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Paolo Ciabatti/Ducati: «Akzeptiere keine Einschnitte»

Von Günther Wiesinger
Paolo Ciabatti

Paolo Ciabatti

Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti und General Manager Gigi Dall'Igna pochen auf die wichtigsten Open-Class-Vorteile für 2015. Die Gründe sind einleuchtend – für Ducati.

Ducati Corse hat sich in diesem Jahr enorm gesteigert, Andrea Dovizioso liegt auf dem erstaunlichen fünften WM-Rang. Er hat schon zwei Podestplätze (Platz 3 in Austin, Rang 2 in Assen) erobert, Crutchlow fuhr im Regenrennen von Aragón auf Platz 3.

Der neue General Manager Gigi Dall'Igna hat ganze Arbeit geleistet und die Desmosedici GP14 in kleinen Schritten bis zur GP14.2 entwickelt, die unter «Dovi» sogar für die Pole-Position in Japan gut genug war.

Wegen der starken Ducati-Performance gab es in der Grand Prix Commission in den letzten Wochen Diskussionen, ob Ducati einen Teil der Open-Class-Zugeständnisse für 2015 aberkannt werden sollen.

Aber jetzt hat Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta ein Machtwort gesprochen. Ducati kann auch in der nächsten Saison von mehr Sprit, von mehr Motoren und von den weichere Hinterreifen profitieren, dazu ist die Motorenentwicklung nicht eingefroren, es gibt weniger Testverbote als bei den anderen Factory-Teams von Honda und Yamaha.

Diese Privilegien stossen bei anderen Teams auf Unverständnis.
Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti stellte sich exklusiv den Fragen von SPEEDWEEK.com.

Paolo, es gab Diskussionen über die Ducati-Privilegien für 2015. Hat dich das überrascht?

Es gibt im Hersteller-Bündnis MSMA Gespräche über die technischen Vorschriften 2016. Alle sind sich einig, dass es 2016 nur noch eine Klasse geben muss, denn alle Teams und Werke fahren dann mit der Einheits-Elektronik.
Das macht Sinn, es herrscht darüber völlige Einigkeit.
Das Reglement für 2015 wurde im letzten Winter festgelegt. Wenn jemand etwas ändern möchte, müsste das bestehende Reglement geändert werden. Das wäre dann ein schwerer Eingriff, auch für die Neueinsteiger Suzuki und Aprilia, die als Factory-Teams dieselben Zugeständnisse bekommen wie wir.

Aber im MotoGP-Sport werden solche Vorschriften oft über Nacht geändert. Zum Beispiel 2013 beim Australien-GP, als es plötzlich ein flag-to-flag-race gab, obwohl es nicht regnete.

Ich weiss, ich weiss. Das ist richtig. Aber so richtig weitreichende Entscheidungen werden üblicherweise in Gegenwart der betreffenden Beteiligten erörtert.

Ich war verwundert, als Ducati diese Open-Class-Vorteile gleich für zwei Jahre zugeschrieben wurden. Du auch?

Beim Phillip-Island-GP haben alle Fahrer im Rennen dieselben Reifen verwendet; jeder hatte denselben Hinterreifen ausgewählt. Es gab zwei Vorderreifen zur Auswahl, aber vorne existiert zwischen Factory-Teams und Open-Teams ohnedies kein Unterschied.
Die weichere Option hinten ist nur sinnvoll fürs Qualifying. Manchmal ist es nicht gerade die beste Wahl fürs Rennen.

Aber der weiche Hinterreifen wurde 2012 für die Claiming-Rule-Bikes mit den Superbike-Motoren eingeführt. 2015 gibt es nur noch Prototypen, eigentlich gehört dieses Privileg beerdigt. Selbst das drohende 22-Liter-Limit statt der bisherigen 24 Liter wäre kein Verhängnis. Ihr kommt sowieso mit 22 aus.

Das ist richtig. Wir verbrauchen jetzt rund 22 Liter.
Die echten Open-Class-Teams haben nicht eine so ausgeklügelte hauseigene Software wie wir, deshalb brauchen sie mehr als 22 Liter, denke ich. Aber 22 Liter ist ein anständiger Kompromiss, würde ich sagen.

Ducati kann also beruhigt in die Zukunft blicken. Die 22 Liter werden euch 2015 erst vorgeschrieben, wenn drei dritte, zwei zweite Ränge oder ein Sieg erzielt wurden – und würde euch sowieso ungerührt lassen. Die weichen Hinterreifen gehen bei zwei Siegen verloren – und würden eure Performance auch nicht dramatisch verändern? Aber auf die anderen Privilegien beharrt Ducati?

Ja, für uns ist zum Beispiel entscheidend, dass wir die Motoren während der Saison weiter entwickeln können.
Die Motorenentwicklung einzufrieden ist vielleicht eine gute Idee, wenn du einen sehr ausgeglichenen Wettbewerb hast. Wenn alle auf demselben Level fahren, kann es eventuell die Kosten reduzieren.
Aber es wird immer Werke geben, die dauernd testen und ihre Entwicklung mit Testfahrern vorantreiben.
Wir machten unsere Entwicklung 2014 während der Saison mit unseren Werkspiloten. Das ist sehr effizient und kostet weniger als ein Testteam. Dazu haben wir ein präziseres Feedback.
Uns blieb nichts anderes übrig, weil wir den Abstand zu den andern verringern mussten. Wir suchen mehr Motor-Performance, also mussten wir eventuell Kompromisse bei der Lebensdauer der Motoren eingehen. Deshalb wurde uns ein grösseres Motoren-Kontingent zugebilligt.
Nächstes Jahr wird vielleicht der Tag kommen, an dem wir die Entwicklung stabilisieren können.
Nach Juni 2015 werden alle Werke mit der Einheits-ECU arbeiten. Dann wird sich zeigen, ob man im Rennen 21 oder 22 Liter brauchen wird. Wir kennen die Einheits-ECU kaum, deshalb wird es mir 20 Litern knapp werden.
Honda ist immer jenes Werk, das rigorose Beschränkungen will, weil sie keine Budgetlimits für die Entwicklung haben. Alle anderen Teilnehmer plädieren für etwas mehr Freiheit, weil das am Ende eine Kostenreduktion bewirkt. Ducati hat nicht dieselben Research & Development-Ressourcen wie HRC.

Kurz gesagt: Den Verlust der weichen Hinterreifen könnte Ducati leicht verschmerzen, 22 statt 24 Liter auch. Aber der Rest der Privilegien muss für 2015 unangetastet bleiben?

Einige Entscheidungen würden keine grossen Auswirkungen haben, zum Beispiel die weicheren Reifen oder zwei Liter weniger Tankinhalt.
Andere Entscheidungen oder Änderungen würden wir niemals akzeptieren, weil wir die Planungen für 2015 bereits getroffen haben. Wir haben ein Reglement, das uns zwölf Motoren pro Saison und Fahrer zugesteht. Darauf beruht unsere Planung.
Deshalb können solche Vorschriften jetzt nicht mehr so einfach ohne vorhergehende Diskussionen geändert werden.
Ohne die weichen Hinterreifen könnten wir eventuell leben.
Aber wenn es plötzlich hiesse, wir dürfen nur noch acht oder neun Motoren verwenden oder die Motorenentwicklung werde für uns eingefroren, dann könnten wir das nicht akzeptieren.

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