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Die Heldentaten von Lawson, Waldmann & Rossi

Kolumne von Michael Scott
In der MotoGP-Klasse ist der Unterschied zwischen Siegern und Verlierern unfassbar gering. Dies bewiesen 2014 die Yamaha-Teamkollegen Valentino Rossi und Jorge Lorenzo.

Es hat alles mit Regen, Vermutungen und einer Art Glückspiel zu tun. Die Akteure bei diesen Vorkommnissen waren drei Fahrer, die für viele Heldentaten, aber auch peinliche Stürze sorgten.

Jorge schaffte beides im Verlauf nur weniger Rennen. In Aragón erkannte Lorenzo die Wetterlage perfekt, wog seine Chancen ab und fand den richtigen Zeitpunkt für die Fahrt an die Box. Er wechselte sein Bike genau zu dem Zeitpunkt, als der Regen intensiver wurde, während die Honda-Piloten wie Clowns von ihren Maschinen fielen. Nach dem Rennen sah er wie eine clevere Katze aus, die sich erfolgreich die Sahne von Esstisch gestohlen hatte.

Die Wichtigkeit des Nichts-zu-verlieren-Faktors

In Valencia geschah das Gegenteil. Zur Rennmitte fielen einige Tropfen zu Boden. Als Lorenzo auf sein Wet-Bike gewechselte, stoppte der Regen. Ein Desaster. Mit der komplett falschen Abstimmung und Regenreifen musste er das Rennen unter großem Groll aufgeben. Es war der letzte verzweifelte Versuch, Rossi im Kampf um WM-Rang 2 noch zu schlagen. Das launenhafte Wetter oder die nicht verlässliche Wetterprognose in der Yamaha-Box raubte ihm jegliche Chance.

Zuvor hatte er erklärt, dass er nichts zu verlieren hätte. Lorenzo hätte das Rennen gewinnen und Rossi hätte es außerhalb der Top-3 beenden müssen. Da ihm das nicht gelang, musste er sich mit WM-Rang 3 abfinden.

Der Nichts-zu-verlieren-Faktor ist wichtig. Trotzdem ist es immer peinlich, wenn ein Plan schief geht. Gleichzeitig ist es eine unglaubliche Freude, wenn eine unorthodoxe Strategie sich als die richtige erweist.

Helden wie Lawson, Waldmann und Rossi

So kam es für Eddie Lawson 1992 auf dem Hungaroring. Als sein Karriereabend bereits dämmerte, wechselte der vierfache Weltmeister in das schwache italienische Cagiva-Team. Es war eine Art lukratives Hobby, aber widersprach seiner eigenen Vorstellung von Perfektion. Es war ein Nichts-zu-verlieren-Glücksspiel.

Das 500-ccm-Rennen fand auf dem verwahrlosten Hungaroring statt. Verwahrlost? Vor dem Event musste die gesamte Anlage so intensiv gereinigt werden, dass sie am Rennwochenende noch immer voller Reinigungsmittel war. Die Motorräder hinterließen Spuren im Schaum, den das erste nasse Training erzeugte.

Auch das Rennen verlief nicht nach Plan. Den Start ruinierte ein Regenschauer, der die erste Runde umgehend beendete. Auch der Neustart wurde von einem schweren Sturm überschattet. Die schnellen Jungs wechselten alle eiligst auf Regenreifen. Außer Eddie. Vorne Intermediate-Reifen, hinten geschnittene Slicks.

Die ersten Runden auf der durchnässten Strecke stellten seine Fähigkeiten am Limit auf die Probe - kein Grip am Hinterrad und die Karbon-Bremsen funktionierten nicht. Er kämpfte auf dem siebten Platz und lag mehr als eine Minute zurück. Zur Rennhälfte trocknete die Strecke auf. Es waren noch vier Runden zu fahren, als aus dem Nichts das rote Bike auftauchte und den völlig entgeisterten Führenden Doug Chandler auf der Suzuki überholte.

Die Geschichte birgt coole Anekdoten. Noch unterhaltsamer war Ralf Waldmanns außergewöhnlicher Sieg in der letzten Kurve in Donington Park 2000. Das Rennen startete bei feuchter Strecke, die nach und nach auftrocknete. Die meisten Fahrer starteten auf Intermediate-Reifen. Der Deutsche setzte jedoch auf Regenreifen und fiel hoffnungslos zurück. Bei der Hälfte der 27 Runden war er 18. und lag fast eine Runde zurück.

Doch dann setzte wieder Regen ein und er war im Himmel. Waldmann war mit Abstand der schnellste Mann auf der Strecke. Er machte sieben Sekunden pro Runde gut. Naja, es wurde knapp.

Waldmann schnappte sich Leader Olivier Jacque in der letzten Haarnadel-Kurve. Während der Franzose mit durchdrehendem Hinterreifen aus der Kurve kam, beschleunigte Waldmann zum Sieg. Drei Zehntel trennten sie auf der Ziellinie.

Rossi und die Aura der eulengleichen Weisheit

Unsere Freude an solchen Rennen entsteht durch die tugendhafte Heldentat. Solche Leistungen umgeben die Fahrer mit einer Aura eulengleicher Weisheit, der Voraussicht eines Orakels und taktischer Brillanz wie jene Karls des Großen.

Wenn das Glücksspiel jedoch nicht erfolgreich ist, dann müssen sie sich die geworfenen Eier aus dem Gesicht wischen. Wie Márquez und Pedrosa in Aragón, als sie ein Rennen vermasselten, das sie auf Platz 1 und 2 beendet hätten. Ich hasste es immer, wenn alte Racer sagten: «Man ist seines eigenen Glückes Schmied.» Doch es ist sehr oft die Wahrheit. Vor allem in Fällen wie diesen.

Doch woher kommt die Zuversicht, Glück zu haben? Wenn wir das wüssten, könnten wir es unserem Lieblingsfahrer verraten und davon profitieren. Man kann jedoch sehen, ob ein Fahrer das Vertrauen in sich selbst hat oder nicht.

Lorenzo war in dieser Saison nur körperlich anwesend. Es wird interessant sein, ob er seine Zuversicht zurückbekommen kann. Bei Pedrosa war sie nie voll präsent. Auch er war in Australien seines eigenen Glückes Schmied, als er sich weder gut qualifizierte noch einen starken Start hinlegte. Er überließ sich seinem Schicksal, von Iannone aus dem Rennen befördert zu werden.

Der Fahrer, der Lorenzo auf den dritten WM-Rang verbannte, illustrierte in dieser Saison, was passiert, wenn die Zuversicht, die Aura eulengleicher Weisheit, zurückkommt. Rossi scheint eine wiedererweckte Quelle zu sein. Mit jedem neuen Erfolg wurde seine Aura immer stärker, während die von Jorge schrumpfte. Es war wie in jenen Tagen, als er alle Gegner schon vor dem Start besiegt hatte. Wenn da nur nicht Márquez wäre...

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