Iannones Stuhl wackelt: Starke Konkurrenz für 2026

Andrea Iannone
Als Andrea Iannone nach vierjähriger Dopingsperre 2024 in den Profirennsport zurückkehrte und seither in der Superbike-WM für das Team Go Eleven Ducati fährt, war er geläutert. Der inzwischen 35-Jährige gab sich zu Beginn deutlich nahbarer als in seiner Zeit als MotoGP-Fahrer, in welcher er mehr als einmal mit Eskapaden für Schlagzeilen sorgte. Andrea ist als Mensch gereift und begriff, dass ihm Go Eleven die Chance auf einen Neustart bietet.
In seiner ersten Saison, in der er als Rookie in einem Privatteam immerhin fünfmal aufs Podium fuhr, das erste Hauptrennen in Aragon sogar gewann und WM-Achter wurde, verfiel Iannone aber immer öfter in frühere Verhaltensmuster. Er wurde nicht müde Forderungen an sein Team und Ducati zu stellen, die für gewöhnlich Werksfahrern vorbehalten sind. Und wie wir alle wissen: Der Ton macht die Musik. Auch gegenüber dem Team und Hersteller.
Für 2025 einigten sich Iannone und Go Eleven dennoch – sie existieren in Symbiose. Dank dem zweifachen MotoGP-Sieger hat das Team in Italien mehr Medienpräsenz als jemals zuvor, mit Pata (Knabberzeug) konnte ein Hauptsponsor gewonnen werden. Doch Andrea mäkelt an allem und jedem.
Nach eineinhalb Jahren mit dem Rebell Extravaganza im Team gibt es mehr als einen Mitarbeiter, der kein Interesse an einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Iannone hat.
Heute traue ich mich zu sagen: Hat Go Eleven 2026 ein Motorrad in der Startaufstellung, wird auf diesem nicht Andrea Iannone sitzen. Außer Pata-Chef Remo Gobbi verleiht seinem Wunsch sehr nachdrücklich Ausdruck, auch weiterhin mit ihm anzutreten.
Go Eleven gehört seit Jahren zu den besten Privatteams in der Superbike-WM und genießt auch bei Ducati einen hervorragenden Ruf. Geplant wird mit Bedacht und Augenmaß, finanzielle Harakiri-Aktionen liegen dieser Truppe fern. Deshalb wurde in den vergangenen Jahren auch nie dem lang gehegten Wunsch nachgegeben, mit zwei Motorrädern anzutreten.
Genau darüber werden mit Pata Gespräche für 2026 geführt. Denn es sind neben Iannone zwei weitere Fahrer verfügbar, die bei Remo Gobbi hoch im Kurs stehen.
Allen voran Supersport-WM-Leader Stefano Manzi (26). Der hat zwar eine Klausel in seinem Vertrag, dass ihn Yamaha bei Titelgewinn in die Superbike-WM befördern muss, doch es ist keine Pflicht für den 13-fachen Laufsieger anzunehmen. Manzi möchte das bestmögliche Motorrad haben, gut möglich, dass er einer Ducati im Go-Eleven-Team den Vorzug geben würde gegenüber einer R1 der Yamaha-Satelliten-Truppe GRT.
Und dann ist da noch Rekordchampion Jonathan Rea, der schon zu Honda-Zeiten vor 2015 von Pata unterstützt wurde. Der 38-Jährige erlebte bei seinem Debüt mit Yamaha 2024 eine Katastrophensaison und stürzte bis auf WM-Rang 13 ab – so schlecht war Johnny in seiner langen Superbike-Karriere seit 2009 noch nie. Ob er seinen Ende dieser Saison auslaufenden Yamaha-Vertrag verlängern möchte, oder ob der japanische Hersteller mit ihm weitermachen will, hängt von den Ergebnissen bei den nächsten beiden Events in Misano und Donington Park ab. Rea hat sich sein Heimrennen als Deadline gesetzt: Ist er dort nicht konkurrenzfähig, ist er es mit der aktuellen R1 nirgends, denkt er.
Werbetechnisch macht Iannone für Pata am meisten Sinn, zumal für den Snackhersteller der italienische Markt der wichtigste ist und es dessen Produkte zum Beispiel in Großbritannien gar nicht zu kaufen gibt. Rea weiterhin unter Vertrag zu haben und ihm den zwölf Jahre jüngeren Manzi an die Seite zu stellen, ist aber auch reizvoll. Aus der Vergangenheit wissen wir: Remo Gobbi engagiert sich nicht nur wegen Marketingüberlegungen so umfangreich wie derzeit keine andere Firma im SBK-Paddock. Ihm geht es auch um die persönliche Beziehung zu seinen Fahrern – und Iannone steht nicht oben auf der Liste der Lieblinge.