge zu verändern, braucht es Zeit. Also konnte ich auch bei diesem Aspekt nichts machen. In der Folge laufen im Kopf gewisse Überlegungen, weil man gleichzeitig nicht konkurrenzfähig ist, und an einem gewissen Punkt wurde diese Überlegung immer wichtiger – und führte zu dieser Entscheidung», fasste der 24-fache GP-Sieger zusammen.

Gab es einen speziellen Moment oder ein Rennen, in dem der dreifache MotoGP-Vizeweltmeister realisierte, dass es mit der Anpassung an die aktuelle M1 nicht mehr klappen würde? «Als ich auf das Motorrad sprang, war ich von Anfang an etwas überrascht vom Grip. Beim ersten Rennen hat man die Situation aber nicht unter Kontrolle. Manchmal erscheint ein Aspekt besonders groß, aber vielleicht weil du auf eine gewisse Weise fährst und die Eigenschaften des Motorrads nicht richtig nutzt. Diese Sache wurde aber zur Basis – und zu einem der größten Probleme, die ich vorfand. Und mein Weg, die Yamaha zu fahren, war nicht der beste, um das Potenzial des Motorrads zu nutzen.»

«Fabio [Quartararo] zeigt in jedem Rennen, dass es eine Möglichkeit gibt, mit diesem Motorrad konkurrenzfähig zu sein und den Titel zu gewinnen. Ich habe mit dem Team, mit Ramon [Forcada] und mit Yamaha viel gearbeitet und viel ausprobiert – vielleicht sogar zu viel, aber ich glaube nicht, dass das der Punkt war. Denn auch wenn wir große Dinge veränderten, wirkte sich das nicht stark aus. Es war also nur eine Bestätigung dafür, dass das Match aus meinem Fahrstil, meiner Herangehensweise auf der Strecke und den Eigenschaften der heutigen Yamaha nicht auf die beste Weise zusammenpassten», analysierte Dovizioso, 2012 auf der Tech3-Yamaha noch WM-Vierter, nüchtern.

Die MotoGP-Karriere von Andrea Dovizioso

2008: WM-5. auf SCOT-Honda, 174 Punkte
2009: WM-6. auf Repsol-Honda, 160 Punkte, 1 GP-Sieg
2010: WM-5. auf Repsol-Honda, 206 Punkte
2011: WM-3. auf Repsol-Honda, 228 Punkte
2012: WM-4. auf Tech3-Yamaha, 218 Punkte
2013: WM-8. auf Ducati, 140 Punkte
2014: WM-5. auf Ducati, 187 Punkte
2015: WM-7. auf Ducati, 162 Punkte
2016: WM-5. auf Ducati, 171 Punkte, 1 GP-Sieg
2017: WM-2. auf Ducati, 261 Punkte, 6 GP-Siege
2018: WM-2. auf Ducati, 245 Punkte, 4 GP-Siege
2019: WM-2. auf Ducati, 269 Punkte, 2 GP-Siege
2020: WM-4. auf Ducati, 135 Punkte, 1 GP-Sieg
2021 (mit nur 5 von 18 Rennen): WM-24. auf Yamaha, 12 Punkte
2022 (nach 11 von 20 Rennen): WM-22. auf Yamaha, 10 Punkte

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