Folger-Teamchef: Wechsel zu Yamaha ist «indiskutabel»

Von Ivo Schützbach
Immer wieder fragen Leute, weshalb sich das deutsche Bonovo-Team und Jonas Folger für ihre erste Saison in der Superbike-WM für die neue BMW M1000RR entschieden haben. Teameigentümer Jürgen Röder liefert die Antworten.

Es gibt nicht viele Mäzene wie Jürgen Röder im deutschen Motorrad-Rennsport. Über seine Liebe für Seitenwagenrennen kam der rührige hessische Geschäftsmann zu Michael Galinski und dessen MGM-Team; 2020 bestritt Jonas Folger für sie die IDM Superbike und gewann auf Yamaha ungeschlagen.

Daraufhin wurde vergangenen Herbst der Aufstieg in die Superbike-WM beschlossen – mit BMW als neuem Partner.

«Bei mir war es schon früher im Geschäftsleben so: Wenn alle sagen, das funktioniert nicht, das ist schlecht, dann fange ich an, dann interessiert es mich», schmunzelte Bonovo-Eigentümer Jürgen Röder beim Treffen mit SPEEDWEEK.com. «So war das auch damals, alle meinten, das würde nichts mehr mit Jonas Folger. Aber Jonas ist ein super Typ, ein unheimlich netter junger Mann. Und er ist ein fantastischer Motorradrennfahrer. Besser als die Saison 2020 ging es nicht, man kann nicht mehr als jedes Rennen souverän gewinnen. Dann kam der Punkt, an dem ich Jonas sagte, dass ich ihn mit Geld unterstütze und wir gucken, dass wir ein Team für ihn finden. Er hatte dann die zwei Wildcard-Einsätze in Barcelona und Estoril mit Yamaha, es kam aber zu keinem Abschluss mit einem Team. Jonas wäre gerne in die Yamaha-Familie rein und wollte mit ihnen Superbike-WM fahren, das war seine Vorstellung.»

Doch Yamaha-Rennchef Andrea Dosoli hatte keinerlei Interesse daran, den gescheiterten MotoGP-Piloten mit damals 27 Jahren auf eines seiner vier Werksmotorräder zu setzen.

«Also sagte ich aus einer Laune heraus, dass wir ein eigenes Team machen», erzählte Röder. «Wir fingen an zu rechnen und schauten, wie viel das an Kapital bedeutet. Da kriegst du feuchte Augen, was so eine Saison kostet. Dann kam aber die Situation, dass BMW auf Michael Galinski zukam. In Barcelona gab es ein erstes Abtasten, in Estoril sagten wir, dass wir uns vorstellen können, gemeinsam mit BMW etwas zu machen. Ich bin aus meiner Vergangenheit absoluter BMW-Fan, in meinem Museum habe ich sehr viele BMW-Motorräder stehen.»

Der Teameigentümer weiter: «Was wir unterschätzt haben war, dass wenn du die Motorradmarke wechselst, du auch den Motorradtyp wechselst. Für Jonas ist das ein ganz anderes Motorrad, als es die Yamaha war. Für ihn bedeutet das bis heute eine immense Umstellung. Auch das Team hatte nur Erfahrung mit Yamaha, aber nicht mit BMW. Eine Yamaha haben wir keine bekommen, das stand nie zur Debatte. Für uns wäre das das Leichteste und Einfachste gewesen, denn das Team und Jonas kennen die Yamaha. Marcel Driessen von Yamaha Deutschland hätte das wahnsinnig gerne gesehen, aber der hat das nicht zu bestimmen. Er war sogar zweimal bei mir zuhause. Klar hätten wir ein Motorrad gekriegt – aber keine Unterstützung. Wir haben in deren Pläne keine Rolle gespielt.»

«BMW hat hingegen sehr großes Interesse gezeigt, allen voran Rennchef Marc Bongers. Als ich BMW gehört habe, bekam ich glänzende Augen und sagte, das ist total Klasse, das finde ich gut. Da ich ein Marketing-Mann bin, hatte ich auch gleich den Gedanken mit dem deutschen Team, deutschen Fahrer und deutschen Motorrad. Das findet viel Beachtung. Selbst bei ServusTV finden wir Erwähnung, obwohl wir in den Rennen auf Platz 16 oder 18 rumgegondelt sind.»

Obwohl die Ergebnisse von Jonas Folger bislang deutlich hinter den Erwartungen liegen, hat Jürgen Röder seinem Schützling auch für 2022 das Vertrauen ausgesprochen und ihm die weitere Zusammenarbeit angeboten.

Bei Partner BMW wird es bleiben, Röder verfolgt einen mehrjährigen Plan. «Ein Markenwechsel ist nicht auf unserer Liste», versicherte der Bonovo-Boss. «Wir sind mit BMW verbandelt und nähern uns sogar immer mehr an. Der Begriff Satelliten-Team fällt nicht mehr. Bei uns war es von Anfang an so, dass wir die gleichen und neuesten Teile bekommen. Die Verbindung mit BMW ist gut und sehr professionell, es wird alles auf einem fairen Level betrieben. BMW hat uns eine Chance geboten, die uns sonst keiner bot. Es wäre unfair BMW gegenüber, wenn wir uns jetzt nach etwas anderem umsehen würden, das ist komplett indiskutabel.»

Dass die Basis der neuen M1000RR ordentlich ist, beweisen Tom Sykes und Michael van der Mark, die mit 159 und 154 Punkten auf den WM-Rängen 7 und 8 liegen. Sie haben in dieser Saison zusammen drei Podestränge und 26 Top-7-Platzierungen erobert. Folgers bestes Ergebnis ist hingegen der achte Platz in Aragon, er schaffte es erst dreimal in die Punkte und ist mit 14 Zählern nur 20. der Gesamtwertung.

Trotzdem steht Röder hinter ihm: «Ich habe ihm immer gesagt, dass ich zu ihm stehe, das ganze Team steht zu ihm. Wir müssen gemeinsam da durch, egal was irgendwelche Facebook-Artisten schreiben. Er ist nach wie vor ein hervorragender Motorradrennfahrer und wird das auch wieder unter Beweis stellen, wenn er mit dem Motorrad zurechtkommt. Es wäre ein großer Fehler, wenn wir es ihm jetzt wegnehmen würden.»

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