Werner Daemen (BMW): «Niemand wird das je vergessen»

Von Helmut Ohner
Werner Daemen mit Steven Casaer (li.) und Ilya Mikhalchik (re.)

Werner Daemen mit Steven Casaer (li.) und Ilya Mikhalchik (re.)

Mit dem 24h -Rennen in Spa-Francorchamps kehrt ein Langstreckenklassiker in die Endurance-WM zurück. Werner Daemen, früher Fahrer und jetzt Teamboss von BMW Motorrad World Endurance, erinnert sich.

Am ersten Juni-Wochenende findet in Spa-Francorchamps der zweite Lauf der aktuellen Endurance-WM statt. Das 24-Stunden-Rennen in den belgischen Ardennen ist ebenso wie das 24-Stunden-Rennen in Le Mans, das Acht-Stunden-Rennen in Suzuka und der Bol d’Or ein echter Klassiker im Langstreckenrennsport.

Es gibt wohl nur wenige Menschen, die Spa-Francorchamps besser kennen als Werner Daemen. Der Teammanager des BMW Motorrad World Endurance Teams ist auf dem legendären Kurs unzählige Rennen gefahren. 2000 durfte er beim 24-Stunden-Rennen als Dritter sogar aufs Podium steigen. Nun kehrt der Belgier nach Spa zurück und spricht vor dem Heimspiel seines Teams über die Magie dieser Veranstaltung.

In einem Interview erinnert sich Daemen an seine ersten Spa-Erlebnisse, die seine Entscheidung, Rennfahrer zu werden, mit beeinflusst haben. Er blickt zurück auf unvergessliche Racing-Momente, die auch zu einer engen Beziehung mit Steven Casaer geführt haben, und erklärt, welche Fähigkeiten die Fahrer mitbringen, um in der Dunkelheit stark zu sein. Für die Zuschauer, die zum 24-Stunden-Rennen kommen, hat er Insidertipps, wo die Action am besten verfolgt werden kann.

Werner, Sie sind ein echter Spa-Francorchamps-Experte. Wie oft sind Sie dort Rennen gefahren?
Werner Daemen: Ich denke, das muss so 20 Mal gewesen sein – und am 24-Stunden-Rennen habe ich fünf Mal teilgenommen. Spa war immer schon etwas ganz Besonderes für mich. Als ich noch ein junger Kerl war, bevor ich mit dem Rennsport angefangen habe, bin ich dorthin gefahren und habe mir das 24-Stunden-Rennen angeschaut. Und da dachte ich sofort: Das ist, was ich machen möchte – und ich möchte auf dem Podium stehen. Ich habe dort mein erstes Rennen in der Belgischen Meisterschaft gewonnen, in der 250-ccm-Klasse. Als ich internationaler Rennfahrer wurde, bin ich für französische Teams gefahren, im Jahr 2000 haben wir das 24-Stunden-Rennen der Weltmeisterschaft auf dem dritten Gesamtrang beendet. Das ist ein Rennen, das ich niemals vergessen werde, denn wir hatten 23 Stunden Regen – und wir sind auf das Podium gefahren.

Was macht es so besonders, in Spa Rennen zu fahren – vor allem im Langstreckensport?
Ich muss sagen, dass Spa wie für den Langstreckensport gemacht ist! Denn die Strecke ist lang, es ist hart, es ist dunkel und die Strecke bietet bei Regen viel Grip, deshalb ist es eine gute Strecke für Regenrennen. Und für mich ist Spa – das sage ich nicht, weil ich Belgier bin, sondern hier bin ich völlig unabhängig – für mich ist Spa eine der schönsten Strecken, die ich kenne. Und es ist eine einzigartige Strecke. Als Fahrer denkst du, dass du schnell bist, und dann siehst du deine Rundenzeit und stellst fest, dass du dich noch um fünf Sekunden verbessern musst. Der Kurs ist sehr schwierig zu lernen. Es ist nicht wie bei anderen Strecken, die du nach fünf Runden kennst. Wenn du nach Spa kommst, brauchst du mindestens zwei Tage, um schnell zu sein. Das macht es zu etwas sehr Besonderem. Doch du hast immer ein breites Lächeln unter deinem Helm, wenn du dort fährst, weil die Strecke und die ganze Umgebung so schön sind. Und nachts in Spa zu fahren, das waren die schönsten Momente, die ich auf dem Bike erlebt habe.

Sie haben besondere Erinnerungen daran, nachts in Spa Rennen zu fahren?
Ja, zu den Zeiten, als wir dort gefahren sind, war alles komplett dunkel. Es gab entlang der Strecke keine Lichter und das hat es sehr aufregend gemacht, dort zu fahren. Manchmal mitten in der Nacht, wenn auf der langen Strecke keine Mitbewerber um dich herum sind, fühlst du dich, als ob du ganz allein auf der Welt wärst. Das waren immer ganz spezielle Momente für mich. Nachts in Spa zu fahren, vor allem wenn es geregnet hat, waren die Momente meiner Rennfahrerkarriere, die ich nie vergessen werde. Niemand wird das je vergessen. Alle aus meiner Altersgruppe, mit denen ich spreche und die das auch erlebt haben, reden immer über diese Stunden. Das ist etwas ganz Besonderes.

Gibt es eine Situation oder einen Moment, der Ihnen als erstes in den Sinn kommt, wenn Sie sich an Ihre Rennen in Spa erinnern?
Ich denke an Dunkelheit, Regen – und an Steven Casaer, der jetzt mein Crewchief ist. Wir sind in diesen dunklen und regnerischen Stunden zusammen gefahren. Darüber schreibt er auch immer wieder in seinen Büchern. Er sagt immer: <Ich erinnere mich an die Stunden, in denen ich nachts mit Werner gefahren bin, denn wir sind zusammengeblieben>. Das ist etwas ganz Besonderes. Ich bin ein Werksbike gefahren, aber es war schwierig, schneller zu sein als all die anderen, weil es so heftig geregnet hat und man überhaupt nichts gesehen hat. Ich denke, dass man heutzutage in solchen Momenten sofort die rote Flagge schwenken würde. Aber damals gab es keine rote Flagge. Wir mussten weitermachen. Was uns auf der Geraden limitiert hat, war die Tatsache, dass man vor lauter Regen nichts gesehen hat. Zudem standen zehn Zentimeter Wasser auf der Strecke – es ging nur darum, durchzukommen. Aber das waren großartige Zeiten.

Und dann haben Sie mit Steven eine Übereinkunft getroffen, bezüglich eines eigenen Teams...
Ja, danach haben wir einen Deal gemacht. Wir waren damals noch junge Kerle, er war vielleicht 25 und ich 30. Und wir haben ausgemacht, dass wir eines Tages zurückkehren und das Rennen in Spa gewinnen werden. Als wir wussten, dass wir wirklich ein eigenes Team haben werden, haben wir uns auf drei Dinge geeinigt: dass wir ein 24-Stunden-Rennen gewinnen werden, dass wir Weltmeister werden möchten, und, falls wir in Spa fahren, dass wir Spa gewinnen möchten. Wir haben jetzt ein Rennen in Most gewonnen, nun möchten wir ein 24-Stunden-Rennen gewinnen, Spa gewinnen und Weltmeister werden, denn das ist natürlich das größte Ziel. Und ich denke, wenn in Spa alles gut läuft, dann sind wir eins der vier Teams, die dort gewinnen können. Sicher.

Können Sie Ihren Fahrern mit Ihrer Spa-Erfahrung bei dieser Herausforderung helfen?
Das mache ich bereits seit einiger Zeit, denn wir waren schon ein paar Mal dort, und Markus Reiterberger hat auch neue Rundenrekorde aufgestellt. Ich war neun Jahre lang der Rekordhalter, nun ist es Markus. Natürlich spricht man viel mit den Fahrern darüber, wo und wann sie etwas riskieren können, und vor allem, wie man nachts fährt. Denn normalerweise machst du alles mit den Augen. Wenn du in Spa fährst, brauchst du mehrere Sinne, wie Riechen, Augen, Ohren. Nachts wechselst du vom Sehen mehr auf das Hören und das Riechen. Wenn zum Beispiel Öl auf der Strecke ist, dann siehst du es nicht mehr, sondern du fängst an, es zu riechen. Man muss einen anderen Sinn nutzen und es ist anfangs schwierig, das jungen Fahrern zu erklären. Aber sobald du dort fährst, verstehen sie es sehr gut.

Es ist das Heimspiel für Sie und das Team – und alle hoffen auf viele Zuschauer. Was sind die besten Stellen, um das Rennen zu verfolgen?
Die beste Stelle für mich ist immer Radillon, wenn man dort hoch geht. Radillon ist eine Kurve wie die Parabolica in Monza. Es gibt sie nur dort und sie ist etwas ganz Besonderes. Mir persönlich gefällt auch Blanchimont sehr gut. Es ist eine sehr, sehr schnelle Rechtskurve kurz vor der Bus-Stop-Schikane. Ich erinnere mich noch, als ich dort als Zuschauer nachts um drei allein im Wald gesessen habe, um den Jungs zuzuschauen und es war immer mein Traum, das auch einmal zu machen. Aber Spa ist auch klasse, wenn man gern läuft. Man kann über sieben Kilometer oder vier, fünf Stunden laufen und all die verschiedenen Spots ansteuern. Manchmal sitzt man 50 Meter über der Strecke und kann den Fahrern zusehen, die unter einem durch die Nacht fahren. Das sind Momente, an die ich immer noch denke. Diese Strecke ist einfach überall unglaublich toll, um das Racing zu verfolgen.

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