Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Jeffrey Herlings: «Ich glaube, ich hätte gewonnen»

Von Frank Weeink
Vor der Verletzung feierte Jeffrey Herlings in Faenza noch GP-Sieg Nummer 90

Vor der Verletzung feierte Jeffrey Herlings in Faenza noch GP-Sieg Nummer 90

Red Bull-KTM-Werksfahrer Jeffrey Herlings musste seine Titelträume in der MXGP-Saison 2020 im September in Faenza begraben, als er sich eine schwere Verletzung zuzog.

Jeffrey Herlings gehört zweifelsohne zu den schnellsten Motocross-Fahrern der Welt. «Jeder weiß, er ist so stark, er kann sich eigentlich nur selber schlagen», sagt KTM-Rennchef Pit Beirer über den 26-jährigen Niederländer.

Trotzdem gelang «The Bullet» erst ein Titel in der Königsklasse MXGP – 2018 dominierte er mit 33 Siegen in 40 Läufen in beeindruckender Manier. Auf dem Podium fehlte er in dem Jahr nur in Ottobiano, wo er aufgrund eines Schlüsselbeinbruchs gar nicht am Start stand. Seine Saison 2019 war schon von Verletzungen geprägt, 2020 fiel Herlings dann als WM-Führender aus: In Faenza zog er sich am 9. September eine Wirbelverletzung zu. Den Titel schnappte sich am Ende jeweils Honda-Werksfahrer Tim Gajser.

Im ersten Teil unseres Interviews blickt Herlings auf die verpasste Chance zurück.

Jeffrey, am Anfang der vergangenen Saison hast du gesagt, du müsstest nicht mehr alle Rennen gewinnen. Woher kam das?

In den vergangenen Jahren war ich oft verletzt, weil ich mit zu viel Risiko fuhr. Letztendlich habe ich mich leider auch 2020 wieder verletzt. Trotzdem glaube ich, dass ich nicht viele Fehler mache. Bis zum Sturz in Faenza bin ich relativ wenig gestürzt. Ich glaube auch, dass ich meine Rennen gut einteilte. Ich gewann vier von den sechs Grand Prix, die ich gefahren bin. Ich war konstant. Wenn ich nicht gewinnen konnte, war ich zufrieden mit einem zweiten, dritten, vierten oder fünften Platz. Aber leider hat mir das am Ende auch wenig gebracht, denn ich habe mich wieder verletzt.

Ich habe mich jedoch wohler und sicherer gefühlt mit dieser Strategie. Es war weniger Druck da, anstatt jedes Mal zu denken: «Ich muss hier gewinnen». Ich führte mit 60 Punkten [vor Tony Cairoli]. Das Ziel war, jedes Mal auf dem Podium zu stehen, und das hat in fünf von diesen sechs Rennen geklappt. Ich wollte die Risiken so gut wie möglich vermeiden.

Das Team sagte auch: «Versuch konstant zu sein, wir sind dir nicht böse, wenn's mal einen vierten Platz gibt, wir werden eher böse, wenn du dich verletzt, weil du zu viel Risiko eingehst.» Sie haben sich also auch in Faenza nicht über mich aufgeregt, denn ich bin in der dritten Runde des freien Trainings gestürzt. Da sind wir noch fünf bis zehn Sekunden langsamer gefahren.

Fühltest du dich gut und stark?

Sicher. Im Januar 2019 habe ich mich am Fuß verletzt, und das ist in all den Jahren die einzige Verletzung, die mir noch Probleme bereitet. Im Alltag ist es okay, aber schnelles Laufen geht nicht mehr. Früher habe ich vier, fünf, sechs Tage pro Woche mit der Maschine trainiert, heute ist es so, dass ich nach einem Tag Schmerzen habe. Da macht man sich Gedanken. Es könnte das erste Mal sein, dass eine Verletzung chronisch ist.

Ich habe mich auch gefragt, ob ich noch der Jeffrey Herlings von 2018 sein kann, der 17 von 19 Grand Prix gewinnt. Aber ich bin operiert worden am Fuß und ich fühle mich viel besser, besser auch als vorher.

Ich weiß nicht, ob meine neue Strategie 2020 funktioniert hätte. Hätte es diesen Sturz in Faenza nicht gegeben – ich sage hätte – dann glaube ich, dass ich den Titel geholt hätte. Auf meinen Lieblingsstrecken, Lommel und Mantova, waren wir noch nicht gefahren. Und die standen nicht einmal im Kalender, sondern insgesamt sechs Mal. Und in den letzten Rennen waren so wenig Fahrer am Start.... So viele Fahrer waren verletzt, was sich leicht erklären lässt, wenn man drei Rennen in einer Woche fährt.

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