Marc Surer zieht Bilanz: «Ferrari hat Fehler gemacht»

Von Mathias Brunner
​Der Schweizer Marc Surer (66) blickt auf die Saison 2017 zurück. Es gibt viel Lob für Lewis Hamilton, es gibt Kritik für Ferrari und Sebastian Vettel. Surer findet: «Ferrari hat Fehler gemacht.»

Wir haben die Formel-1-Saison 2017 abgeschlossen, die Fahrer sind nach dem Finale von Abu Dhabi in alle Windrichtungen verstreut. Zeit für Marc Surer, den Grand-Prix-Experten der deutschen Sky, nochmals einen Blick in den Rückspiegel zu werfen.

Der 66jährige Basler bedauert, dass wir kein echtes Finale in Arabien erlebt haben. Denn Lewis Hamilton sicherte sich schon in Mexiko den Titel. Surer stellt fest: «Ferrari hat Fehler gemacht. Die Qualitätskontrolle scheint nicht perfekt zu sein. Es sind Teile kaputtgegangen, die normalerweise nicht kaputt gehen dürfen. Wenn ein Hersteller einen Motor- oder Turboschaden hat, können wir sagen: Okay, das sind Teile, die sind hoch belastet. Aber wenn eine simple Luftzuführung zum Motor undicht wird, dann muss man schon die Frage stellen, ob das nötig war.»

«Allerdings trägt für mich auch Vettel eine Mitschuld, dass es letztlich aus dem Titel nichts geworden ist. Beim Start in Singapur ist er viel Risiko eingegangen, was du als WM-Leader nicht machen solltest. In Mexiko hat er, als es um seine letzte WM-Chance ging, gepatzt und gecrasht – da hat er den Titel weggeworfen. Und Lewis Hamilton hat diese Fehler eben nicht gemacht.»

In Aserbaidschan gab es zudem ein heftiges Gerangel mit Lewis Hamilton, als Vettel dem Briten während einer Safety-Car-Phase ins Auto gefahren ist. Viele Fans fragen sich: Muss sich Vettel besser im Griff haben? Surer als ehemaliger Racer: «Ich weiss, wie es sich anfühlt, wenn einen die Wut packt und du das Gefühl hast, du bist absichtlich eingebremst worden. In diesem Moment verstehe ich schon, dass einem Piloten der Kragen platzt. Aber einem Gegner so ins Auto zu fahren – das hatte ich in der Formel 1 zuvor noch nicht gesehen. Bei einem Zweikampf vielleicht. Aber nicht in einer Safety-Car-Phase und aus purer Absicht. Das war der Tiefpunkt von Vettel.»

Lewis Hamilton steht nun bei 62 GP-Siegen, vor ihm liegt nur Michael Schumacher mit 91. Der Engländer kommt jetzt auf vier Titel, der grosse Schumacher hat einst sieben errungen. Kann Hamilton den Deutschen einhalten? Marc Surer hält das «für nicht realistisch, aber für möglich. Wenn Lewis weiter im besten Auto sitzt, ist es absolut drin. Wir dürfen nicht vergessen, dass Micheal Schumacher zwei Titel mit dem Benetton errungen hat und die übrigen WM-Titel in einem überlegenen Ferrari. Wenn Lewis weiterhin in einem überlegenen Auto sitzt, ist das möglich.»

Echte Konkurrenz hatte Schumacher damals so selten wie heute Hamilton. Denn Marc Surer findet: «Lewis Hamilton fährt in einer anderen Kategorie als Valtteri Bottas. Das haben wir in diesem Jahr deutlich gesehen. Wenn Lewis ernst macht, dann fehlt Bottas etwas.»

Lewis Hamilton hat schon mit Rücktritt kokettiert, in den letzten Wochen sprach er aber davon, seinen Vertrag mit Mercedes vorzeitig über 2018 hinaus verlängern zu wollen. Marc Surer warnt: «Ich denke manchmal, dass er so abgelenkt ist von seinem Privatleben, dass er irgendwann sagen könnte – ich habe keine Lust mehr. Ich denke nicht, dass er das plant. Wenn die Situation kommt, in der er merkt, mir macht das keinen Spass mehr, dann schmeisst er alles hin. Er wird Schluss machen, wenn er merkt, dass er nicht mehr gewinnt. Aber so lange er im besten Auto sitzt, fährt er weiter.»

Viel Lob erhält von Marc Surer der Renault-Pilot Nico Hülkenberg: «An sich darf ich Nico nur loben. Ausnahme der Regel: Er hat in Aserbaidschan eine Riesenchance weggeworfen, auf das Podium zu gelangen. Er wäre auf dem Podest gelandet, ohne jemanden überholen zu müssen! Leider fuhr er dann über einen Randstein und machte das Auto kaputt. Diesen Fehler wird er sich wohl selbst nicht verzeihen. Ansonsten ist er eine Bank, stellt das Auto im Qualifying immer weit vorne hin. Er ist der Perfektionist für diese eine Qualifikationsrunde. Das macht mit solche einem Auto keiner besser.»

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