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Alex Doringer (KTM): «Wir haben keinen Platzhirsch»

Von Günther Wiesinger
Das Red Bull KTM-Werksteam geht mit vier gleichberechtigten Fahrern in die Dakar-Rallye 2018. Es geht um den 17. Gesamtsieg in Serie.

Honda hat 2013 ein Comeback bei der Rallye Dakar gefeiert und bei der Präsentation des Teams beim Mugello-GP 2012 angekündigt, man werde sich nach drei Jahren wieder zurückziehen.

Denn bis dahin wollte man mindestens einen Gesamtsieg errungen haben.

In Wirklichkeit war die Honda Racing Corporation inzwischen mit viel Aufwand fünfmal am Start, es gab bisher einen Podestplatz.

Die besten Honda-Fahrer seit 2013:
2013: Hélder Rodrigues – 7.
2014: Hélder Rodrigues – 5.
2015: Paulo Goncalves – 2.
2016: Kevin Benavides – 4.
2017: Joan Barreda – 5.

Die Siege hat seit 2001 immer KTM abgeräumt – 16 Mal hintereinander. Red Bull-KTM tritt 2018 bei der Dakar Rallye in Südamerika mit Sam Sunderland (Sieger 2017), Toby Price (Sieger 2016), Matthias Walkner (Zweiter 2017) und Antoine Meo an. 

Der Oberösterreicher Alex Doringer (43), Offroad Operations Manager bei KTM, ist seit 2009 bei den Orangen für die Rallye-Wettbewerbe verantwortlich, er hat seither für neun Siege hintereinander gesorgt.

Alex, Honda brennt auf den ersten Dakar-Sieg seit der Rückkehr. Letztes Jahr haben sie alle Chancen verspielt, weil alle Honda-Piloten wegen illegalen Nachtankens 60 Strafminuten bekamen. Joan Barreda wurde im Vorjahr trotzdem Fünfter. Er bleibt eine Bedrohung?

Ja, die Konkurrenz wird allgemein stärker. Man sieht von Jahr zu Jahr, wie sich die Mittbewerber adaptieren, wie sie schauen, was wir bei KTM machen. Das beginnt bei Kleinigkeiten. Auf einmal haben sie zum Beispiel die gleichen Wohnmobile wie wir, und so weiter.

Aber die größte Herausforderung für mich ist, dass wir bei uns schauen, dass alles passt, dass unser Management funktioniert, damit haben wir genug Arbeit.

Es bringt nichts, wenn wir zu viel auf die andern schauen. Es ist sinnvoller, wenn wir unsere Energie und unsere Kraft für unser Projekt bündeln und einsetzen. Wir sind stark, wir haben viel Erfahrung. Wir arbeiten von Tag zu Tag und konzentrieren uns darauf, jeden Tag die Probleme zu lösen.

Bei Honda sind nach dem Debakel von 2017 einige Köpfe gerollt. Auch Teamchef Martino Bianchi musste gehen. KTM hat mit Sunderland, Price, Walkner und Meo vier heiße Sieganwärter. Wird Honda alles auf Barreda setzen?

Ich kann das nicht so gut beurteilen. Für mich ist auch Kevin Benavides ein sehr guter Fahrer, obwohl er immer wieder Stürze hat. Honda hat sicher eine gute Mannschaft.

Das größte Problem ist vielleicht, dass sich die anderen Fahrer bei Honda Barreda unterordnen müssen.

Das ist bei uns nicht so. Bei uns ist keiner besser als der andere. Jeder kann seinen Stiefel runterfahren und darf seine Chance nützen. Während der Rallye schauen wir natürlich schon, in welche Richtung sich die Kräfteverhältnisse bei uns bewegen. Es wäre idiotisch, wenn wir das nicht tun würden.

Aber bei uns gibt es von Anfang an keinen Platzhirsch.

Der Platzhirsch ist unser Team. Unser Team entscheidet gemeinsam mit den Fahrern. Darum haben wir eine so starke Mannschaft. Darum haben wir schon so viele Jahre Erfahrung.

Das ist früher bei uns von Heinz Kinigadner vorgelebt worden, dazu von meinem Vorgänger Hans Trunkenpolz, und es wird auch von unserem Chef Stefan Pierer vorgelebt. Er weiß auch, wie man Mannschaften zusammenstellt und damit Erfolg hat. Denn nur gemeinsam können wir etwas erreichen. Ein einzelner wird nichts erreichen.

Yamaha hat 2017 auch starke Leistungen gezeigt. Adrien Van Beveren ist Gesamtvierter geworden. Jetzt trauen sie sich sogar den Gesamtsieg zu.

Ich habe einen guten Draht zu Yamaha, weil ich den Alex Kowalski sehr schätze, der dort Teammanager ist. Wir haben oft Konsens und sind bei den Besprechungen der Teams meist gleicher Meinung. Bei Yamaha ist die Unterstützung aus Japan verstärkt worden, dadurch haben sie mehr Möglichkeiten. Yamaha leistet tadellose Arbeit. Man darf keinen Gegner unterschätzen.

Trotzdem ist die Dakar selber für mich die größte Herausforderung. Mehr als 8000 km über Stock und Stein, Temperaturen bis 50 Grad, durch die Dünen, dann auf mehr als 4500 Meter Seehöhe, nachher schwül und schnell in Argentinien, das ist die größte Herausforderung. Die muss man bewältigen. Jeder macht da Fehler, aber es gewinnt der, der die wenigsten Fehler begeht und der keine Strafen kriegt.

Unsere Aufgabe ist es, die Fahrer dabei bestmöglich zu unterstützen.

Neben Honda und Yamaha fährt auch das indische Hero-Team mit, die Motorräder stammten 2017 noch aus dem BMW-Husqvarna-Fundus.

Man darf nicht vergessen, Wolfgang Fischer hat jahrelange Erfahrung in diesem Bereich, er hat auch schon mit Topfahrern gearbeitet. Er kennt sich gut aus. Ich finde es toll, dass er Unterstützung des Hero-Konzerns hat. Ich glaube, dass er bei der Dakar 2018 ganz neue Werksmotorräder benützt. Joaquim Rodrigues ist letztes Jahr mit dem alten Material schon auf Platz 10 gelandet. Das war ein tadelloses Ergebnis. Dieses Team kann an manchen Tagen für Überraschungen sorgen.

Ich bin überglücklich, dass wir bei der Dakar jetzt so eine Vielfalt an Fabrikaten haben. Es gibt nicht viele Offroad-Wettbewerbe, bei denen so viele unterschiedliche Hersteller am Start stehen. Das ist genau das, was wir immer wollten. Dass wir gegen alle fahren und im besten Fall ganz oben stehen.

Bei HRC heißt es, die Dakar sei der zweitwichtigste Auftritt nach der MotoGP. Stefan Pierer hat Honda als den «meistgehassten Konkurrenten» bezeichnet. Das Dakar-Duell gegen Honda bekommt dadurch eine zusätzliche Würze?

Ja, klar. Aber die Chefetage hat da mehr Würzmittel, um das Duell anzufeuern. Wir sind diejenigen, die das abarbeiten. Wir haben alle die gleiche DNA, ob es Herr Pierer ist oder wir in der Motorsportabteilung. Wir haben schon viele Erfolge gehabt.

Dieser Erfolg macht uns nicht träge, sondern er motiviert uns zu neuen Erfolgen. So wie wir aufgestellt sind und wie wir das Team zusammengestellt haben und mit der Unterstützung, die wir von ganz oben bekommen, von Herrn Pierer, von unserem Motorsportchef Pit Beirer und von Heinz Kinigadner, der in der ersten Dakar-Woche wieder dabei ist, das alles beweist, wie stark das Engagement von KTM ist. Wir wollen Erfolg haben, dafür wird auch Geld im Rallye-Bereich ausgegeben. Und wir haben ein neues Motorrad am Start.

Das ist eine Supersache, dass wir immer weiter entwickeln können und dürfen.

Ich bin guter Dinge. Wir sind gut vorbereitet.

Ich sage immer zu meinen Jungs: Feiert in Frieden Weihnachten, damit wir am 1. Januar mit frischen Kräften nach Südamerika fliegen können.

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