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Stefan Johansson zu Liberty Media: Piranha-Klub lebt

Von Rob La Salle
​Der frühere Ferrari- und McLaren-Fahrer Stefan Johansson (60) spricht über den Abgang von Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone und stellt fest: «Demokratie und Formel 1 – das funkioniert einfach nicht.»

Ein neues Motorsportjahr hat begonnen, und der Schwede Stefan Johansson wird auch 2017 regelmässig in seinem hervorragenden Rennblog über aktuelle Geschehnisse schreiben. Der 60-Jährige nimmt dabei kein Blatt vor den Mund, etwa dann, wenn er auf den Abgang des Formel-1-Baumeisters Bernie Ecclestone angesprochen wird. Johansson findet: «Klar war das mit der Ankunft der neuen Grossaktionäre von Liberty Media zu erwarten. Und doch ist das ein Riesending und das Ende einer Ära. Seit jeder von uns zurückdenken kann, war die Formel 1 doch gleichzusetzen mit Bernie Ecclestone. Was von der Formel 1 der Neuzeit ist denn schon ohne ihn entstanden? Eben, mir fällt auch nichts ein. Rennställe, Fahrer, Rennveranstalter, das Fernsehen – jeder einzelne Stein in diesem Geschäft wurde von Bernie gelegt.»

«Als ich davon hörte, dass er seine bisherige Arbeit nicht mehr machen wird, sprach ich mit vielen Freunden aus der Formel 1 darüber. Alle hatten wir das gleiche Gefühl: Ein wenig Traurigkeit, schliesslich war er für uns wie ein Grossvater. Diese Veränderung ist eine enorme Kiste. Ich kenne im Fahrerlager niemanden, der vor Bernie hier gewesen wäre. Ich bin selber gespannt darauf zu erleben, was nun passieren wird.»

«Ich bin der Ansicht, man hätte ihn ruhig noch ein paar Jahre an Bord behalten können. Um den Übergang reibungsloser zu gestalten. Wenn ich doch die Möglichkeit habe, mit einem der besten Vertragsspezialisten der Geschichte zu arbeiten, dann pack ich diese Gelegenheit beim Schopfe. Der Teufel liegt immer im Detail, und Mr. E ist der Einzige, der jedes dieser Details kennt. Jedenfalls hinterlässt er ziemlich grosse Fussstapfen.»

Liberty Media ist klug genug, sich Hilfe von aussen zu holen. Für die Entwicklung des Sports in Sachen Technik und Reglement wurde der frühere Erfolgs-Teamchef Ross Brawn verpflichtet. «Das ist fabelhaft», findet Johansson. «Sie hätten für diesen Posten keinen besseren Mann finden können. Er war nicht nur ein toller Designer und Techniker, er hat als ehemaliger Teamchef auch ein tiefes Verständnis für die Geschäftsseite der Formel 1. Ich hoffe, er kann ein paar Dinge in der Formel 1 vereinfachen.»

«Viel ist davon geschrieben worden, was alles geändert werden muss. Aber ich bin nicht der Meinung, dass jeder hier die richtige Antwort bereithält – nicht bei der digitalen Technik, nicht beim Sport, nicht auf der kommerziellen Seite. Oft ist es einfach festzuhalten, was nicht gut ist. Aber es ist ungleich schwieriger, eine bessere Lösung zu finden. Ich unterschätze Liberty Media nicht. Sie waren bisher überaus erfolgreich. Und sie sind clever genug, gute Leute an Bord zu holen. Die kommen dann hoffentlich zu den richtigen Entscheidungen.»

Skeptisch ist Johansson hingegen, wenn es um einen demokratischeren Ansatz geht, mit dem Liberty Media die Formel 1 führen möchte. Stefan weiter: «Jede Meisterschaft, die als Demokratie geführt werden sollte, ist gescheitert. Denn da kommen so viele Meinungen auf den Tisch, dass es schwierig wird, überhaupt etwas zu erledigen. Wir hatten doch in Form der so genannten Strategiegruppe bereits einen demokratischeren Ansatz im GP-Sport. Wir mir scheint, kam es dadurch zu mehr Verwirrung und zu komplizierteren Regeln denn je. Die Strategiegruppe hat der Formel 1 nichts gebracht, was den Sport verbessert hätte.»

«Nein, die Formel 1 muss sich vielmehr von der Demokratie entfernen. Wir brauchen kleine Gruppen von hochangesehenen Spezialisten, die von allen respektiert werden. Diese Gruppen müssen die verschiedenen Aspekte der Branche durch und durch kennen. Und sie dürfen keinem Zwang unterliegen wie etwa einen Rennstall zu führen oder ein Rennen zu veranstalten. Das macht sie befangen. Diese Gruppen müssen unbeeinflusst arbeiten können. Wenn da alle zu jedem Detail ihren Senf dazugeben, dann endet das in einer Katastrophe, wir haben das in anderen Rennserien und auch bei anderen Sportarten erlebt.»

«Ich glaube, die Leute von Liberty Media ahnen noch gar nicht so richtig, was da alles auf sie zukommt – etwa beim Umgang mit den Rennställen. Der beste Vergleich ist für mich noch immer, was vor Jahren McLaren-Chef Ron Dennis zu Eddie Jordan sagte, als der mit einem eigenen Team in den Formel-1-Sport einstieg: „Willkommen im Club der Piranhas!“ Daran hat sich nichts geändert, genau das erwartet die Leute von Liberty Media.»

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