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Stefan Pierer (KTM): «Hybrid-Technik ist Schwachsinn»

Von Günther Wiesinger
Der KTM-Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer kann der Idee von Ducati, man solle 2027 in der MotoGP-WM Hybrid-Antriebe einsetzen, absolut nichts abgewinnen. Er spricht von «Themenverfehlung».

Von der oberösterreichischen Rennabteilung von KTM Factory Racing sind die vielen technischen Innovationen von Ducati-Chefkonstrukteur Gigi Dall’Igna schön häufig kritisiert worden. Die Meinungsverschiedenheiten begannen mit dem umstrittenen Hinterradspoiler beim Doha-GP 2019, als vier Werke (Honda, Suzuki, Aprilia und KTM) Protest einlegten, weil der Verdacht bestand, dieser «spoon» würde nicht den Hinterreifen kühlen, wie Dall’Igna behauptete, sondern Downforce (Abtrieb) am Hinterrad erzielen, was von den Rivalen als gesetzwidrig betrachtet wurde.

Doch vor dem FIM-Sportgericht konnte die Darstellung von Ducati nicht widerlegt werden. Also kopierten die Gegner den Spoiler, Honda wurde jedoch 2019 mit Marc Márquez ohne ihn Weltmeister. Inzwischen ist der «spoon» sogar bei Ducati wieder verschwunden.

Dafür folgte das Holeshot-Device (Schnellstartvorrichtung), das Rear Ride Height Device und 2022 noch das Front Ride Height Device (FRDH), das allerdings nach 2022 verboten sein wird, weil die Mehrheit der Werke dagegen stimmte. 

Ing. Sebastian Risse hat das FRHD im vergangenen Winter als «Steinzeittechnik» bezeichnet. Er schüttelte jetzt in Silverstone auch den Kopf, als ihm der SPEEDWEEK.com-Reporter von den Ducati-Plänen für einen Hybrid-Motor nach 2026 erzählte.

Vorher kann das Motoren-Reglement nicht verändert und angetastet werden, weil die Dorna den Herstellern in den neuen Verträgen Stabilität für fünf Jahre zugesichert hat.

Dall’Igna erzählte im Interview mit SPEEDWEEK.com, man müsse die MotoGP-Motoren in Zukunft effizienter gestalten, also mit einem Energie-Rückgewinnungs-System ausstatten.

Ducati gehört zur Audi Group, und Audi und Porsche planen für 2026 bekanntlich einen Formel-1-Einstieg. In Deutschland wird also beim Mutterkonzern bald viel Knowhow auf diesem Gebiet vorhanden sein.

«KTM hat kein Interesse an solchen hybriden Antriebseinheiten», sagt Ing. Sebastian Risse, «weil solche Systeme in der Serienentwicklung keine Anwendung finden und solche Konzepte sehr teuer sind.»

In der Formel 1 stiegen die Kosten vom Sauger-Jahr 2013 zu 2014 Beginn der Turbo-Hybrid-Ära) um das Dreifache! Die Scuderia Toro Rosso (jetzt AlphaTauri) gab 2013 für den 2,4-Liter-Ferrari-Saugmotor 10,4 Mio Euro aus. 2014 kostete die 1,6-Liter-Turbo-Hybrid-Einheit bei Renault ca. 27 Millionen pro Saison für zwei Fahrer. 

«Wenn man die Nachhaltigkeit hinbekommt, indem wir nach 2026 zu 100 Prozent Bio Fuel verwenden, warum muss man es dann komplizierten machen als nötig», gibt Sebastian Risse zu bedenken.

Auch der KTM-Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer hält nichts von hybriden Antriebseinheiten in der MotoGP. «Das ist ein völliger Schwachsinn», ist der Steirer überzeugt. «Das ist bei einem Motorrad völlige Themenverfehlung. Aber mehr Effizienz, ja, da stimmen wir zu. Und zwar dank weniger Sprit, das ist dann eh eine spezielle Aufgabe für Ducati... Außerdem werden wir auf ‘Bio Fuel’ gehen genau wie die Formel 1, wir fahren da im Windschatten. In der Moto3-WM fangen wir an, vielleicht schon 2024. In der MotoGP wird 2027 zu 100 Prozent Bio Fuel zum Einsatz kommen.»

Die Kritiker merken freilich an, für die Herstellung des synthetischen Treibstoffs sei fünf- bis sechsmal soviel elektrische Energie nötig wie für die Erzeugung eines herkömmlichen Treibstoffs.

«Wenn man sich mit den Managern des saudi-arabischen Treibstoffkonzerns Aramco unterhält, dann erfährt man, wo die Zukunft hingeht», entgegnete Stefan Pierer. «Die bauen schon jetzt Solar-Kapazitäten für die Herstellung von synthetischem Kraftstoff auf und haben dann 365 Tage im Jahr Solarzellen im Einsatz.»

Ing. Risse (KTM): «Hybrid ist zu kompliziert»

«Die Hybrid-Technologie mit allen Komponenten, die man zusätzlich dafür braucht, ist auch nicht 100 Prozent nachhaltig», gab Sebastian Risse im Gespräch mit SPEEDWEEK.com zu bedenken. «Am Ende braucht man immer irgendwelche Ressourcen.»

Könnte es in vier oder fünf Jahren beim Fortschreiten der Elektro-Mobilität nicht Sinn machen, auch in der Motorrad-Serienentwicklung über hybride Antriebseinheiten mit entsprechend weniger Hubraum nachzudenken? Damit die Motorradbesitzer vielleicht den Arbeitsweg von 10 oder 15 km mit Strom in die zurücklegen können?

Risse: «Ich glaube, das ist zu kompliziert. Es geht auch an der Philosophie von einem Motorrad vorbei, das unkompliziert und leicht sein soll. Denn wenn dir der Akku ausgeht, fährt das Motorrad natürlich ganz anders. Ab einem gewissen Zeitpunkt hast du dann deutlich weniger Leistung. Die Kunden kaufen ein Motorrad unter anderem, weil es auf gewisse Art und Weise fährt. Das ist bei einem Auto überwiegend anders, weil man damit in erster Linie von A nach B kommen möchte. Es wäre dann für kurze Strecken sinnvoller, ein kleines elektrisches Fahrzeug zu haben und für längere Fahrten ein größeres mit nachhaltigem Bio Fuel.»

«Was die zusätzlichen Kosten betrifft, kann ich aus dem Stegreif keine Schätzung abgeben, weil das Konzept für uns bei KTM nicht interessant ist und wir uns damit nicht beschäftigen.»

MotoGP-Ergebnis, Silverstone (7. August):

1. Pecco Bagnaia (I), Ducati, 20 Rdn in 40:10,260 min
2. Maverick Viñales (E), Aprilia, +0,426 sec
3. Jack Miller, (AUS), Ducati, +0,614
4. Enea Bastianini (I), Ducati, +1,651
5. Jorge Martin (E), Ducati, +1,750
6. Miguel Oliveira (P), KTM, +2,727
7. Alex Rins (E), Suzuki, +3,021
8. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +3,819
9. Aleix Espargaró (E), Aprilia, +3,958
10. Marco Bezzecchi (I), Ducati, 6,646
11. Brad Binder (ZA), KTM, +7,730
12. Luca Marini (I), Ducati, +13,439
13. Takaaki Nakagami (J), Honda, +13,706
14. Pol Espargaró (E), Honda, +13,906
15. Franco Morbidelli (I), Yamaha , +16,359
16. Andrea Dovizioso (I), Yamaha, +20,805
17. Alex Márquez (E), Honda, +21,099
18. Remy Gardner (AUS), KTM, +24,579
19. Stefan Bradl (D), Honda, +28,773
20. Darryn Binder (ZA), Yamaha, +33,653
21. Raúl Fernández (E), KTM, +35,601
22. Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, +36,460
– Joan Mir (E), Suzuki
– Johann Zarco (F), Ducati

MotoGP-Fahrer-WM nach 12 von 20 Grand Prix:

1. Quartararo 180 Punkte. 2. Aleix Espargaró 158. 3. Bagnaia 131. 4. Bastianini 118. 5. Zarco 114. 6. Miller 107. 7. Brad Binder 98. 8. Rins 84. 9. Viñales 82. 10. Oliveira 81. 11. Martin 81. 12. Mir 77. 13. Bezzecchi 61. 14. Marc Márquez 60. 15. Marini 56. 16. Nakagami 45. 17. Pol Espargaró 42. 18. Alex Márquez 27. 19. Morbidelli 26. 20. Di Giannantonio 18. 21. Darryn Binder 10. 22. Dovizioso 10. 23. Gardner 9. 24. Raúl Fernández 5.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 271 Punkte. 2. Yamaha 180. 3. Aprilia 175. 4. KTM 131. 5. Suzuki 110. 6. Honda 88.

Team-WM:

1. Aprilia Racing 240 Punkte. 2. Ducati Lenovo Team 238. 3. Monster Energy Yamaha 206. 4. Prima Pramac Racing 195. 5. Red Bull KTM Factory 179. 6. Suzuki Ecstar 161. 7. Gresini Racing 136. 8. Mooney VR46 Racing 117. 9. Repsol Honda 102. 10. LCR Honda 72. 11. WithU Yamaha RNF 20. 12. Tech3 KTM Factory 14.

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