KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Kurbelwellengewicht: Kleiner Passus, große Wirkung

Von Ivo Schützbach
Weil die in der Superbike-WM involvierten Hersteller mit ihren Serienmotorrädern sehr unterschiedliche Philosophien verfolgen, bekommen sie in einem Punkt ab 2024 deutlich mehr technische Freiheit.

Von 2014 bis 2022 wurde das technische Reglement in der Superbike-WM immer seriennaher, dann wurden 2018 die Concession- und 2022 die Super-Concession-Parts eingeführt – Änderungen am Motor und Chassis, die ein Hersteller bei anhaltender Erfolglosigkeit zugesprochen bekommt.

Dass im Motor gewisse Bauteile nur noch minimal oder gar nicht mehr modifiziert werden durften, und damit der Motorcharakter weitgehend feststand, machte zum Beispiel Tom Sykes schwer zu schaffen.

2012 unterlag der Engländer im Titelkampf um einen halben Punkt (!) Max Biaggi und Aprilia. 2013 wurde Sykes Weltmeister, im Jahr darauf verlor er den Titel um sechs Punkte an Aprilia-Werksfahrer Sylvain Guintoli. Dann wurden die Regeln umgeschrieben und die Kawasaki ZX-10R konnte ab 2014 nicht mehr so an den extremen Stop-and-go-Fahrstil von Sykes angepasst werden, wie das in den beiden Jahren zuvor der Fall war.

Sykes ist ein Extrembeispiel, wie ein Fahrer unter dem fehlenden technischen Spielraum eines Herstellers litt und sein Potenzial deshalb nicht mehr voll entfalten konnte. Der Weltmeister von 2013 war immer ein Freund leichter Kurbelwellen.

Andere Fahrer hätten gerne eine schwerere Kurbelwelle, als sie im homologierten Serienmodell ihrer Rennmaschine verbaut ist. So ist zum Beispiel in den BMW-Teams immer wieder zu hören, dass das Problem mit dem mangelnden Grip am Hinterrad mit der zu leichten Kurbelwelle zusammenhänge.

Ab 2024 bekommen die Hersteller diesbezüglich mehr Freiheiten: Kurbel- und Ausgleichswellen dürfen zukünftig um bis zu 20 Prozent leichter oder schwerer gemacht werden, das modifizierte Bauteil muss vorab vom Weltverband FIM abgesegnet werden.

Hintergrund dieses Schrittes ist, dass die Hersteller bei der Entwicklung ihrer Superbikes sehr unterschiedliche Philosophien verfolgen: Während einige ihre Maschinen bedingungslos für den Rennstreckeneinsatz trimmen, steht für andere die Alltagstauglichkeit für Ottonormalverbraucher im Vordergrund.

«Wir haben im Grunde herausgefunden, dass es in unserer Meisterschaft verschiedene Arten von Maschinen gibt», erklärte SBK Executive Director Gregorio Lavilla. «Einige Hersteller folgen Trends und bringen alle zwei Jahre ein neues Modell, das auf reine Performanceverbesserung ausgelegt ist. Andere haben die Weiterentwicklung wegen ihrer Marketingstrategien oder Interessen eingefroren. Heute haben alle diese Maschinen so viel Motorleistung, dass es nicht mehr um zusätzliche Leistung geht, sondern um bessere Fahrbarkeit und niedrigeren Reifenverschleiß.»

«In der Vergangenheit versuchten FIM und Dorna, das Motorrad seriennaher zu machen», ergänzte der Spanier. «Was uns aufgrund fehlender Informationen durch die Hersteller ein wenig entging ist, dass einige die Entwicklung seit 2017 oder 2018 gestoppt haben. Die Regeln waren schon immer so, dass am Motor und Chassis nur bestimmte Änderungen vorgenommen werden durften. Als einige Hersteller ihre Entwicklung stoppten, erreichten wir einen Punkt, an dem sie bessere Fahrbarkeit brauchten. Deswegen erlauben wir zukünftig mehr Spielraum für Änderungen am Motor, diese von den Herstellern oder ihren Partnern zur Verfügung gestellten Teile unterliegen aber immer der Kostenkontrolle. Heute ist es so, dass sich die Hersteller auf verschiedenen Leveln befinden. Es geht nicht darum, den Level insgesamt anzuheben, sondern dass die Lücke zum Besten geschlossen wird. Wir dürfen nicht nur an nächstes Jahr denken, sondern müssen auch daran denken, wo wir in fünf Jahren stehen könnten. Vielleicht müssen wir dieses Konzept im Laufe der Jahre etwas optimieren, aber es wurde von allen angenommen.»


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