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Castagna schiebt den schwarzen Peter den Tunern zu

Von Ivo Schützbach
FIM-Bahnsport-Chef Armando Castagna

FIM-Bahnsport-Chef Armando Castagna

Bahnsport ist der einzige Prototypen-Sport, in dem beinahe nichts unternommen wird, um die Kostenexplosion in den Griff zu bekommen. Armando Castagna als weltweit höchster Funktionär verteidigt diese Strategie.

Bahnsport ist Prototypen-Sport wie die Formel 1 und MotoGP. Doch während es in den beiden größten Rennserien der Welt seit vielen Jahren zum Beispiel eine limitierte Anzahl Motoren gibt, um Geld zu sparen, wird so etwas im Bahnsport nicht in Betracht gezogen.

Marcel Gerhard, 1992 Langbahn-Weltmeister und einer der erfolgreichsten Motorentuner, hat wiederholt erläutert, wie die Kosten drastisch gesenkt werden könnten, etwa durch Kostendeckel für Teile wie Kolben oder Pleuel.

«In der Moto3-WM fahren sie im Renntrimm über 2000 Kilometer, in der Superbike-WM ebenfalls», hielt Gerhard fest. «Aber diese Vorschrift muss von der FIM kommen. Langfristig führt kein Weg an einer Homologation vorbei. Dann muss jeder Hersteller seine Teile homologieren, dann sind aber alle Tuner-Geschäfte gestorben. Dann müssen Servicestellen geschaffen werden und es bräuchte wie ein Fahrtenbuch zum Motor. Meine Idee ist, dass ich einen Productionrenner habe, ready to race. Mit meinem GTR-Motor kann man im Grand Prix mitfahren, das geht mit keinem anderen Standardmotor, der ab Fabrik geliefert wird. Ich muss schauen, dass die Leistungsfähigkeit stimmt und sich der Preis auf einem Niveau bewegt, dass er noch zahlbar ist. Weltweit gibt es ungefähr 2000 Lizenznehmer. Im Speedway-Grand-Prix gibt es 12 oder 14 Fahrer, bei denen Geld keine Rolle spielt, aber auch die überlegen – keiner gibt Geld gerne unnötig aus.»

Die Innereien eines getunten Motors halten für gewöhnlich vier bis fünf Rennen auf einer 1000-Meter-Bahn oder zehn bis 15 Speedwayrennen, dann müssen die meisten Verschleißteile erneuert werden.

Obwohl solche Intervalle über die Saison gesehen genügend sind, lassen Spitzenfahrer ihre Motoren vor jedem wichtigen Rennen wie etwa einem Grand Prix überholen, um kein Risiko einzugehen.

Das führt dazu, dass die Ausgaben für das Tuning und den Service der Motoren neben jenen für Reisen und Unterbringung die höchsten Kosten für einen Bahnrennfahrer darstellen.

Armando Castagna, selbst langjähriger Weltklasse-Pilot auf der Speedwaybahn und heute der höchste Bahnsport-Funktionär des Motorrad-Weltverbands FIM, ist sich der ausufernden Kosten bewusst. Der Italiener ist trotzdem gehemmt, was Kostendeckel oder vorgeschriebene Laufzeiten im Bahnsport betrifft, wo ausschließlich mit Prototypen gefahren wird.

Um die Kosten zu senken, müssen in der MotoGP-WM die Motoren eine gewisse Anzahl Rennen halten, es gibt Einheitsausrüster für die Reifen und Elektronik.

In der Superbike-WM ging die FIM zusammen mit den Herstellern und Promoter Dorna noch einen Schritt weiter und verankerte im Reglement Kostendeckel für die Bremsen, Federelemente, Schwinge, Elektronik und mehrere Motorenbauteile.

Im Bahnsport, in dem es so gut wie keine Unterstützung durch die Motorrad-Industrie gibt, und in dem deutlich weniger Geld vorhanden ist als in den beiden weltweit größten Motorrad-Rennserien, gibt es keinerlei solche Regelungen. Die Einführung des Drehzahllimits ist bislang der einzige Schritt in diese Richtung.

«Wir wollen den Leuten nicht vorschreiben, welche Teile sie einzubauen haben, in dem wir zum Beispiel einen speziellen Kolben homologieren», unterstrich Castagna gegenüber SPEEDWEEK.com. «Dann müssten alle den gleichen Kolben eines Herstellers kaufen und es gäbe ein Monopol – das wollen wir nicht. Unsere Philosophie ist, dass wir den Markt für so viele Hersteller wie möglich öffnen. Im Bahnsport kannst du keine fertigen Motorräder kaufen, wir reden von maximal personalisierten Bikes. Es gibt Teile wie die Schalldämpfer oder Dirt-Deflectors, die homologiert sein müssen. Wir prüfen auch laufend, welche anderen Varianten oder Verbesserungen für die Zukunft denkbar sind. Die vorgeschriebene Maximaldrehzahl trägt sehr dazu bei, die Lebensdauer der Motoren zu verlängern und damit die Kosten zu senken. Wir haben diese Regel im Auge und behalten uns weitere Änderungen vor. Die Realität sieht so aus, dass die Tuner die Motorenpreise bestimmen und nicht die Hersteller. Einige Tuner sollten darüber nachdenken, wie viel Geld sie den Fahrern für ihre Arbeit in Rechnung stellen.»

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