Alex Baumgärtel (Kalex): Was ist das Erfolgsrezept?

Von Günther Wiesinger
Elf WM-Titel in der Fahrer-WM in zwölf Jahren, zehn Marken-WM-Titel in Serie, bisher 162 Moto2-GP-Siege – das ist die Bilanz der deutschen Firma Kalex. Firmenchef Baumgärtel schildert den Weg zum Erfolg.

Nach der exklusiven SPEEDWEEK.com-Enthüllung, dass Kalex-Geschäftsführer Alex Baumgärtel in seinem Acht-Mann-Betrieb momentan ein Alu-Deltabox-Chassis für die Honda RC213V des Repsol-Honda-Teams konstruiert und herstellt, sind viele Journalisten-Kollegen hinter dem deutschen Motorradhersteller her.

Doch die Kalex-Chefs Alex Baumgärtel und Klaus Hirsekorn haben bei HRC Geheimhaltungsverträge unterschrieben, sie dürfen sich zu diesem Thema nicht äußern. Baumgärtel liess sich von SPEEDWEEK.com nur einen Satz entlocken: «Wir sind sehr beschäftigt.»

Doch Alex Baumgärtel kann niemand untersagen, sich mit SPEEDWEEK.com über die Moto2-Klasse zu unterhalten. In dieser Kategorie hat die deutsche Motorradfirma seit 2011 nicht weniger als elf von 12 Fahrer-WM-Titel gewonnen und zuletzt die Konstrukteurs-WM zehnmal hintereinander. Kalex blieb in drei Jahren ungeschlagen, es gab Siegesserien mit bis zu 49 Rennen.

Alex, Kalex hat inzwischen 162 Moto2-Siege errungen und dominiert diese WM-Klasse nach Belieben. 2023 habt ihr wie im Vorjahr 26 von 30 Bikes im Feld. Ihr seid 2010 als Newcomer mit einem Background im Automobilrennsport gekommen und habt renommierte Hersteller wie Suter, FTR und Moriwaki verdrängt. Was war euer Erfolgsrezept?

Ich glaube, ich habe einfach in der Situation 2011 mit Stefan Bradl Glück gehabt. Das war zum einen ein Topfahrer mit einer guten Crew von Kiefer Racing. Parallel dazu hat bereits 2010 das Team von Sito Pons auf uns vertraut, eine Mannschaft mit riesiger Erfahrung, auch in der MotoGP. Ich glaube, da waren wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Aber wo die Performance wirklich herkommt, kann ich dir nicht sagen, weil ich mich nicht um die anderen kümmere. Ich habe noch nie ein Produkt eines Wettbewerbers in den Fingern oder auf dem Prüfstand gehabt. Das hat mich auch noch nie interessiert.

Natürlich schaut man sich das von weitem an. Ich bin ein Mensch, der von weitem hinschaut und nicht vor einer gegnerischen Box steht und giert.

Ich kann dir nicht sagen, was hinter unseren Erfolgen steckt, um ehrlich zu sein. Ich weiß es nicht.

Ich widerspreche. Denn man kann im Sport nicht zehn Jahre nonstopp nur Glück haben und so die Marken-WM mit 277 Punkten Vorsprung gewinnen.

Naja, der Vorteil ist vielleicht die Arbeitsweise, weil ich bei jedem Grand Prix an der Strecke bin, mit allen Fahrern spreche, und gleichzeitig bin ich der Chassis-Designer.

Das geht eigentlich auf keine menschliche Kuhhaut. Das muss man sich wirklich antun wollen, und damit habe ich vielleicht ein besseres oder gutes Gespür dafür entwickelt, was notwendig ist.

Und ich war auch im Automobilbereich kein schlechter Konstrukteur.

Dein Geschäftspartner Klaus Hirsekorn entlastet dich dafür in anderen Bereichen.

Ja, er ist für die Logistik und die Qualitätskontrolle zuständig. Ich designe alle Performance-Parts vom Kühler über die Aerodynamik bis zum Chassis und zur Schwinge. Ich habe dann noch zwei Jungs, die die Peripherie mit unterstützen und sich um die Simulation kümmern.

Beim Chassis-Design geht es meist darum, den richtigen Kompromiss bei der Steifigkeit in den unterschiedlichen Bereichen zu finden? Oder worin besteht die größte Schwierigkeit?

Ja, die richtige Steifigkeit zu finden. Wir bekommen ja keine Information über die Reifen-Steifigkeit. Das heisst, man muss ein Gespür haben, was sich da entwickelt. Und das kriegst du natürlich nur, wenn du auch vor Ort bist. Darum holen auch die Factorys ihre Chiefs an die Strecke. Das habe ich in der Moto2 bei unseren Wettbewerbern nicht gesehen, mit Ausnahme von Suter, wo Reto Karrer auch als Track Support an allen Rennen involviert war.

In der aktuellen Moto2 weiß ich nicht einmal, wer die Technikchefs und die Designer bei den Mitbewerbern sind.

In der Moto2 liefert Dunlop in gewissen Abständen neue Reifen-Konstruktionen mit veränderten Steifigkeiten aus. Kalex hat aber die Anpassungsschwierigkeiten immer gut gemeistert.

Ja, aber mit dem derzeitigen Reglement wird das immer schwieriger, weil wir die Performance-Teile vor dem Saisonstart homologieren müssen und nachher keine Chance mehr haben nachzuziehen. das geht erst am Ende des Jahres wieder. Früher konnte man zwischendrin in der Saison einen Testballon starten.

Das ist jetzt verboten. Jetzt ist die Chassis-Entwicklung ab dem ersten Grand Prix eingefroren, auch die Aerodynamik, die Schwinge und der Front-Kotflügel. Das macht es schwieriger. Man muss mit viel Risiko in die Saison starten. Denn es gibt nur vier private Testtage pro Fahrer. Und bei der Aerodynamik ist kein Update erlaubt, im Gegensatz zur MotoGP.

Es gibt ein Aero-Paket, mit dem muss man in die Saison reinstarten. Man kann bei der Entwicklung deshalb nicht mehr riskieren. Es sind nur die kleinen Schritte, von denen man wirklich überzeugt sein kann. Das ist nicht einfach.

Moto2-Ergebnis, Portimão (26. März):

1. Acosta, Kalex, 21 Rdn in 36:04,193 min
2. Canet, Kalex, + 1,358 sec
3. Arbolino, Kalex, + 4,460
4. Salac, Kalex, + 7,110
5. Gonzalez, Kalex, + 8,193
6. Dixon, Kalex, + 9,146
7. Lowes, Kalex, + 9,649
8. Arenas, Kalex, + 12,270
9. Alcoba, Kalex, + 13,941
10. Chantra, Kalex, + 13,840
11. Vietti, Kalex, + 14,086
12. Baltus, Kalex, + 14,515
13. Aldeguer, Boscoscuro, + 15,445
14.Roberts, Kalex, + 25,444
15. Garcia, Kalex, + 26,876

Moto2-WM-Stand nach 1 von 21 Rennen:

1. Pedro Acosta 25 Punkte. 2. Aron Canet 20. 3. Tony Arbolino 16. 4. Filip Salac 13. 5. Manuel Gonzalez 11. 6. Jake Dixon 10. 7. Sam Lowes 9. 8. Albert Arenas 8. 9. Jeremy Alcoba 7. 10. Somkiat Chantra 6. 11. Celestino Vietti 5. 12. Barry Baltus 4. 13. Fermin Aldeguer 3. 14. Joe Roberts 2. 15. Sergio Garcia 1.

Konstrukteurs-WM:

1. Kalex 25. 2. Boscoscuro 3.

Team-WM:

1. Red Bull KTM Ajo 33. 2. Elf Marc VDS Racing 25. 3. Pons Wegow Los40, 21. 4. Gresini Racing 19. 4. Yamaha VR46 11. 5. Inde GASGAS Aspar 10. 7. Honda Team Asia. 8. Fantic Racing 5. 9. Olie Racing GP 4. 10. SpeedUp Racing 3. 11. Italtrans Racing 2.

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Nachbehandlung mit dem Doktor: Japan

Dr. Helmut Marko
Exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, analysiert den jüngsten Grand Prix. Diesmal: Suzuka, ein fast perfektes Rennen, und warum wir keinen Stress haben.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Fr.. 19.04., 11:55, Motorvision TV
    Bike World
  • Fr.. 19.04., 13:55, Sky Cinema Classics SD
    Steve McQueen: The Lost Movie
  • Fr.. 19.04., 14:05, Motorvision TV
    Gearing Up
  • Fr.. 19.04., 15:00, Eurosport 2
    Motorradsport: 24-Stunden-Rennen Bol d'Or
  • Fr.. 19.04., 15:05, Motorvision TV
    Extreme E: Electric Odyssey
  • Fr.. 19.04., 16:15, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Fr.. 19.04., 16:45, Motorvision TV
    Rally
  • Fr.. 19.04., 17:00, ORF 1
    SOKO Kitzbühel
  • Fr.. 19.04., 17:10, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Fr.. 19.04., 17:40, Motorvision TV
    Classic Races
» zum TV-Programm
5