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Baut Suzuki eine bessere Yamaha als Yamaha?

Kolumne von Michael Scott
Alex Rins #42 umgeben von der V4-Meute um Bagnaia, Martin und Co.

Alex Rins #42 umgeben von der V4-Meute um Bagnaia, Martin und Co.

SPEEDWEEK.com-Kolumnist Michael Scott blickt auf Phillip Island und damit ein absolutes Highlight der MotoGP-Saison 2022 zurück – und begibt sich mit Blick auf den Suzuki-Coup durch Alex Rins auf Ursachenforschung.

Nach der Asien-Tournee und vor allem einem epischen Australien-GP (Willkommen zurück, Phillip Island! Willkommen zurück, echtes GP-Racing!) waren erst einmal ein paar Tage nötig, um zur Ruhe zu kommen. Danach kamen die Fragen, denn der plötzliche Höhenflug von Alex Rins und die schnittige, bis zum Sieg auf Phillip Island in dieser Saison allerdings nicht außergewöhnliche Suzuki, geben Denkstoff auf.

Was hat Suzuki richtig gemacht? Was dagegen haben sie bis zu diesem Moment falsch gemacht? Und warum, um Himmels Willen, geben sie den Rennsport auf?

Suzukis erstes MotoGP-Bike – zu Beginn der Viertakt-Ära im Jahr 2002 – basierte auf einem V4-Motor mit 60 Grad Zylinderwinkel, zu dessen Vorteilen eine einzigartige Motorarchitektur und ein feiner Bariton-Klang zählten. Auf der Kehrseite der Medaille war er harmlos und unzuverlässig.

Der enge Zylinderwinkel wurde von der Entscheidung diktiert, dass der Motor in das Chassis der Zweitakter-RGV passen sollte. Eine Ausgleichswelle war erforderlich und der Motor benötigte ein sehr hohes Verdichtungsverhältnis, um genüg Leistung zu erzeugen. Das führte zu massiven Problemen mit der Motorbremse. Und der Motor verschlang die Ventilfedern geradezu. Glücklicherweise waren die Motoren damals noch nicht versiegelt oder deren Anzahl begrenzt.

Zu der Zeit waren die Rutschkupplungen noch nicht so effizient wie heute, es wurden noch keine pneumatischen Ventilfedern verwendet und die Elektronik zur Regelung der Motorbremswirkung stand noch am Anfang.

Es wurde emsig weitergearbeitet, auch wenn die Erfolgsbilanz mager war – außer bei Regenwetter. Zum Zeitpunkt des ersten Suzuki-Rückzugs im Jahr 2011 war der Zylinderwinkel auf 75 Grad angewachsen, was immer noch einzigartig war, aber die Klagen der Fahrer über mangelnde Geschwindigkeit und Beschleunigung hatten sich nicht vermindert.

Die kleinste japanische Mannschaft kehrte 2015 zurück, nachdem sie ihre Wunden geleckt und sich neu aufgestellt hatten. Diesmal vermied Suzuki technische Abenteuer und setzte stattdessen auf den naheliegenden Reihen-Vierzylinder, wie in ihrer Serienproduktion. Dabei handelte es sich, so spotteten viele Insider, um eine Kopie des Yamaha-Motos mit Crossplane-Kurbelwelle (unregelmäßige Zündfolge) und Zwischenwelle, die zur Änderung der Drehrichtung nötig war und gleichzeitig als Ausgleichswelle zur Verminderung der Vibrationen diente.

Aber Suzuki schien mit diesem Konzept auch einige andere wichtige Eigenschaften von Yamaha übernommen und in mancher Hinsicht sogar verbessert zu haben. Die GSX-RR war ein gutmütiges Motorrad mit einem feinen Handling, dem es nur an Leistung fehlte.

Das konnten sie bis zu einem gewissen Punkt angehen.

Reihenvierzylinder haben als konstruktive Notwendigkeit mehr Kurbelwellenhauptlager (in der Regel 5) als V4 (3 reichen), es kommen zusätzliche Lagerstellen und der Antrieb der Ausgleichswelle hinzu, was sich zu einem höheren Leistungsverlust durch innere Reibung addiert. Als Konsequenz fehlt es an Drehmoment und Drehzahlanstieg aus langsamen Kurven und sie haben Mühe, den Topspeed der V4-Konzepte zu erreichen, nicht nur wegen der Reibungsverluste, sondern auch, weil der Reihenmotor und damit das Motorrad breiter baut. Auf Strecken mit schnellen Kurven aber können sie einen höheren Kurvenspeed fahren und mit der Zeit wurde die neue Suzuki immer konkurrenzfähiger.

Der erste Sieg (durch Maverick Viñales) gelang 2016 in Silverstone und obwohl die Erfolge darauf nicht wirklich wie am Fließband folgten, sammelte Joan Mir 2020 doch genug starke Ergebnisse – wenn auch nur einen Sieg – um die MotoGP-WM für sich zu entscheiden.

Nach dem Rennsonntag auf Phillip Island müssen sich die Entscheidungsträger bei Yamaha gefragt haben, ob es nicht an der Zeit ist, Suzuki zu kopieren. Denn während die YZR-M1 zu einem MotoGP-Stiefkind verkümmert ist, das einzig Quartararo konkurrenzfähig bewegen kann – mit außergewöhnlichem Talent, Mut und schierer Entschlossenheit – brauchte es nur eine Person, um die Suzuki GSX-RR schnell zu fahren – und Alex Rins gewann das Rennen.

Ein einmaliges Abschiedsspiel auf einer Strecke, auf der der Fahrer den Unterschied macht.

Suzuki hat sich bei der Dorna mit dem wiederholten MotoGP-Rückzug keine Freunde gemacht. Die Entscheidung brachte das Team selbst ins Wanken – und den Rest des Fahrerlagers genauso. Nicht zuletzt wegen der möglichen Begleiterscheinungen.

Wenn ein langjähriges Racing-Unternehmen wie Suzuki dem Sport ohne Zögern den Rücken kehrt, wer folgt dann als nächstes? Honda, die gegen die aufstrebenden europäischen Marken in Rückstand geraten sind? Yamaha, für die dasselbe gilt? Steuern wir auf einen Ducati-Cup zu? Ein Blick auf die Startliste lässt vermuten, dass wir schon auf halbem Weg sind.

Suzuki machte Yamaha das Image als fahrerfreundlichstes Bike abspenstig, mit einem derart sanften Handling, dass sie mit den leistungsstärkeren V4-Bikes mithalten konnten, ohne sich stets auf Messers Schneide zu bewegen.

Warum schafft Yamaha das nicht auch?

Es liegt an den engen Abständen in der modernen MotoGP-Klasse. Der Unterschied zwischen einem Sieger-Bike und einem Motorrad, das gerade für einen 15. Platz gut ist, ist in der tat extrem gering… Aber dennoch groß genug, um das Letztere wie einen Tollpatsch dastehen zu lassen – und den Fahrer dementsprechend leiden zu lassen. Dieses Gefühl kennen die Honda-Piloten genauso gut wie die Yamaha-Fahrer.

Wenn man dazu noch einen schnellen, flüssigen Kurs wie Phillip Island nimmt, der den Fahrer die Chance gibt, die Schwächen des Motorrads mit den eigenen Fähigkeiten auszugleichen… Wenn es doch nur mehr solche Strecke geben würde.

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