MotoGP-Kolumne: Marquez ins Ducati-Werksteam

Olivier Jacque: «Ein Freund für immer!»

Von Johannes Orasche
Was macht eigentlich Olivier Jacque? Der Franzose lebt in Spanien, hat Kinder und arbeitet als Immobilienexperte. Mit Abstand erklärt er sein 250er-WM-Husarenstück und seine nüchterne Sichtweise des Rennsports.

Olivier Jacque (50) war neben Jean-Philippe Ruggia und Jean-Michel Bayle einer der großen französischen Motorrad-Helden der jüngeren Vergangenheit. Jacque stieg 1995 als 250er-Europameister bei im Tech3-Team in die Weltmeisterschaft ein. In seiner Grand Prix-Karriere gelangen ihm sieben Siege. Im Jahr 2000 schnappte er sich den 250er-WM-Titel in einem Windschatten-Duell gegen seinen Tech3-Teamkollegen Shinya Nakano auf Phillip Island.

Die Entscheidung war hochdramatisch: Nur weil Jacque aus dem Windschatten heraus am Zielstrich ein paar Zentimeter vor Nakano war, ging auch die WM-Krone an ihn – drei Punkte gaben den Ausschlag. «Ich war die erste Hälfte des Jahres langsamer als Shinya», erinnert sich Jacque. «Nach dem Lauf in Le Mans habe ich meinen Level gesteigert. Es war ein sehr starker Kampf. Wir haben aber versucht, unser gutes Verhältnis beizubehalten, das Team war eine echte Familie. Dabei gingen wir auf der Piste an ganz neue Grenzen.»

Zu legendären Rennen in Australien erinnert sich Jacque: «Wir hatten an der Piste den gleichen Rückzugsraum und haben uns im selben Zimmer umgezogen. Ich habe im Rennen dann gesehen, dass ich in der letzten Kurve schneller war, so habe ich dann auch meine Strategie angelegt - wollte ihn auf der Zielgeraden schnappen. Der Zielstrich war weit hinten, ich habe Shinya schließlich um ein paar Zentimeter überholt. Es war ein unglaubliches Gefühl. Mir war aber auch klar, dass es hart war für Shinya. Wir haben nie viel darüber gesprochen - ich habe seine Reaktion jedoch sehr geschätzt.»

Die historisch wertvolle Windschattenschlacht um den Titelgewinn 2000 auf Youtube: Olivier Jacque vs Shinya Nakano.

Es gab auch heftige Duelle gegen Ralf Waldmann - Höhepunkt war ein «Clash» der beiden Asse im Kampf um den Sieg in Spielberg 1997. Jacque war aber auch Regenkünstler, fuhr später mit Tech3 auf Yamaha bis ins Jahr 2003 auch in der MotoGP-WM. Im Jahr 2005 wetzte er als Ersatz für Alex Hofmann mit der Kawasaki in China im Regen auf Position zwei hinter Valentino Rossi. Nach diesem Ausrufezeichen wurde er Testfahrer bei den Grünen und erhielt 2007 noch einmal die Chance als permanenter Starter in der MotoGP. Auch da spielte Nakano wieder eine Rolle, denn der Stammfahrer der Grünen nahm Reißaus und ging zu Honda. Jacque flog auch immer wieder spektakulär ab. Wegen endlosen Verletzungen erklärte Jacque noch während des Jahres 2007 sein Karriereende. «Ich war dann noch bis 2010 für Kawasaki in der Entwicklung tätig», erzählt Jacque.

Der sehr höfliche Franzose stammt eigentlich aus Villerupt im Dreiländereck Frankreich, Belgien und Luxemburg, lebt aber mittlerweile in Barcelona. Sein Anwesen in Südfrankreich hat er behalten. Jacque arbeitet in der Immobilienbranche. Mittlerweile entwickelt und adaptiert er auch ältere Substanz und er hat nach seiner Karriere ein Gebäude gekauft, in welchem er mehrere Appartements vermietet.
«Wir haben lange in Südfrankreich in der Nähe von Hervé Poncharal gewohnt und uns jetzt aber entschieden, direkt nach Barcelona in die Stadt zu ziehen, weil auch unser Geschäft größer wird», berichtet der Familienvater, der mit einer Spanierin verheiratet ist. «Ich tue mir mit Spanisch auch schon viel leichter als mit Englisch», grinst Olivier.

Jacque hat zwei Buben im Teenager-Alter (17 und 14) und ist privat viel beim Kite-Surfen. «Ich habe einige neue Sportarten für mich entdeckt. Kiten ist durch die Flügel fast ein wenig wie MotoGP», stellt er fest. «Meine Söhne habe ich nie bewusst zum Motorsport gelenkt, wir haben immer gemeinsam Tennis gespielt. Manchmal fahren wir gemeinsam mit Pocketbikes zu Hause herum. Mehr ist nie passiert. Das volle Adrenalin haben sie dabei nicht gespürt. So war es kein Thema. Ich wollte auch nicht wirklich, dass hier in den Sport eintauchen.»

Jacque weiß: «Nur ganz wenige Fahrer können sich im Rennsport ihren Traum erfüllen und auch fürs spätere Leben etwas mitnehmen. Ich habe die Jungs vielleicht auch unterbewusst nicht in diese Richtung gelenkt, denn ich hätte bei meinen Unfällen einige Male sterben können. Und es ist auch schlimm, wenn ich jetzt Papa Simoncelli so sehe. Außerdem ist es sehr frustrierend, wenn man einem Traum nachjagt und es dann vielleicht nicht schafft.»

Auch der Kontakt mit seinem Mentor und Langzeit-Teamchef Hervé Poncharal ist nach wie vor aufrecht. Olivier wohnt jetzt zwischen Barcelona und der französischen Grenze. «Seine Frau ist Spanierin», berichtet Poncharal und verrät: «Zu seinem 50er hatten wir ein nettes Dinner am Meer mit vielen Leuten von Tech3. Manchmal kommt Olivier auch mit ehemaligen Tech3-Crewmitgliedern zu den MotoGP-Rennen. Er ist ein Freund für immer.»

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Dr. Helmut Marko über Miami, Gerüchte & Adrian Newey

Von Dr. Helmut Marko
Exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, analysiert den Grand Prix in Miami und spricht über den Sieg von Lando Norris, die Gerüchte um Ricciardo und den Abgang von Adrian Newey.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Do.. 16.05., 15:00, Motorvision TV
    Motocross: FIM-Weltmeisterschaft
  • Do.. 16.05., 15:30, Motorvision TV
    Australian Drag Racing Championship
  • Do.. 16.05., 16:15, Hamburg 1
    car port
  • Do.. 16.05., 18:45, Motorvision TV
    New Zealand Jetsprint Championship
  • Do.. 16.05., 19:00, Eurosport
    Speedway: FIM Grand Prix
  • Do.. 16.05., 19:15, ServusTV
    Servus Sport aktuell
  • Do.. 16.05., 20:55, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Do.. 16.05., 21:00, Eurosport
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
  • Do.. 16.05., 21:25, Motorvision TV
    Car History
  • Do.. 16.05., 21:45, Hamburg 1
    car port
» zum TV-Programm
11