SBK am Plattensee: Triftige Gründe für einen Urlaub
Ich war vor der SBK-Premiere erst einmal am Plattensee in Ungarn, vor zirka 40 Jahren mit meinen Eltern – meine Erinnerungen waren also nicht mehr ganz frisch. Im Gedächtnis blieben mir Verkäufer am Strand, die Kukuruz anpriesen, gegrillte Maiskolben. Und dass es in den Plattensee sehr flach hineingeht, selbst aus der Sicht eines Kindes.
Und dann war da noch ein Geldwechsler, dem Papa Schützbach auf den Leim ging. Äußerlich seriös und innerlich verkommen bot er einen Wechselkurs zur D-Mark an, der hätte stutzig machen müssen. Doch trotz aller Wachsamkeit gewann das schwäbische Spar-Gen die Oberhand und setzte sich durch, nach einem simplen Taschenspielertrick war die Urlaubskasse meines Vaters schmerzhaft dezimiert.
Nach Misano an der Adria, Portimao an der Algarve und Phillip Island in Südaustralien ist Balaton die vierte Rennstrecke im Kalender der Superbike-WM mit perfektem Urlaubsflair.
Mit einer Fläche von 592 Quadratkilometern ist der Plattensee das größte stehende Gewässer Mitteleuropas, gefolgt vom Genfersee (580) und dem Schwäbischen Meer (536), das einige auch Bodensee nennen.
Die Rennstrecke wurde gebaut, um den Tourismus außerhalb der Hochsaison anzukurbeln, um den Hotels und Restaurants eine höhere Auslastung zu bescheren. Die SBK- und MotoGP-Premiere dieses Jahr wurde auf Ende Juli und Ende August datiert, 2026 sind die Rennen der beiden größten Motorradrennserien Anfang Mai und Anfang Juni.
Für viele Diskussionen und Schwarzmalerei sorgte vorab der Asphalt. Zuerst musste die Rennstecke umgebaut werden, um die Homologation des Weltverbands FIM zu bekommen. Dann löste sich der Asphalt in vier modifizierten Kurven bei einem Track-Day mit Superbike- und MotoGP-Piloten Ende Juni auf, dort musste anschließend in aller Eile ein neuer Belag gelegt werden. Bei der Streckenbegehung am Donnerstag der Schock: Der neue Asphalt «schwitzte», die dadurch entstandenen Flecken sollten sich im weiteren Verlauf des Wochenendes aber als unproblematisch erweisen. Auch im Regen bot die Piste guten Grip.
Einige Stellen der Strecke werden von den Fahrern noch immer als kritisch oder sogar gefährlich bezeichnet, gut möglich, dass einige Auslaufzonen für 2026 noch einmal angepasst werden.
Für die Zuschauer war und ist das unerheblich. Ich habe in den vergangenen 25 Jahren zahlreiche neue Strecken besucht, für gewöhnlich wird alles in letzter Minute fertig und es herrscht ein gewisses Chaos bei der Rennpremiere. Nicht so in Ungarn. Alles war hervorragend organisiert, man konnte den Eindruck gewinnen, das örtliche Personal mache das seit Dekaden. Mit Englisch oder Deutsch kommt jeder ausländische Fan weit, die ugrische Sprache ist nicht eben einfach.
Nicht alltäglich waren die Sicherheitsvorkehrungen, die die ungarische Regierung für sportliche Großanlässe vorschreibt. Dass Besucher durch einen Metalldetektor wie am Flughafen müssen, könnte ich nachvollziehen. Allerdings nicht, weshalb das nicht für jeden galt. Selbst unter permanent akkreditierten Paddock-Angehörigen wurden Unterschiede gemacht, je nach Passfarbe. Logisch wäre für mich: Alle oder keiner durch den Scanner.
Zulegen muss die PR-Abteilung der Rennstrecke bei der Vermarktung, noch längst nicht jeder um den Plattensee herum hat mitbekommen, dass jetzt die besten Motorradrennfahrer der Welt zu ihnen kommen, um WM-Punkte auszufahren. Ziel muss auch sein, den Event international so bekannt zu machen, dass Fans die Rennen zum Anlass nehmen, es mit einem Urlaub zu verbinden. Die Region hat neben Badespaß und Rennsport auch sonst viel zu bieten.