John McGuinness: «An dieser Stelle habe ich Angst»

Von Mat Oxley
Nicht selten setzen die Motorräder in der Senke von Bray Hill auf

Nicht selten setzen die Motorräder in der Senke von Bray Hill auf

Diese Woche hätte das Training zur Tourist Trophy beginnen sollen. Als Entschädigung für die Absage nimmt uns der 23-fache TT-Sieger John McGuinness auf eine Runde auf dem Snaefell Mountain Course mit. Teil 1: Bray Hill.

Am gestrigen Samstag hätte das Training für die diesjährige Tourist Trophy aufgenommen werden sollen, doch die Coronavirus-Pandemie und die damit verbundenen Reiseeinschränkungen, die in der Absage der Veranstaltung mündeten, machte den Straßenrennfahrer, die das gesamte Jahr ihrem Saisonhöhepunkt entgegenfieberten, einen Strich durch die Rechnung.

John McGuinness, mit 23 Siegen zweiterfolgreichster Fahrer auf dem über 60 Kilometer langen Kurs – nur der vor 20 Jahren tödlich verunglückte Joey Dunlop stand dreimal öfter auf der obersten Stufe des Siegespodests –, weiht uns in die Geheimnisse des Snaefell Mountain Circuits ein und erzählt uns von den Teilen, die er wirklich liebt, sowie den Teilen, die er überhaupt nicht mag.

Bray Hill

Der mittlerweile 48-jährige McGuinness ist davon überzeugt, dass auf diesem speziellen Streckenteil Rennen gewonnen oder verloren werden können, vor allem nach dem Start oder den Boxenstopps, wenn man sich mit frischen Reifen und vollem Tank von der Glencrutchery Road kommend im Irrsinnstempo die schmale Straße hinabstürzt.

«Der Start bei der Tourist Trophy ist jedes Mal etwas Einzigartiges. Die Nerven sind besonders angespannt, weil es das einzige Rennen ist, bei dem es wegen der extremen Streckenlänge keine Aufwärmrunde gibt und man deswegen kein Gefühl bekommt, wie sich das Motorrad auf den ersten Kilometern verhalten wird.»

«Man beschleunigt vom Start weg und die Maschine bewegt sich unter dir, als ob sie dich abwerfen will. Du versuchst sie bis zu einem gewissen Grad zu beherrschen. Ich halte aber auch nicht zu sehr dagegen, sonst ermüdest du zu schnell. Wenn du den Abschnitt vom Start bis in die Senke von Bray Hill ohne Probleme gemeistert hast, ist es ein guter Einstand ins Rennen.»

«Normalerweise nehmen wir die Reifenwärmer einige Minuten vor dem Start ab, damit die Reifen immer noch heiß sind. Früher habe ich sie in Jurby eingefahren, jetzt mache ich es bei Douglas Head. Für mich müssen die Reifen angefahren und heiß sein, da bin ich empfindlich. Andere Fahrer stört das weniger, aber mir macht es psychologisch zu schaffen, wenn sie nicht so ist.»

«Wenn man sich den tiefsten Punkt an dieser Stelle genau ansiehst, erkennt man die Übergänge, an denen sich die Nebenstraßen mit der Hauptstraße kreuzen. In der Vergangenheit hatte ich in der Senke von Bray Hill einige wirklich haarsträubende Erlebnisse, wo es mir die Füße von den Fußrasten gerissen hat.»

«Jeder behauptet, dass der mit Vollgas durch Bray Hill fährt, aber das geht nicht, keine Chance! Über die Kuppe spielst du mit dem Gas, um das Motorrad in Balance zu halten. Es ist furchteinflößend, anders kann ich es nicht beschreiben. An dieser Stelle habe ich wirklich Angst», besteht McGuinness, der vor 30 Jahren mit dem Motorradrennsport begonnen hat.

«In der zweiten Runde fühlt man sich schon komfortabler, aber dann musst du an die Box, um einen neuen Hinterreifen auszufassen und nachzutanken. Dann beginnt das Spiel von vorne. Die Runden 1, 3 und 5 sind mit dem Superbike wie eine Achterbahnfahrt. Wenn das Motorrad nicht gut ist, bist du nach dem Rennen psychisch zerstört.»

«Du denkst immer, dass du das nächste Mal schneller hier runterkommen wirst, aber es geht einfach nicht. Irgendwie sagt dir dein Gehirn, dass du es kannst. Du denkst, ich bleibe jetzt voll am Gas, aber nein, jedes Mal hat man das Gas wieder kurz weggenommen», gesteht der Publikumsliebling aus der Grafschaft Lancashire.

«Den Hügel runter versuche ich mich etwa zehn Zentimeter vom Bordstein fernzuhalten, um mir über die Unebenheiten Reserven zu halten. Es geht alles so schnell, dass ich gar nicht sagen kann, wo ich einlenke. Ich werde immer wieder gefragt, ob ich die Laternenmasten oder den Kanalschacht sehe, aber bei dieser Geschwindigkeit passiert alles nach Gefühl.»

«2002 hat mir David Jefferies diese Linie verraten. Die Leute behaupten, dass ich mich weit von der Rennlinie entfernt bewege, aber dort ist der Asphalt um einiges glatter. Wie auch immer. Man ist im sechsten Gang und an die 180 Meilen pro Stunde schnell. An dieser Stelle darf man nicht nachdenken. Es sieht es so aus, als ob man es gar nicht schaffen kann.»

«Über Agos Leap betätige ich immer leicht die Hinterradbremse. Seit 2006 verwende ich bei meinem Superbike eine Daumenbremse, weil es bei dieser hohen Geschwindigkeit schwierig ist, den Fuß auf den Rasten vor und zurück zu bewegen. Du musst jedes Mal gegen den hohen Winddruck ankämpfen und das ist auf Dauer sehr ermüdend.»

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