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«Meine erste Rallye Portugal»

Kolumne von Aaron Burkart
WRC
Aaron Burkart

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«Über portugiesischen Schotter und faltige Gesichter alter Frauen»

Wenn mir einer vor der Saison einen Deal vorgeschlagen hätte, der als Ausbeute der ersten zwei Schotterläufe einen Sieg und einen dritten Platz sowie die Meisterschaftsführung beinhaltet hätte, wäre ich ohne groß zu Zögern auf das Angebot eingegangen und hätte mich diebisch über die guten Ergebnisse gefreut.

Aber alles der Reihe nach: Das ist ja nun der tatsächliche Stand der Dinge - nur dass mit dem „diebisch freuen“ muss etwas differenzierter betrachtet werden.

Wie ja bereits bekannt sein dürfte, ist am vergangenen Wochenende die Rallye Portugal über die Bühne gegangen. Erstmalig waren dieses Jahr alle Sorten von Weltmeisterschaften zu Gast: WRC, SWRC, JWRC, PWRC. Die Rallyestrecken waren beeindruckend, aber auch enorm anspruchsvoll. Viele Tempo- und Rhythmuswechsel, sehr viele blinde Kuppen, täuschende und „zumachende“ Kurven, Highspeed-Intervalle auf sehr engen Strassen und zu guter Letzt fast durchgängig sehr abbressiver, waschbrettähnlicher Untergrund, der an die Substanz der Autos aber auch an die der Fahrer ging. Dazu später mehr.

Die Rallye lief für uns eigentlich sehr gut an. Wir haben uns auf der ersten Schleife am Freitag ein schönes Duell mit Thierry Neuville geliefert, der nach seinem Ausfall in der Türkei siegen musste um seine Meisterschaftschancen am Leben zu erhalten und dementsprechend zackig unterwegs war. Auf der letzen Prüfung beendete ein Fahrfehler jedoch seine Rallye und das Auto musste per Schlepper zurück zum Service gebracht werden. Dort angekommen hatten die Mechaniker alle Hände voll zu tun und überschritten leider die 3- Stunden Regel um 4 Minuten (um unter SupeRallye Bedingungen nach einem Ausfall erneut starten zu dürfen, muss das Auto innerhalb von 3 Stunden nach Ankunft im Service Park im Parc Fermé stehen). Das bedeutete für Neuville: Zuschauen statt angreifen für die verbleibenden zwei Tage. Das war schade, denn erstens hat der Zweikampf eine Menge Spaß gemacht, und zweitens kann ich Thierry sehr gut leiden und solch einen Ausfall wünscht man niemandem.

So fand ich mich für den zweiten Tag in einer Situation wieder, die nicht sehr angenehm für einen Fahrer ist. Wir führten mit vier Minuten – der Fakt allein ist natürlich alles andere als unangenehm, aber wir hatten eben vier Minuten Vorsprung und jeder wusste, dass dieser Vorsprung ausreichen sollte, um den Sieg locker-lässig ins Ziel zu bringen. Natürlich alles unter der Maßgabe, dass es keinerlei Probleme gibt. Damit ist man eigentlich in einer klassischen Loose-Loose Situation, denn welche Rallye bitteschön läuft schon komplett problemfrei? Wird man also dennoch abgefangen, weil man zum Beispiel einen Plattfuß hat, ist man schlecht dran, und fällt man aus, aus welchem Grund auch immer - ist man gleich der Buhmann der Nation. Soll ja in der Rallye-Geschichte sogar der einen oder anderen Rallyegröße schon einmal passiert sein.

Natürlich kam es wie es kommen musste: Wir trafen in der Wiederholung der Prüfungen einen Stein mit dem Unterfahrschutz, die Front wurde herausgehebelt, wir sind mit zwei Reifen durch einen Graben und haben dabei so unglücklich einen Ast oder Stein berührt, dass dieser den Kühler beschädigte und zum Tropfen brachte. Blöde Sache, aber der Stein war nicht zu sehen und selbst wenn ich über die WP geschlichen wäre, hätte ich den Stein trotzdem getroffen. Was soll ich sagen? Nach einigen Kilometern weiter ging die Motortemperatur in ungesunde Höhen und wir hatten keine andere Wahl als anzuhalten. Drei Prüfungen ausgelassen, 15 Minuten Strafzeit, trotzdem am Sonntag nach als Dritter im Ziel. So, und da sind wir wieder an dem Punkt, an dem es um das „diebisch freuen“ geht. Der Kopf sagt: Hey, du kannst es eh nicht ändern. So etwas passiert im Rallyesport. Sei froh, dritter Platz, 15 Punkte und die Meisterschaftsführung verteidigt (ok, punktgleich mit Kevin Abbring)! Das Herz aber, das sprach etwas ganz anderes in diesem Moment. Ich kann nur sagen, dass sich auch ein dritter Platz echt mies anfühlen kann.....

Im Ziel wurde ich dann gefragt was ich über die Rallye denke und was ich denn mit den faltigen Gesichtern der alten Frauen meinte. Schon war ich verwirrt. Also, alles ganz der Reihe nach: Den ersten Teil der Frage habe ich verstanden und die Rallyegeschichte war ja schnell erzählt: Vier Minuten Vorsprung und „nur“ Dritter-naja! Aber trotz 15 Minuten Strafzeit noch Dritter-super! Ein lachendes, ein weinendes Auge – was man in so einer Situation eben sagt.

Der zweite Teil der Frage brauchte etwas Erläuterung, um auch mir auf die Sprünge zu helfen. Es stellte sich dann heraus, dass es irgendwo eine Übersetzungspanne gegeben haben musste: Ein anderer englischer Journalist befragte mich vor dem Service zum Zustand der Strecken. Worauf ich auf Englisch antwortete, dass sie sehr rau seien, es viele Steine gebe und sie von der Beschaffenheit so seinen wie dieses Ding, dass die Frauen früher zum Wäschewaschen genutzt haben (Schande über mich, dass mir spontan nicht einfiel, was Waschbrett auf Englisch heißt......jaja, ich weiß es ist eigentlich einfach: wash board). Irgendwie wurde dann aus meiner Beschreibung der Strecke die Beschreibung der Gesichter alter Frauen.....da darf man ja wohl mal verwirrt sein, oder?

Wie auch immer, die einzigen die mit Sorgenfalten im Gesicht herumliefen, waren allerhöchstens mein Beifahrer André und ich selbst. Allerdings auch nur, bis wir eine Nacht drüber geschlafen hatten, danach kamen wir dem „diebisch freuen“ schon wieder ein bisschen näher: Denn: hey, dritter Platz, 15 Punkte und die Meisterschaftsführung verteidigt!

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