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Sachsenring: Dreirad-Comeback nach 37 Jahren Pause

Von Thorsten Horn
Sachsenring 1997: Bohnhorst/Rösinger

Sachsenring 1997: Bohnhorst/Rösinger

Neben Großbritannien ist Deutschland eine der wenigen Sidecar-Hochburgen. Vor allem am Schleizer Dreieck haben diese viele Fans. Doch auch auf dem Sachsenring sind sie gern gesehen, haben allerdings einen schweren Stand.

Nach dem emotionalen Comeback des Sachsenrings mit einer neuen Rennstrecke im Jahr 1996 standen im darauffolgenden Jahr die zwei gleichen Motorsport-Highlights auf dem Programm. Wieder füllten die Deutsche Motorrad Meisterschaft inklusive der Pro Superbike und der Super Tourenwangen Cup (STW) den Veranstaltungskalender.

Am Wochenende vom 30. Mai bis 1. Juni 1997 wurde gleichzeitig 70 Jahre Sachsenring mit vielen Stars aus der Vergangenheit, wie zum Beispiel Giacomo Agostini, Phil Read, Jim Redman, August Hobl, Alan Shepherd, Heinz Rosner und vielen mehr, gefeiert. Doch das Rennwochenende war auch aus einer weiteren Sicht geschichtsträchtig, denn zum ersten Mal seit 1960 düsten wieder Rennmaschinen mit Seitenwagen über den nun neuen Ring.

Derartige Sportgeräte trugen auch schon im Geburtsjahr der Hohenstein-Ernstthaler Rennstrecke 1927 sowie auch 1928 Rennen hier aus, doch zu Zeiten der Großen Preise von Deutschland, Großdeutschland sowie Europa in den 1930er-Jahren fanden sie neben den Solo-Motorrädern keinen Platz im Programm.

Dies wandelte sich mit dem ersten Nachkriegsrennen 1949 wieder zum Guten, wobei in den 1950er Jahren die westdeutschen Gespann-Paarungen, wie in der Weltmeisterschaft, auch auf dem Sachsenring tonangebend waren. So trugen sich zum Beispiel Wilhelm Noll/Fritz Cron, Willy Faust/Karl Remmert, Friedrich Hillebrand/Manfred Grunwald, Walter Schneider/Hans Strauß sowie die Schweizer Florian Camathias/Hilmar Cecco bzw. Florian Camathias/Roland Föll in die Sachsenring-Siegerlisten ein.

Am 23. August 1953 gab es sogar einmal ein «totes Rennen», denn Otto Schmidt/Otto Kölle und Fritz Bagge/Kurt Schönherr fuhren nach zehn Runden auf der damals 8,731 Kilometer langen Berg- und Talbahn zeitgleich über die Ziellinie.

Als ab 1961 bis einschließlich 1972 Motorrad-Weltmeisterschaftsläufe auf dem Sachsenring ausgetragen wurden, waren die Gespann-Rennfahrer wieder außen vor. So auch in den Jahren der motorsportlichen Selbstisolation der DDR von 1973 bis 1990. Dann kam das Aus des alten Sachsenrings und die Sachsenring-Rennen wurden vorübergehend auf die tschechoslowakischen Rennstrecken in Brünn und Most ausgelagert. Hier waren die Seitenwagen fallweise im Rahmen der Deutschen Meisterschaft wieder mit von der Partie, doch bei der Premiere auf dem neuen ins Verkehrssicherheitszentrum Sachsenring eingebetteten Kurs noch nicht.

Vom 30. Mai bis 1. Juni 1997 kamen dann aber nach 37 Jahren endlich auch wieder die Dreiradartisten auf dem Sachsenring zum Zug. Beim Rennen 7 am Sonntagnachmittag über 14 Runden gleich 50,400 Kilometern waren 17 Gespann-Paarungen am Start, von denen 16 in Wertung kamen. Ergo war ein großer Unterhaltungswert durchaus gegeben. Mit einem Siegerschnitt von 122,458 km/h holten sich der Braunschweiger Ralph Bohnhorst und sein «Schmiermaxe» Eckart Rösinger aus Trier mit einer LCR Yamaha den größten Pokal. Ihnen folgten der noch unbekannte und aufstrebende Weltmeistersohn Jörg Steinhausen und Frank Schmidt sowie die Sachsen Wolfram Centner/Mike Helbig aufs Podest. Auf Platz 6 kamen die Einheimischen Colin Streubel aus Gersdorf und der Hohenstein-Ernstthaler André Krieg.

Es war zunächst ein einmaliges Gastspiel, denn nachdem man es tatsächlich geschafft hatte, ab 1998 die Motorrad-Weltmeisterschaft an den Sachsenring zurück zu holen, war wieder kein Platz für die Sidecars.

Im Millenniumsjahr 2000 ließ sich die spanische WM-Vermarktungsagentur Dorna erweichen, Seitenwagen im Rahmenprogramm des Sachsenring Grand Prix starten zu lassen. Obwohl ans Ende der Veranstaltung gerückt, verharrten viele Fans auf den Rängen und zollten den Dreirädern ihren Tribut. Das konnten sie in den Folgenjahren noch oft, wenngleich nicht lückenlos.

Nach dem tragischen Unfall von Kurt Hock/Enrico Becker im Jahr 2014, bei dem der Fahrer zum Pflegefall wurde und der Co-Pilot sein Leben verlor, wurden die Sidecars nicht mehr im Rahmenprogramm des Motorrad Grand Prix von Deutschland akzeptiert. Doch speziell in diesen Breiten haben diese nach wie vor ihre Anhängerschaft.

Dessen war sich auch der ADAC Sachsen bewusst, der 2018 in seine ADAC Sachsenring Classic, neben den obligatorischen klassischen Gespannen, einen Lauf zur aktuellen Sidecar-Weltmeisterschaft integrierte. Das Sprintrennen am Samstag, dem 23. Juni 2018, gewannen auf regennasser Strecke die Briten Tim Reeves/Mark Wilkes vor den Finnen Pekka Päivärinta/Jussi Veräväinen sowie Ben und Tom Birchall, ebenfalls aus Großbritannien. Am Sonntag drehte das Bruderpaar den Spies auf nun trockenem Asphalt um und gewann das Hauptrennen vor Reeves/Wilkes und Päivärinta/Veräväinen.

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