Mein Abenteuer als Wildcard
Robin (li.) bekam von Marco Melandri Tipps
Meine ganze Familie stand Kopf. Das letzte Mal, dass ich ernsthaft an einem Rennen teilnehmen konnte, war in der Deutschen Mini Bike Meisterschaft. So was kann man nur Märchen nennen. Endlich wieder am Gashahn ziehen.
Also Vorbereitungen getroffen und alle Lizenzen im Eilverfahren beantragt. Danke noch mal an den DMSB und vor allem für das gute Wort von Frau Vietze vom ADAC in Frankfurt. Alles ging recht unkompliziert und schnell. Mein Ausbilder gab mir natürlich sofort die Möglichkeit, dieses Ereignis wahrnehmen zu können.
Durch unsere Kontakte, die immer noch bestehen, hatte ich mit Kenny und Dennis schnell zwei Mechaniker an meiner Seite, die mich und meinen Vater das ganze Wochenende über begleiten konnten.
Donnerstags ging es mit dem alten, eiligst entstaubten Wohnwagen Richtung Nürburgring. Mein Vater besitzt die Kunst, immer die richtigen Stellen anzusteuern. Schnell ins Fahrerlager rein und schnell Platz bezogen neben Melandri und Biaggi. Deren Motorhomes direkt neben dem 25 Jahren alten Wohnwagen sah natürlich klasse aus.
Wir lernten Garry von KTM kennen, der uns sofort nett begrüsste und erst mal auf die kommenden Tage vorbereitete. Unglaublich, wie professionell alles vor Ort war. Mein Schrauber Kenny wähnte sich im siebten Himmel. Unglaublich war, dass trotz der längeren Rennabstinenz viele Leute von meinem Kommen wussten und mich begrüssten.
Als ich die Maschine sah, war ich begeistert: Feinstes Material zum Heizen und optisch ziemlich geil! Respekt hatte ich trotzdem, da ich noch nie vorher am Ring gefahren bin. Abends ging es mit Simon Crafar zur Streckenbesichtigung.
Freitagmorgen fingen die ersten Trainings an und ich konnte die anderen Jungs vom Cup kennenlernen. Lukas Wimmer machte mir Mut und gab mir ein paar Tipps. Trotzdem, angespannt war ich schon. Hauptsache nicht ganz dämlich aussehen. Selbst aus Thailand kamen ständig Nachfragen zur aktuellen Situation, konnte doch auch dort ein Teammitglied anscheinend nicht ruhig seinen Urlaub geniessen.
Alle warteten auf den Start zum ersten freien Training. Schwitzige Hände und das alte Ritual, ständig an die nächste Toilette zu denken, kamen wieder auf. Rauf aufs Motorrad und los ging’s. Ich hatte sofort ein super Gefühl und konnte schon einigermassen Speed machen, alle Sorgen waren umsonst. Das lief. Na klar, Lukas und Co. ballerten Zeiten in den Boden, die zeigten, dass mir eine Saison im Junior Cup nicht schlecht getan hätten. Aber mit einer Platzierung, die nicht Letzter und auch nicht Vorletzter war, durfte ich zufrieden sein. In irgendwelchen Sektoren erreichte ich sogar den drittschnellsten Speed. Alle Statistik kann aber gar nicht das unglaubliche Gefühl wiedergeben, in einem Affenzahn mit den anderen Jungs um Plätze zu fighten.
Es war schon merkwürdig, ständig auch von der Presse beobachtet zu werden, als ich wieder rein kam vom Training.
Samstags schaffte ich es im Qualifikationstraining sogar auf den 18. Platz und abends war ich noch eben kurz bei meinem Nachbarn Melandri zum Smalltalk. Mein Englisch ist nicht so gut, aber seine Freundin umso hübscher. Ich glaube, er hat mir Viel Glück gewünscht.
Wieder kamen Leute vorbei, die davon gelesen hatten, dass ich fahre, oder die völlig überrascht waren, meinen Namen durch die Lautsprecher zu hören. Auch die Firma SKM begrüsste uns, sie haben quasi in unserer Nachbarschaft ihren Sitz. Zudem trudelten noch meine Mutter, meine Schwester und deren Freund ein. Nochmals Motivation für Sonntag, vielleicht doch noch das ein oder andere Pünktchen mitzunehmen.
Na ja, der Sonntag war dann ein wenig hinter den Erwartungen, zumindest hinter meinen. Kurz vor dem Start erstmal noch schnell die Toilette besucht, den Kombi zugezogen und raus auf die Strecke. Unglaublich: Wieder ging einer mit der Kamera und einem Reporter durch die Reihen. Ich wurde noch eben gefragt, ob alles okay ist. Ich glaube, ich habe ja gesagt und los ging’s.
Start und ab auf die erste enge Kurve an der Mercedes-Tribüne. Sofort wollte ich durchstechen, aber ein Racing-Freund machte mir das zunichte, in dem er mein Vorderrad berührte und ich zu Boden ging. Klasse, Fussraste ab, genau da, wo die Fans sitzen. Das war nicht die Krönung des Tages. Aber es nützte nichts, schnell wieder drauf auf den Hobel und trotzdem sauber das Rennen zu Ende fahren. Was sagt mein Vater immer: «That’s Race, first Lap, first Corner.» Früher habe ich immer über diesen Spruch hinweggehört, jetzt weiss ich, was es heisst. Na ja, wir waren trotzdem happy über alles, was wir erleben durften in den vier Tagen am Ring. Und ich würde mich freuen, wenn es eine Wiederholung geben könnte.
Nochmals DANKE Speedweek. Wir waren alle mehr als zufrieden. Das hätte keiner gedacht und ich nicht mal zu träumen gewagt.
Der Münsterländer Robin Stehr wurde von SPEEDWEEK als Wildcard-Fahrer für den KTM European Junior Cup auf dem Nürburgring ausgewählt.