KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Pecco Bagnaia (3.): «Ich war komplett zerstört»

Von Nora Lantschner
Pecco Bagnaia brauchte im Parc Fermé erst einmal einen Moment

Pecco Bagnaia brauchte im Parc Fermé erst einmal einen Moment

MotoGP-Weltmeister Pecco Bagnaia (Ducati) fuhr in Misano eine Woche nach seinem schweren Unfall auf Platz 3. «Das war nicht selbstverständlich.» Er litt, wollte aber nicht vom härtesten Rennen seiner Karriere sprechen.

Francesco «Pecco» Bagnaia setzte den späteren Sieger Jorge Martin im San Marino-GP zumindest zu Beginn unter Druck. Bei zwei Dritteln des 27-Runden-Rennens kam er allerdings ins Straucheln, als er Marco Bezzecchi ziehen lassen und sich gleichzeitig vor Dani Pedrosa in Acht nehmen musste.

«Ich habe es versucht, ich habe heute alles probiert», berichtete der Ducati-Werksfahrer danach. «Ich wusste, dass es wichtig gewesen wäre vorne zu liegen, und ich habe an ein oder zwei Stellen versucht, Jorge zu überholen. Seine Performance war aber klar besser. Ich hatte Mühe und habe nur in der schnellen Curvone-Kurve aufgeholt. Ich habe versucht, so nahe wie möglich dran zu sein, um eine Chance zu bekommen. Nach 15 Runden, in denen ich nur mit den Armen gefahren bin, war ich aber zerstört. Der Luftdruck im Vorderreifen war mit den neuen Vorschriften auch zu hoch, es war dann unmöglich.»

Im Finish ging es für Bagnaia vorrangig darum, den dritten Platz gegen Wildcard-Sensation Pedrosa zu verteidigen. «Es war für mich heute zu wichtig, den Podestplatz zu holen. Ich habe es sehr für mich gemacht. Nach Barcelona konkurrenzfähig zu sein, war nicht selbstverständlich», unterstrich der fünffache Saisonsieger. «Dani hat richtig gepusht. Als ich sechs Runden vor Schluss gesehen habe, dass er bis auf 0,2 sec dran war, habe ich mir gesagt: ‚Nein, verdammt!‘ Ich bin zwei, drei Runden hohe 1:32er-Zeiten gefahren, ich hatte große Schwierigkeiten. Ich habe dann aber einfach versucht, noch einmal zu pushen und einfach nur daran zu denken, in den letzten Runden vorne zu sein – und mir ist es gelungen, wieder tiefe 1:32er-Zeiten zu fahren.»

Letztendlich brachte Bagnaia so den Podestplatz vor Heimpublikum ins Ziel. Wie sehr er dafür eine Woche nach dem Horror-Crash von Barcelona ans Limit gegangen war, wurde spätestens im Parc Fermé deutlich: Der 26-jährige Italiener kam kaum von seinem Motorrad und stützte sich erst einmal eine Weile auf seiner gelben Ducati ab, ehe er zu seiner Mannschaft humpelte und sich dann erneut über die Absperrung lehnte.

«Ich war komplett zerstört. Denn normalerweise nutze ich beim Fahren die Beine sehr stark, normalerweise habe ich keine Probleme mit den Armen. An diesem Wochenende war es aber unmöglich, mit den Beinen zu fahren. Ich musste also etwas anders machen und ich war dann in einigen Richtungswechseln und in den Bremsphasen am Ende… Im Parc Fermé musste ich mich erst einmal kurz entspannen und den Moment ein bisschen genießen», schob der Weltmeister nach.

Dennoch: «Ich habe nie daran gedacht aufzugeben. Ich hatte mehr Probleme in meiner Zeit bei Mahindra oder im Team Italia, in meinen ersten Moto3-Jahren. Das war schwieriger, da war ich näher dran aufzugeben als heute», hielt der 26-jährige Italiener fest und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. «Ich wusste, was ich im Rennen zu erwarten hatte. Ich habe mit dem Trainer und den Physiotherapeuten viel gearbeitet, um für das Rennen bereit – oder fast bereit – zu sein. Ich muss mich bei [VR46-Trainer] Carlo Casabianca bedanken. Denn das gesamte Wochenende nur mit den Armen fahren zu können, ist großartig. Er muss sehr zufrieden sein mit den Ergebnissen, die er mit uns im Training erreicht. Ich möchte der gesamten Mannschaft danken, die mit mir arbeitet, ich glaube, wir haben in dieser Woche etwas Unglaubliches geleistet. Ich bin sehr stolz darauf.»

Anerkennende Worte fand Vorjahressieger Bagnaia auch für Jorge Martin, der mit einem perfekten Wochenende den Vorsprung des Titelverteidigers auf 36 Punkte verringerte. «Die Pace in diesem Jahr war unglaublich. Jorge hat das gesamte Wochenende über einen großartigen Job gemacht», lobte Pecco. «Für mich war es sehr schwierig. Vielleicht wäre es eine andere Geschichte gewesen, wenn ich in einer besseren Verfassung gewesen wäre, vielleicht wäre das Rennen umkämpfter gewesen, aber es wäre dennoch sehr schwierig geworden.»

MotoGP-Ergebnisse, Misano (10. September):

1. Martin, Ducati, 27 Rdn in 41:33,421 min
2. Bezzecchi, Ducati, + 1,350 sec
3. Bagnaia, Ducati, + 3,812
4. Pedrosa, KTM, + 4,481
5. Viñales, Aprilia, + 10,510
6. Oliveira, Aprilia, + 12,274
7. Marc Márquez, Honda, + 13,576
8. Raúl Fernández, Aprilia, + 14,091
9. Marini, Ducati, + 14,982
10. Zarco, Ducati, + 15,484
11. Alex Márquez, Ducati, + 15,702
12. Aleix Espargaró, Aprilia, + 15,878
13. Quartararo, Yamaha, + 15,898
14. Binder, KTM, + 23,778
15. Morbidelli, Yamaha, + 24,579
16. Augusto Fernández, KTM, + 31,230
17. Di Giannantonio, Ducati, + 32,537
18. Bradl, Honda, + 35,330
19. Nakagami, Honda, + 43,601
– Pol Espargaró, KTM, 12 Runden zurück
– Mir, Honda, 17 Runden zurück
– Miller, KTM, 18 Runden zurück
– Pirro, Ducati, 18 Runden zurück

Ergebnisse MotoGP-Sprint, Misano (9. September):

1. Martin, Ducati, 13 Rdn in 19:58,785 min
2. Bezzecchi, Ducati, + 1,445 sec
3. Bagnaia, Ducati, + 4,582
4. Pedrosa, KTM, + 4,772
5. Binder, KTM, + 4,931
6. Viñales, Aprilia, + 6,062
7. Marini, Ducati, + 6,519
8. Aleix Espargaró, Aprilia, + 7,893
9. Alex Márquez, Ducati, + 9,264
10. Marc Márquez, Honda, + 11,318
11. Raúl Fernández, Aprilia, + 13,365
12. Oliveira, Aprilia, + 13,788
13. Quartararo, Yamaha, + 14,243
14. Zarco*, Ducati, + 14,154
15. Miller, KTM, + 17,421
16. Pol Espargaró**, KTM, + 17,451
17. Di Giannantonio, Ducati, + 18,133
18. Morbidelli**, Yamaha, + 19,749
19. Augusto Fernández, KTM, + 20,403
20. Pirro, Ducati, + 21,454
21. Nakagami, Honda, + 21,962
22. Bradl**, Honda, + 23,672
23. Mir**, Honda, + 36,100

*= ein Platz zurück («track limits» in der letzten Runde)
**= 3-Sekunden-Strafe (statt Long-Lap am Rennende wegen «track limits»-Vergehen)

WM-Stand nach 24 von 40 Rennen:

1. Bagnaia, 283 Punkte. 2. Martin 247. 3. Bezzecchi 218. 4. Binder 173. 5. Aleix Espargaró 160. 6. Zarco 147. 7. Marini 135. 8. Viñales 128. 9. Alex Márquez 108. 10. Miller 104. 11. Quartararo 85. 12. Morbidelli 68. 13. Oliveira 65. 14. Augusto Fernández 58. 15. Rins 47. 16. Di Giannantonio 43. 17. Nakagami 35. 18. Pedrosa 32. 19. Marc Márquez 31. 20. Bastianini 25. 21. Raúl Fernández 22. 22. Savadori 9. 23. Folger 9. 24. Pol Espargaró 8. 25. Pirro 5. 26. Mir 5. 27. Petrucci 5. 28. Stefan Bradl 5.

Konstrukteurs-WM:
1. Ducati, 416 Punkte. 2. KTM 234. 3. Aprilia 218. 4. Yamaha 105. 5. Honda 105.

Team-WM:

1. Prima Pramac Racing, 394 Punkte. 2. Mooney VR46 Racing 353. 3. Ducati Lenovo Team 318. 4. Aprilia Racing 288. 5. Red Bull KTM Factory Racing 277. 6. Monster Energy Yamaha 153. 7. Gresini Racing 151. 8. CryptoDATA RNF 91. 9. LCR Honda 85. 10. GASGAS Factory Racing Tech3, 75. 10. Repsol Honda 36.

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