KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Saisonbilanz: Casey Stoner, Aussteiger des Jahres

Von Günther Wiesinger
Casey Stoner

Casey Stoner

Nicht einmal eine 11-Millionen-Euro-Gage von Honda konnte Casey Stoner das Weiterfahren schmackhaft machen.

Es gehörte bei Casey Stoner (27) schon eine gehörige Portion Mut dazu, vor dem vierten von 18 Grands Prix im Jahr 2012 den Rücktritt per Saisonende zu verkünden. Trotz eines 11-Millionen-Euro-Angebots von Repsol-Honda für 2013.

Und wenn manche Fans oder Gegner dachten, der zweifache Weltmeister werde seine glorreiche Karriere mit ein paar gemütlichen Spazierfahrten sanft ausklingen lassen, so wurden sie arg enttäuscht. Stoner kämpfte unerbittlich weiter, liess seinem Rivalen Jorge Lorenzo (Yamaha) keine Verschnaufpause und lag nach dem Assen-GP Ende Juni (bis dahin drei Siege in sieben Rennen) mit 140 Punkten punktegleich mit dem Spanier an der Tabellenspitze.

Doch dann patzte Casey Stoner auf dem Sachsenring, stürzte in der letzten Runde beim Duell gegen Dani Pedrosa, fiel in der WM hinter den Teamkollegen zurück, wurde in Mugello nach einigen Fehlern nur Achter, raffte sich in Laguna Seca noch einmal zu einem makellosen Sieg auf, kam aber in der Tabelle nicht mehr an Lorenzo und Pedrosa heran.

Nach dem schweren Trainingssturz in Indy biss Casey noch einmal tapfer auf die Zähne und erkämpfte im Rennen den vierten Platz. Aber wenige Tage später förderten die Röntgenbilder einen komplizierten Knöchelbruch zutage. Sein australischer Vertrauensarzt Dr. Neil Halpin riet zu einer Operation und zu einer Rennpause. Halpin, der in Australien auch das «Newcastle Knights NRL Rugby Team» betreut, hatte 2009 schon als einziger Arzt die Laktose-Unverträglichkeit des Australiers diagnostiziert.

Dr. Halpin bezeichnete den rechten Knöchel als schwer beschädigt: gezerrte Bänder, Knochenabsplitterungen und Brüche waren auf dem Röntgenbild zu sehen. Ohne OP würde Stoner bleibende Schäden davontragen, warnte er.

Aber Stoner hatte nicht die Absicht, sich auf leisen Sohlen aus der WM davonzuschleichen. «Ich habe noch einen Job zu erledigen», versicherte er in Brünn, als er am Donnerstag vor dem ersten Trainingstag auf Krücken zu seinem Auto humpelte, um den Flug nach Australien zu erwischen. «Ein vorzeitiger Rücktritt wäre ein Desaster für mich gewesen», versicherte Casey. «Denn ich wollte den Heim-GP auf Phillip Island Ende Oktober auf keinen Fall verpassen.»

Stoner fehlte in Brünn, Misano und Aragón und kehrte in Motegi in die MotoGP-Klasse zurück. Er fuhr in Japan und Malaysia auf die Plätze 5 und 3 – und erkämpfte dann in Australien den sechsten Heimsieg hintereinander. Zehntausende Landsleute huldigten und applaudierten dem überragenden Superstar, der nach dem Valencia-GP endgültig abtrat. «Erstmals muss ich mich nicht mit den Wintertests und der Vorbereitung auf die nächste Saison befassen», sagte Stoner sichtbar erleichtert. «Es ist ungewöhnlich, nicht mehr an der Entwicklung der nächstjährigen Maschine beteiligt zu sein. Gleichzeitig fällt mir eine grosse Last von den Schultern. Ich freue mich auf mein neues Leben.»

Nach Platz 3 in Valencia verabschiedeten ihn die Journalisten im Media Centre mit «standing ovations» von Stoner. Selbst bei seinen grössten Siegen hat der 45-fache GP-Sieger nicht so viel Applaus bekommen wie bei seinem Abgang.

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