Mike Leitner (KTM): Von der Spitze an die Basis
Schicksalsort Fahrerlager. Auch Mike Leitner zählt zu jener Spezies, deren natürlicher Lebensraum eine Rennstrecke ist. Der Oberösterreicher hat eine außergewöhnliche Motorsport-Vita vorzuweisen. Zunächst erfolgreicher Pilot, national als auch in der Weltmeisterschaft, wechselte Leitner auf die technische Seite des Profisports. Einen großen Namen machte sich der ehemalige 125er-Pilot vor allem als feste Instanz im Repsol Honda Werksteam. Bis Ende 2014 begleitete Leitner dort die Karriere von Dani Pedrosa. Eine längere Zusammenarbeit zwischen Fahrer und Crew-Chief hat es selten gegeben.
Es folgte eine nicht minder spannende Aufgabe im MotoGP-Fahrerlager. Leitner sprang ins Gewand des Teamchefs der neu formierten KTM MotoGP-Mannschaft. Als Österreicher, Ex-Racer mit hohem technischem Wissensgrad und vor allem dank der enormen Routine aus Jahrzehnten WM-Fahrerlager war er der ideale Teamchef-Kandidat des Projektes. 2020 konnte Mike Leitner einen weiteren wichtigen Haken setzen – Brad Binder holte in Brünn den ersten Sieg auf der KTM RC16.
Für die Saison 2022 einigte sich der Mann vom Wolfgangsee mit der KTM-Chefetage zunächst auf eine Beraterrolle und damit auf einen zwischenzeitlichen Abschied als fixer Teil des Paddocks.
Um den hohen Bekanntheitsgrad, der durch das rasante Wachstum mitsamt überdimensionalem Rennsportprogramm der Marke entstand, auch an der eigentlichen Kundenbasis zu nutzen, wurde das letzte Jahr zur Konzeption eines speziellen KTM-Kundensportprogramms genutzt. Welches unter dem Namen «Academy of Speed» 2024 ausgerollt wird. Das erste Event im Juni (20./21.6) auf dem Salzburgring und damit an jenem Ort, an dem Mike Leitner vor 36 Jahren mit einem fünften Platz sein bestes Ergebnis in der 125er-WM egalisierte.
In Vorbereitung auf die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte sprachen wir mit dem 61-Jährigen über seine neue Aufgabe.
Mike, der Kreis schließt sich, du kehrst an den Salzburgring zurück. Was ist genau deine Aufgabe?
Mike Leitner: «Ja, das ist natürlich in jeder Hinsicht ein besonderer Ort und ich freue mich dort nun noch einmal mit einer neuen Mission an den Start zu gehen, wenn auch überwiegend nicht auf der Strecke. Meine Aufgabe ist dabei zu helfen, die KTM Motorsport- und Rennstreckenwelt für ganz normale Motorradfahrer erlebbar zu machen. Das wollen wir über Veranstaltungen schaffen, in denen wir mit unseren Kunden der Faszination der Rennstrecke nachgehen.»
Wen genau wollt ihr mit der Academy ansprechen?
«Was wir nicht sein wollen in dieser Phase des Projektes, ist ein klassischer Trackday für Hobby-Racer, die letztlich schon voll in der Materie angekommen sind. Wir wollen ganz normalen KTM-Fahrern die Chance geben, sich und ihr Bike unter optimalen Bedingungen auf dem Rundkurs zu genießen. Sicher geht es dabei auch um Training, aber wir wollen wirklich ganz unten anfangen und sprechen bewusst auch jene an, die noch nie im Leben eine Rennstrecke befahren oder besucht haben.»
Deine Aufgabe ist damit schon sehr weit weg von deinen letzten Jobs?
«Ja und nein. Natürlich ging es früher in jeder Rolle, um das übergeordnete Ziel zu gewinnen, aber es gibt auch sehr viele Gemeinsamkeiten. Ob Werksfahrer oder Einsteiger, es geht immer darum, den Fahrern zu helfen. Ob sich ein Jack Miller auf der RC16 oder Max Mustermann auf seiner 390er Duke nicht wohl fühlen, wir müssen verstehen, woran es fehlt und dann die Hebel finden und umlegen für den Genuss. Sich wohlfühlen auf dem Bike, das ist das eigentliche Ziel.»
Jeder hat ja auch andere Ziele und Voraussetzungen, wie geht ihr damit um?
«Die Academy ist dreiteilig aufgebaut, wir nennen es «Rookie», «Amateur» und «Pro».
Die Programme sind individuell und wir bieten den Kunden die Chance sich mit uns zu entwickeln. Was bedeutet, wir sind schon auch flexibel und versuchen für die Teilnehmer einfach die beste Betreuung zu finden.
Die Rookies lernen wirklich ganz von der Basis. Es gibt ein Trainingsprogramm abseits der Rennstrecke mit einem sehr cleveren Parcours im Fahrerlager. Sie können dann aber, wenn sie sich wohlfühlen, mit perfekter Betreuung auch auf den Ring. Was wir wie gesagt nicht machen, alle zusammen wild auf die Piste lassen.»
Was erwartet die Cracks unter euren Kunden?
«Denen bieten wir eine echte Profi-Erfahrung. Abgesehen davon, dass jeder Teilnehmer der Academy eine eigene Box bekommt, gibt es alles, was heute dazugehört. Techniker aller Disziplinen, Helmregal, Catering und natürlich großartige Rennfahrer. Bei jedem Event werden unsere MotoGP-Jungs mit vor Ort und auch auf der Strecke sein. Jack Miller kommt zum Salzburgring. Dani Pedrosa, Jonas Folger und Mika Kallio werden im Juli am Red Bull Ring (17./18.7) dabei sein und Pol Espargaro kommt zur dritten Veranstaltung an den Slovakiaring (4./5.9.) Der Austausch mit diesen Super-Spezialisten und unseren Jungs, da ist sicher für ambitionierte Fahrer sehr wertvoll .»
Mit welchen Bikes kann man bei euch teilnehmen?
«Grundsätzlich mit jedem – solange es eine KTM ist. Wir wollen es zunächst nur mit KTM-Kunden angehen. Die dürfen ihr eigenes Motorrad mitbringen, eben solche die per Achse anreisen. Ein Rennbike ist nicht notwendig, aber natürlich möglich, wie etwa eine Krämer-KTM. Wir bieten auch die Möglichkeit eines Leihmotorrads an. Die aktuelle Duke und Super Duke Palette ist ja auch am Ring ein echter Genuss. Das lässt sich einfach dazubuchen. Wir haben eine eigene Online-Plattform auf den Weg gebracht (Suchbegriff «KTM Academy of Speed»). Das ist der erste Schritt um mit uns in Kontakt zu treten».
Sind auch Rennen geplant?
«In der jetzigen Phase nicht. Aber wir sehen das als langfristiges Projekt, das sich entwickeln wird. Und wer KTM kennt, der weiß, dass auch Wettbewerbe in Zukunft nicht ausgeschlossen sind.
Als Racer durch und durch, du wirst deine alte Aufgabe auch vermissen?
«Die alte Aufgabe nicht, ich habe ja eine spannende neue Rolle. Und wenn der Rennsport mal fehlt, dann schaue ich ins Fahrerlager. Zuletzt war ich bei der Superbike-WM in Barcelona und nach Jerez zur MotoGP werde ich auch reisen. Es ist erstaunlich, wie viele Leute man nach 40 Jahren Fahrerlager kennt.»
Danke für das Gespräch und viel Erfolg bei der neuen Aufgabe.