Frauen-WM: Hoffnung nach schlimmem Unfall

Montmelo 1997: Angriff der Hornisse Lucio Cecchinello

Kolumne von Thomas Kuttruf
Ein nationaler Amateur wird auf der GP-Piste von Barcelona von einem Profi der Weltmeisterschaft vernascht. Oder wie der heutige Teamchef Lucio Cecchinello den SPEEDWEEK-Redakteur aus dem Windschatten überfiel.

Es war 1997. Februar, wenn ich nicht irre. Wintertraining am Circuit de Catalunya. In der Absicht mich bestmöglich für die anstehende Rennsaison in Deutschland zu stärken, hat es mich wie mit anderen Racern andere in den sonnigen Süden verschlagen. In der Nachbarbox, Stefan Nebel. Sonnig bedeutet in dem Fall nicht warm. Ich erinnere mich, die ersten Runden auf der für mich neuen, wunderschönen Pisten pfeift es mächtig durch den perforierten Einteiler. Ram-Air für den jungen Piloten Kuttruf.

 
Ich greife an Alu-Stummel eines sehr exotischen Rennmotorrads – eine Yamaha FZR 400 SP. In Deutschland wird die letzte Saison der 500-Viertakt Meisterschaft ausgefahren. Praktisch eine Supersport-Meisterschaft, in der mit bis an die Zähne bewaffnete 400er-Vierzylinder (Honda VFR, Kawasaki ZXR, Suzuki GSX-R und meine FZR) um die Wette kreischen. Eine Serie, die in Japan heute noch existiert. Mein Renner ist eine Leihgabe von Franz-Josef Schermer, dem seine journalistische Unruhe beste Beziehungen nach Japan verschafft hat. 

Mit der Yamaha, damals in Deutschland ein totaler Exot, kam eine große Holzkiste mit Kitteilen. Zweiter Motor, Werkskühler, Karbon-Räder. Öhlins-Ornat, die volle Dröhnung.  Mit fünf Litern Sprit wog die SP 140 Kilo. 90 PS gabs bei Drehzahlen deutlich jenseits der 16000/min. Das Ding ging.

Bis Lucio kam. Am Ende dieses Trainingstages, als ich längst nicht mehr fror, bog ich wieder einmal auf elendig lange (wenn man kein Superbike aufwärts fährt) Zielgerade ein, faltete mich so gut es ging auf der 400er zusammen und beobachtete die Nadel des Tourenzählers. 

Gerade als ich den sechsten Gang aktiviert hatte, ist da dieses Plärren. Wie ein Baby in der Ferne.  Das Geschrei wird lauter. Der schrille Ton steigert sich so abartig, dass ich befürchte, im nächsten Augenblick beißt sich ein Hornissenschwarm durch meinen rechten Daytona-Stiefel.

Die Hornisse heißt Lucio Ceccinello. In Super-Zeitlupe sägt sich der damals in der Achtelliter-Weltmeisterschaft aktive Italiener auf seiner RS-Honda (mit A-Kit!) an mir vorbei. What? Ich selbst fühle mich auf meinem Viertakter bei kurz vor der Zahl 16 auf dem Drehzahlmesser und rund 220 Sachen gut aufgestellt in Sachen Speed und dann das. Unglaublich, aber wahr. Cecchinello schiebt sich aus dem Windschatten an mir vorbei. Die Verkleidungsscheibe seiner Honda, circa auf der Höhe meines Knieschleifers. Unfassbar.

Das weitere Studium des bissigen 125er-Profis dauert nur wenige Sekunden. Lucio bremst 50 Meter später, wischt elegant und leicht durch die rechts-links und ist weg.

Der ehrenhaften Topspeed-Niederlage an diesem kalten Februartag in Catalunya folgt der Gewinn der 400er-Meisterschaft im Herbst. Die Pokale verstauben, doch die Erinnerung bleibt frisch. Jedes Mal, wenn ich auf das Fahrerlager in Barcelona zulaufe, so wie jetzt gerade, höre ich die Hornisse im Anflug. Grazie, Lucio Cecchinello.

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