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Sidecarcross-EMXoN: Team-EM ohne deutsche Gespanne?

Von Axel Koenigsbeck
 Das waren Zeiten: 2004 holte Team D den ersten und einzigen EM-Titel mit Marko Happich, Thomas Weinmann, Werner Wittmann, Frank Hofmann, Mario Wohlfarth, Premysl Novotny

Das waren Zeiten: 2004 holte Team D den ersten und einzigen EM-Titel mit Marko Happich, Thomas Weinmann, Werner Wittmann, Frank Hofmann, Mario Wohlfarth, Premysl Novotny

Am zweiten Oktober-Wochenende findet im italienischen Cingoli zum 22. Mal die Team-Europa-Meisterschaft der Seitenwagen und Quads statt. Gespanne aus Deutschland werden dort jedoch nicht vertreten sein.

Derzeit scheint es sicher, dass die deutschen Gespanne bei der Team-Europameisterschaft im mittelitalienischen Cingoli fehlen. Bereits zum dritten Mal. Schon 2017 war keine DMSB-Auswahl in der EM am Start. Übrigens fand diese damals auch in Cingoli statt – nur neun statt der sonst üblichen 13 bis 14 Nationen nahmen dort teil. Auch 2021 fehlten die Akteure mit DMSB-Lizenz, nachdem hierzulande, anders als in einigen Nachbarländern, schon keine nationale Meisterschaft stattgefunden hatte. Damals gab die Corona-Politik den Anlass, lieber auf derartige Rennaktivitäten zu verzichten, während andere Offroad-Serien auf deutschem Boden durchaus stattfanden.

Aktuell kämen vorrangig Tim Prümmer/Rodolphe Lebreton, Tobias Blank/Justin Blume, Joachim Reimann/Martin Betschart und Joshua Weinmann/Noah Weinmann für die Besetzung des Teams infrage. Doch Prümmer hat mit Verweis auf die strapaziöse WM-und DM-Saison bereits abgewunken, auch Blank und die Weinmann-Brüder werden unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht mit von der Partie sein. Grundsätzlich nicht abgeneigt zeigte sich Reimann. Als Südbadener hätte er allerdings auch die kürzeste Anreise.

Für die übrigen Teams lässt sich der Trip nach Cingoli mit der momentan von DMSB in Aussicht gestellten Summe keinesfalls bestreiten. Allein die Fahrtkosten schlagen mächtig zu Buche: Vom DMSB-Stammsitz Frankfurt/Main sind es etwa 1100 Kilometer bis Cingoli. Zu den derzeit hohen Spritkosten addieren sich die Gebühren für die Schweizer Vignette respektive die österreichische Autobahn-Maut sowie die Gebühren für die italienischen Autobahnen.

Nun möchte der DMSB verständlicherweise nicht eine Mannschaft nominieren, die keine Chance auf eine gute Platzierung hat. Doch wenn man die Resultate seit 2001 studiert, kam die deutsche Equipe seit zehn Jahren nicht über einen fünften Rang hinaus und wurde dennoch immer – bis auf die beiden erwähnten Ausnahmen – für die EM-Teilnahme entsendet.

Aktuell gelten die Niederländer, Belgier und Briten als Medaillen-Favoriten. Aber wer kann schon die Rennverläufe vorhersagen? So ist durchaus denkbar, dass eine deutsche Mannschaft auch ohne den WM-Achten Tim Prümmer zumindest im Kampf um EM-Bronze mitmischen kann. Schließlich kochen die Teams der anderen teilnehmenden Nationen ebenfalls nur mit Wasser. Aber: Wer nichts wagt, gewinnt nichts. Bestes Beispiel ist das Silber der Schweizer in Dardon Gueugnon 2021. Mein Kommentar damals: Für eine Medaille in diesem Wettbewerb braucht es neben vorderen Plätzen eben auch eine homogene Gesamtleistung. Unter diesem Aspekt wäre es umso bedauerlicher, wenn diese EM tatsächlich ohne das Team Germany stattfinden würde.

Andererseits stellt sich die Frage, ob das Format überhaupt noch attraktiv ist. Wie ein Insider bemerkt, würde «der Team-EM kaum einer eine Träne nachweinen, wenn sie wieder abgeschafft würde.» Solange die FIM Europe sie aber propagiert, sollten zumindest alle in der WM vertretenen Nationen für eine Teilnahme an dieser letzten Saison-Veranstaltung auf höchster Ebene Sorge tragen. Dazu müssten die nationalen Verbände in Zusammenarbeit mit FIM/FIM Europe bei der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen entsprechend kooperieren. Verweise auf Zuständigkeiten wirken gemessen am Anspruch der Föderationen wenig professionell. Letztlich zählt auch hier, was am Ende herauskommt…

Ein Punkt, die Teilnahme für die Teams hinreichend attraktiv zu machen, ist die Gültigkeit der FIM-Lizenz auch für die EMXoN. Es erhellt sich den Akteuren nicht, warum sie für diese eine Veranstaltung eine zusätzliche Lizenz der FIM-Europe für 147 Euro pro Kopf lösen müssen. Immerhin scheint in diese Angelegenheit nun Bewegung zu kommen.

Über eine kostendeckende Unterstützung der Mannschaft hinaus müsste zudem ein Teamleiter vor Ort sein, der sich um die Belange der Akteure kümmert. Da solche Jobs von Ehrenamtlern des DMSB übernommen werden, ist auch hier eine entsprechende Aufwandsentschädigung unerlässlich. Und wenn die Reise in die Peripherie der internationalen Gespannszene den Verband zu teuer kommt, hält man nach einem zentraleren Veranstaltungsort Ausschau. Und/oder generiert durch Sponsoring zusätzliche Mittel. Letzteres funktioniert allerdings nur, wenn das Format entsprechend attraktiv und mit einem großen Startfeld gestaltet wird.

Jedenfalls ist die dritte Nichtteilnahme eines deutschen Teams eine handfeste Blamage. Es wäre jedoch zu billig, die Ursache dafür den Teams in die Stiefel zu schieben. Diese verlangen als Vollamateure keine exorbitanten Gagen, sondern lediglich eine Deckung ihrer Kosten. Wenn diese gewährleistet ist, würde gewiss auch Tim Prümmer als derzeitiger Spitzenfahrer mehr Bereitschaft zu einer Teilnahme zeigen.

Ob mit oder ohne Prümmer – unter akzeptablen Bedingungen gäbe es im deutschen Gespannlager ohnehin keinen Personalmangel. Anders als in Belgien. Die westlichen Nachbarn müssen zum Ende der Saison für die Zusammenstellung ihres Aufgebots ziemlich tricksen. Nur Davy Sanders/Luc Rostingt starten in bewährter Formation. Bei Marvin Vanluchene steht wieder einmal der Niederländer Robbie Bax im Boot, da Nicolas Musset mit Guenady Auvray für Frankreich startet. Und nachdem Jason Vandaele verletzt ausfällt, reaktivierten die Belgier Peter Steegmans. Der 50jährige Haudegen startet mit Sohn Jarno. Und sogar die Schweizer bringen ein Team zusammen – wohlgemerkt ohne ihr WM-Spitzenteam Marco Heinzer/Ruedi Betschart. Auch Litauen, Lettland, Nord-Irland und Gastgeber Italien wollen im olympischen Gedanken unbedingt teilnehmen. Da stellt sich die Frage, wie die Teams aus dem Norden Europas ihre Teilnahme finanziert bekommen – obwohl sie realistisch keine Medaillen-Chancen und damit mutmaßlich auch keine geldschweren Sponsoren haben. Zu den potenziellen Teilnehmern gehören überdies Estland, Österreich und Tschechien.

Medaillen-Plätze hin oder her! Umso peinlicher wirkt es, wenn der DMSB nun keine Abordnung auf den Weg nach Cingoli bringt. Entsprechend kann der geneigte Leser die Antworten der DMSB-Pressestelle vom 23.8.2023 auf die drei Fragen einordnen, die SPEEDWEEK zum Thema gestellt hat.

Wäre der DMSB bereit, den Teams ein Angebot zu unterbreiten, dass die Kosten decken würde, um doch noch die Teilnahme einer deutschen Mannschaft zu gewährleisten?

Der Deutsche Motor Sport Bund hat eine ganze Reihe von Nationalmannschaften – vor allem im Motorradsport. Bei rund 20 Disziplinen, für die der DMSB verantwortlich ist, können leider die wenigsten Einsätze der Nationalmannschaft kostendeckend für die Teilnehmer gestaltet werden. Das Gesamtbudget für die verschiedenen Disziplinen liegt bereits seit Monaten fest. Eine Erhöhung einzelner Budgets würde naturgemäß zulasten anderer Disziplinen gehen, daher ist ein Angebot speziell für das EMXoN Sidecar nur schwer umsetzbar.

Warum müssen die Teilnehmer, die alle im Besitz einer internationalen Starterlizenz sind, für diese Veranstaltung eine separate Lizenz lösen? Hierzu müsste ich unseren Lesern schlüssig erklären können, warum die FIM Europe als Unterorganisation der FIM eine solche zusätzliche Lizenz einfordert.

Dazu müssten Sie sich bitte an die FIM wenden.

Welches Interesse hat der DMSB überhaupt daran, mit einer deutschen Mannschaft bei diesem Event vertreten zu sein?

Natürlich hat der DMSB ein großes Interesse daran, bei möglichst vielen Events vertreten zu sein, bei denen Teilnehmer des Motorsport Teams Germany Deutschland vertreten. Allerdings muss die Finanzierung der Einsätze immer auch im Blick haben, wie viele Lizenznehmer die Disziplin ausüben, welche Chancen deutsche Teilnehmer hätten und welche Events der gleichen aber auch anderer Disziplinen im gleichen Jahr noch stattfinden. Nur so ist eine finanzielle Unterstützung durch den Verband nachhaltig möglich.

Statistik der Team-EM
Jahr 1. 2. Platzierung
Team D
Teilnehmerzahl
2001 NL F 4. 11
2002 NL LV 12. 13
2003 NL D 2.* 11
2004 D LV 1.* 14
2005 LV GB 6. 15
2006 NL LV 4. 14
2007 LV NL 7. 13
2008 NL LV 14. 14
2009 B NL 6.+14. 14
2010 NL B 7. 13
2011 B LV 8+10 14
2012 NL LV 5. 13
2013 B NL 8. 14
2014 B NL 8. 14
2015 NL B 7. 13
2016 B NL 10. 13
2017 NL F DNS 9
2018 NL F 6. 12
2019 NL EST 9. 12
2021 NL CH DNS 7
2022 NL GB 9. 15

*2003: Team D: Josef Brustmann/Stefan Urich, Marko Happich/André Saam, Klaus Weinmann/Thomas Weinmann

*2004: Team D: Marko Happich/Thomas Weinmann, Frank Hofmann/Mario Wohlfarth, Werner Wittmann/Premysl Novotny

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