Formel 1: Neues Punktesystem wird diskutiert

Jeremy McWilliams: «Marc Márquez noch ganz der Alte»

Von Thomas Kuttruf
Einmal Racer – immer Racer. Ex-GP Star Jeremy McWilliams verfolgt die MotoGP aufmerksam. Mit SPEEDWEEK sprach der Ire über alte und neue Stars, die angedachten Anpassungen des Regelwerks und über die Misere der Japaner.

Jeremy McWilliams braucht keine Vorstellung im Fahrerlager. Für alle außerhalb: Der McWilliams, seine 500er-Twin Aprilia hinter Valentino Rossi beim britischen Halbliter-GP auf Podest fuhr. Der McWilliams, der die letzte Pole-Position auf einem 500er-Zweitaktrenner der Geschichte holte (Philip Island 2002), der McWilliams der sich in Barcelona auf der Zielgeraden auf der 250er-Honda bei Topspeed überschlug und der McWilliams, der als bekennender Renn-Junkie noch im Alter von 55 Jahren Podestplätze bei Road Races wie den «Northwest 200» erreichte.

Der 59-Jährige geht auch heute noch ein und aus in den Boxen des MotoGP-Paddocks. McWilliams ist einer der besten Freunde von Yamaha-Testpilot Cal Crutchlow, war jahrelang Werksfahrer für Aprilia und ist bis heute als Entwicklungsfahrer für Reifen- und Fahrzeughersteller ein gefragter Mann. Wir nutzen die Chance für ein Vieraugen-Gespräch und ließen den Super-Experten einfach reden.

Über den Auftritt von Pedro Acosta…
Jeremy McWilliams: «Pedro ist aktuell von einem anderen Planeten. Es ist der Wahnsinn. Wobei es auch zeigt, wie unvorhersehbar es ist ob ein Moto2-Aufsteiger voll einschlägt. Ich verstehe nicht wirklich warum ein Remy Gardner oder auch ein Raul Fernandez nicht ganz nach oben gekommen sind. Ok, Raul hat noch seine Chance, aber er tut sich schwerer. Pedro Acosta ist jedenfalls gewaltig in jeder Hinsicht. Ich habe ihn neulich auch gesprochen und konfrontiert damit, dass Marc Márquez ihn für einen zukünftigen Weltmeister hält. Acosta darauf «Da gebe ich ihm Recht.» Und das sagt er ohne jegliche Arroganz. Ich hab ihn auch gefragt, wie er seinen ersten Sieg feiern würde. Da meinte er nur «dann gehe ich zu Pit (Beirer) und frage ihn nach dem orangen Motorrad».

Auch beeindruckt zeigt sich McWilliams von Gresini Ducati-Pilot Marc Márquez:
«Marc ist Marc. In Portugal hat man genau gesehen dass er sich null verändert hat. In meinen Augen fährt er genauso entschlossen wie bei seinem Debüt. Er kann einfach nicht akzeptieren, wenn ihm die Abstimmung seines Bikes Grenzen setzt. Er ist da komplett anders als die anderen. Er käme nie auf die Idee um die Schwächen seines Bikes herzumzufahren. Er konfrontiert sich immer mit der Realität. Er und Pedro sind für mich derzeit die spannendsten Jungs».

Wie kann es sein, dass die japanischen Werke nicht nach vorne kommen?
McWilliams: «Das ist wirklich sehr erstaunlich. Denn wenn ich merke, das ich nicht voran kommen, dann muss ich mir irgendwann Leute holen die mir helfen. Unter den europäischen Herstellern ist es mit Respekt «normal» sich immer mal wieder Ingenieure von der Konkurrenz zu holen – um im einfachsten Fall etwas zu kopieren. Hier scheinen sich die Japaner sehr zurückzuhalten. Deswegen sind ihre Schritte sehr klein und langsam. In meinen Augen liegt der Schlüssel vor allem im Bereich «Chassis». Hier eine Konstruktion einzusetzen, die das Bike mit den Reifen und dem Fahrer gemeinsam «flexen» lässt, das ist das Wichtigste. Yamaha konzentriert sich vor allem darum den Antrieb besser fahrbar zu machen. Sicher wichtig, aber in meinen Augen ist das nicht die größte Aufgabe. Aber – die Sache ist natürlich nicht trivial und grundsätzlich haben Honda und Yamaha die Fähigkeiten das in den Griff zu bekommen».

Es gibt konkrete Pläne mit der Rennsaison 2027 ein neues Regelwerk einzuführen, das unter anderem die Reduzierung des Hubraums auf 850 ccm vorsieht. Auch über ein Verbot der Aerodynamik-Entwicklung wird beraten. Auch dazu hat der Ex-Profi eine klare Meinung:

« Ausgangslage der Debatte ist die Sicherheit. Die Dorna ist der Auffassung man müsse im Sinne der Sicherheit das Tempo reduzieren, weil die Auslaufzonen der Stecken nicht mit den steigenden Geschwindigkeiten mitwachsen. Die Diskussion wurde nicht von den Teams gestartet, das ist ein wichtiger Punkt».

McWilliams weiter: «Um ehrlich zu sein, in meinen Augen bringt eine Reduzierung des Hubraum überhaupt nichts. Eher im Gegenteil. So war es jedenfalls nach der Entscheidung von 1000 auf 800cc zu kappen. Innerhalb eines Jahres waren die Bikes gleich schnell und schneller, sogar auf den Geraden. Kritisch ist vor allem der irre Speed aus den Kurven heraus. Elektronik, Chassis und Reifen erlauben hier heute unglaubliche Geschwindigkeiten. Durch eine Hubraumreduzierung würde sich daran nichts ändern. Wenn wir über Leistung sprechen, dann müsste die Drehzahl limitiert werden».

Und die Einschätzung des Insiders zum Thema «Aerodynamik?»
«Ich glaube nicht, dass es im Sinne der Sicherheit etwas bringen würde die Arbeit der Aerodynamiker in die Tonne zu stopfen. Wir haben gesehen, Aero-Lösungen helfen auch um die Motorräder besser zu kontrollieren. Das wäre also aus meiner Sicht ein Rückschritt».

Gäbe es denn eine Möglichkeit die Sicherheit zu erhöhen?
Jeremy McWilliams: «Eine Maßnahme könnte in die Richtung zum Beispiel für die kürzeren Distanzen, bei denen meiner Meinung nach das höchste Risiko herrscht, über die Reifen etwas Performance ablässt. Aggressive Settings und supergriffige Reifen erhöhen das Risiko. Aber es wird in jedem Fall schwer werden über die jetzt angedachte Idee das Tempo zu reduzieren. Ich sage nicht, dass man nicht über das Regelwerk sprechen kann – aber 850 ccm werden den Speed nicht reduzieren. Das ist sicher».

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