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Sebastian Risse: «Bei Aerodynamik 3 Schritte besser»

Von Günther Wiesinger
Ing. Sebastian Risse, MotoGP Technical Coordinator bei KTM, wusste vor dem Saisonstart nicht, wann die RC16 in diesem Jahr die gewünschte Schlagkraft entfalten würde. Es klappte schneller als erwartet.

Nach den gründlich misslungenen Wintertests, bei denen mit Brad Binder (Platz 9 in Portugal) nur einmal einer der vier Fahrer von KTM und GASGAS in der Gesamtwertung in die Top-15 fuhr, herrschte vor dem Portimão-GP bei den Ingenieuren der Pierer Mobility AG eine spürbare Ungewissheit, was die Erfolgsaussichten für die ersten zwei Saisonrennen an der Algarve betraf. Besonders bei der Schlagkraft von Neuzugang Jack Miller, in den letzten zwei Jahren auf der Lenovo-Ducati in der Fahrer-WM immerhin auf den Plätzen 4 und 5, tappten die Österreicher ziemlich im Dunkeln.

Doch dann gelang ausgerechnet Jack Miller mit der Bestzeit am Freitag ein Befreiungsschlag, den er am Samstag mit Rang 4 im Sprintrennen und Rang 7 am Sonntag (direkt hinter Brad Binder) tatkräftig bestätigte. «Tests sind Tests», sagte Miller nachher. «Ich werde für das Rennen fahren bezahlt, und das ist es, was wir am besten können.

«Wir haben ein Bike gebaut, das den zusätzlichen Grip von frischen neuen Reifen besser nutzt. Aber unsere Befürchtung ist, dass sich der neue Griplevel am Hinterrad über die Renndistanz negativ auswirkt», erklärte Ing. Sebastian Risse, MotoGP Technical Coordinator bei der Pierer Gruppe, vor dem ersten Training gegenüber SPEEDWEEK.com. «Denn die große Stärke von Brad ist seine Performance über die lange Renndistanz und besonders in den letzten Rennrunden. Was er da noch aus dem gebrauchten Reifen herausholen kann, hat viel mit Brad als Fahrer zu tun. Aber du brauchst dazu auch ein Bike, das dazu fähig ist. Wenn unser Bike diese Stärke und diesen Vorzug jetzt verlieren würde, wäre das für Brad und für uns sehr bedenklich. Daran mussten wir arbeiten.»

Im Laufe der freien Trainings fand das Red Bull-KTM-Team bessere Lösungen, außerdem erholte sich Brad Binder immer besser von seinen schmerzhaften Portimão-Test-Sturzverletzungen. Deshalb lag er im Rennen am Sonntag bereits nach einer Runde auf Position 10, im Ziel war er Sechster; er kämpfte sogar um Platz 4.

«Wir wussten, wenn wir den Grip des neuen Michelin-Hinterreifens besser nutzbar machen und dazu das Griplevel durch das neue Motorrad anheben können, werden wir einen großen Schritt nach vorne schaffen», schildert Ing. Risse.

Während bei den Wintertests die ideale Lösung nicht gefunden wurde, machte KTM jedoch am GP-Wochenende sichtbare Fortschritte, die Freund und Feind überraschten.

Die Pierer Mobility arbeitet seit August 2022 auf dem Gebiet der Aerodynamik eng mit den rund 220 Spezialisten von Red Bull Racing in Milton Keynes zusammen. Im Winter wurden zahlreiche neue Versionen getestet, es wurden bei der Downforce (Abtrieb) sichtbare Fortschritte verzeichnet. Aber jeder der vier MotoGP-Fahrer von KTM und GASGAS rückte immer wieder mit neuen Aero-Body-Versionen aus.

«Am Ende sind die Aero-Konfigurationen beim ersten Rennen bei unseren vier Fahrern sehr, sehr ähnlich ausgefallen», berichtete Ing. Sebastian Risse. «Die Unterschiede, die man sieht, sind eher auf die unterschiedlichen Fahrergrößen und die Ergonomie zurückzuführen als auf die Performance-Balance.»

In der vergangenen Saison verpasste KTM den Aero-Fortschritt von Ducati und Aprilia, inzwischen wurde auf diesem Gebiet stark aufgeholt.

«Aber um wie viel wir uns verbessert habe, das ist schwer zu quantifizieren», räumt Ing. Risse ein. «Wir arbeiten jetzt bereits relativ lange mit den F1-Technikern zusammen und haben auf beiden Seiten viel gelernt. Die Vielfalt und die Zielstrebigkeit an aerodynamischen Testteilen war im vergangenen Winter drei Schritte über dem, was wir bisher gewohnt waren und was wirklich im Rennteam ankam. Wir haben jetzt eine viel niedrigere Misserfolgsrate. Es kommt kaum noch ein Fahrer zurück an die Box und sagt, das Ding sei unfahrbar und stellt es in die Ecke. Da sind wir deutlich besser geworden. Wie weit das an Red Bull Racing liegt und wie viel wir selbst dazu gelernt habe, das sei dahingestellt. Gemeinsam haben wir auf jeden Fall einen großen Schritt nach vorne gemacht. Das heißt aber nicht, dass die Reise auf dem Gebiet der Aerodynamik zu Ende ist und wir angekommen sind. Die anderen Hersteller arbeiten auch wie wild.»

Wir groß ist der Aufholbedarf jetzt noch im Vergleich zu Ducati und Aprilia?

Risse: «Schwer zu sagen. Kann ich nicht beurteilen. Ich kenne unser Motorrad und weiß, die Performance reicht im Moment noch nicht aus. Doch wir haben eine klare Linie und ein klares Verständnis dafür, was wir suchen.»

Ergebnisse MotoGP-Rennen Portimão (26.3.):

1. Pecco Bagnaia (I), Ducati, 25 Runden in 41:25,401 min
2. Maverick Viñales (E), Aprilia, +0,687 sec
3. Marco Bezzecchi (I), Ducati, +2,726
4. Johann Zarco (F), Ducati, +8,060
5. Alex Márquez (E), Ducati, +8,125
6. Brad Binder (ZA), KTM, +8,247
7. Jack Miller (AUS), KTM, +8,381
8. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +8,543
9. Aleix Espargaró (E), Aprilia, +9,294
10. Alex Rins (E), Honda, +11,591
11. Joan Mir (E), Honda, +16,992
12. Takaaki Nakagami (J), Honda, +17,448
13. Augusto Fernandez (E), GASGAS, +21,723
14. Franco Morbidelli (I), Yamaha, +27,050
– Raúl Fernández (E), Aprilia, 2 Runden zurück
– Luca Marini (I), Ducati, 4 Runden zurück
– Jorge Martin (E), Ducati, 6 Runden zurück
– Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, 15 Runden zurück
– Miguel Oliveira (P), Aprilia, 23 Runden zurück
– Marc Márquez (E), Honda, 23 Runden zurück

MotoGP-Ergebnisse Sprint, Portimão (25.3.):

1. Bagnaia, Ducati, 12 Rdn in 19:52,862 min
2. Martin, Ducati, + 0,307 sec
3. Marc Márquez, Honda, + 1,517
4. Miller, KTM, + 1,603
5. Viñales, Aprilia, + 1,854
6. Aleix Espargaró, Aprilia, + 2,106
7. Oliveira, Aprilia, + 2,940
8. Zarco, Ducati, + 5,595
9. Alex Márquez, Ducati, + 5,711
10. Quartararo, Yamaha, + 5,924
11. Raúl Fernández, Aprilia, + 8,160
12. Brad Binder, KTM, + 8,384
13. Rins, Honda, + 11,288
14, Morbidelli, Yamaha, + 17,138
15. Nakagami, Honda, + 18,128
16. Di Giannantonio, Ducati, + 21,235

Stand Fahrer-WM nach 2 von 42 Rennen:

1. Bagnaia, 37 Punkte. 2. Viñales 25. 3. Bezzecchi 16. 4. Zarco 15. 5. Miller 15. 6. Alex Márquez 12. 7. Aleix Espargaró 11. 8. Brad Binder 10. 9. Martin 9. 10. Quartararo 8. 11. Marc Márquez 7. 12. Rins 6. 13. Mir 5. 14. Nakagami 4. 15. Augusto Fernández 3. 16. Oliveira 3. 17. Morbidelli 2.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 37 Punkte. 2. Aprilia 25. 3. KTM 16. 4. Honda 13. 5. Yamaha 8.

Team-WM:

1. Ducati Lenovo, 37 Punkte. 2. Aprilia Racing 36. 3. Red Bull KTM 25. 4. Prima Pramac 24. 5. Mooney VR46 Racing 16. 6. Gresini Racing 12. 7. Repsol Honda 12. 8. Monster Energy Yamaha 10. 9. LCR Honda 10. 10. GASGAS Tech3 3. 11. CryptoDATA RNF 3.


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