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Happy Birthday, Marc Márquez!

Von Werner Jessner
Mit 31 Jahren startet der achtfache Weltmeister in den Herbst seiner Karriere. Möge er uns noch lange erhalten bleiben. Die MotoGP wäre sehr viel ärmer ohne ihn.

Welchen Unterschied ein Jahr macht! Marcs Feier zum 31. Geburtstag am 17. Februar war ein fröhliches Fest mit einem topfitten Marc, einem geradezu übermütigen Bruder und einer Gresini Racing Crew, in der sich die «Ameise aus Cervera» offenkundig schon bestens eingelebt hat. Etwas mehr als ein Jahr zuvor hatte ich die Ehre, eine Woche lang im gemeinsamen Haus der Márquez-Brüder in Madrid Gast zu sein und an der Biografie des Älteren («Being Marc Márquez: Wie ich meine Rennen gewinne») zu arbeiten. Damals hatte ich es mit einem völlig anderen Athleten zu tun. Einem, bei dem etliche Stützpfeiler seines Selbstverständnisses ins Wanken geraten waren. Die Sehstörung Diplopie, ein verdreht zusammengewachsener, in der Folge zersägter und wieder neu verschraubter Oberarm, dessen Muskeln nicht das taten, was Marc von ihnen wollte. Operationen, um die Folgen von Operationen zu beseitigen. Normale Operationen, superschwierige Operationen. Dazu die ewige Ungeduld des Racers, der endlich wieder losgelassen werden wollte. Der Zweifel, ob er bei Honda noch richtig aufgehoben sei.

Bereits vor über einem Jahr deutete er in unserem Buch den Wechsel zu einem Privatteam an, sollte er tatsächlich mit Honda brechen. Und schon damals sagte er zwischen den Zeilen, dass er seine Crew, seine «Familie», als die er sie immer wieder bezeichnete, gehen lassen würde, um ihnen weitere Karriereoptionen nicht zu verbauen. Sie sollten sich nicht an ihn gekettet fühlen. Er sprach über seine Bereitschaft, eine geringere Gage zu akzeptieren und dass es dazu nicht unbedingt einen Hersteller brauchen würde. Über loyale Sponsoren und seinen Wunsch, endlich wieder Spaß auf dem Motorrad zu haben.

Es war ein nachdenklicher, reflektierter, durch die viele Zeit des Nichts-tun-Könnens sichtlich ruhiger gewordener Marc, der vieles hinterfragte. Zwar ließ er keinen Zweifel daran, den inneren «Bastard» (Eigendefinition) jederzeit von der Leine lassen zu können, wenn er wieder auf dem Motorrad säße, aber im selben Atemzug gab er Fehler zu. Situationen, in denen er zu optimistisch gewesen war und anderen Fahrern das Rennen vermiest hatte (korrekt: das unschöne Manöver mit Valentino Rossi in Argentinien 2018 mit all seiner Vorgeschichte und dem bitteren Nachgeschmack). Der unbedingte Siegeswille war trotzdem zu jeder Sekunde spürbar, und das ist wohl auch normal bei einem achtfachen Weltmeister. Ganz klar benannte er auch jenen Moment, an dem er sich von Valentino Rossi emanzipiert und beschlossen hatte, sein eigenes Kapitel in der MotoGP-Geschichte zu schreiben.

Der Italiener war während seiner verkorksten Ducati-Jahre, aber auch später bei Yamaha trotz einer durchaus rüpelhaften Historie (Biaggi, Gibernau etc.) zu everybody’s darling geworden, zum Muhammad Ali der MotoGP, zur überlebensgroßen Figur. Erst als der einstige Dominator nicht mehr gefährlich war, vermochten sich alle über einen Podiumsplatz das Altmeisters, ein gutes Rennen hie und da zu freuen. Das war verständlich, aber auch ein wenig traurig. Man kann sich die Frage stellen, ob Rossi nicht zu spät aufgehört hat.

 

 

 
 
Zeit noch nicht reif

Einer hat sich diese Frage ganz sicher gestellt: Marc Márquez. Es war nicht nur sein jüngst verstorbener Großvater, der ihm nach dem Martyrium der Verletzungen dazu riet, es gut sein zu lassen. Mit seinem Vater Juliá sprach er offen über ein Karriereende.

Doch genau wie sein einstiger Antagonist Rossi hat Márquez das Gefühl, noch etwas erledigen zu müssen, noch nicht bereit zu sein, der köstlichen Droge MotoGP abzuschwören. Noch einmal ganz oben stehen und den Champagner schmecken zu wollen. Nur darum machte er weiter und ging zu Ducati.

Doch anders als bei Vale war der Ducati-Wechsel ein Schritt aus dem Scheinwerferlicht heraus, nicht hinein. Rossi bei den Roten, viel mehr casino ging 2011 gar nicht. Márquez bei Gresini 2024 ist das totale Gegenteil. Wie ServusTV-Experte Alex Hofmann analysierte: «Er will auf Teufel komm raus in Katar nicht als Titelfavorit am Start stehen» Was er will: Motorrad fahren, Rennen gewinnen. Freude daran haben, was er macht.

Wenn man den Bildern trauen kann, hat er das geschafft. Er ist fit, fröhlich und hat Menschen um sich, die er mag. Das sind jene Zutaten, die ihn vor elf Jahren zum jüngsten MotoGP-Weltmeister der Geschichte gemacht haben. Nach den letzten Jahren der Katharsis beginnt 2024 ein neues Kapitel in seiner Karriere: Marc Márquez, der elder statesman der MotoGP. Von den aktuellen Stammfahrern sind nur Aleix Espargaró, Taka Nakagami und Johann Zarco älter als er. Es den Jungen noch ein paar Mal zu zeigen, mit einem Körper zu siegen, dem man seine 16 Jahre in der Motorrad-WM mehr als deutlich anmerkt: Daraus bezieht er heute das Benzin, das seine Flamme lodern lässt. Möge uns dieser Marc noch viele Jahre erhalten bleiben. Denn, ganz ehrlich: Nach Valentino Rossi ist Marc Márquez der letzte Superstar der MotoGP, der letzte Sportler, den man über das Fahrerlager hinaus kennt, der Mann mit dem größten Charisma in der WM, einer, an dem man sich reiben oder den man, im Gegenteil, bewundern kann.

Dass es ihm jetzt wieder gut geht, dass er Freude am Motorradfahren hat und hoffentlich seine einstige Magie wiederfindet, das sind gute Nachrichten für alle MotoGP-Fans quer über alle Lager oder Fan-Gruppierungen. Es wär doch fad ohne ihn.

In diesem Sinne: Happy Birthday!

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