Arrivabene (Ferrari): Vettel gehen die Pferde durch

Von Mathias Brunner
Sebastian Vettel und Maurizio Arrivabene

Sebastian Vettel und Maurizio Arrivabene

​Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene spricht über Sebastian Vettel: «Sebastian ist ein emotionaler Mensch, der unter Druck zu Reaktionsfehlern neigt. Da gehen ihm halt die Pferde durch.»

Der Italiener Maurizio Arrivabene hat sich 2017 rargemacht. Medienrunden mit dem Ferrari-Teamchef wurden gestrichen, Kommentare nach dem Rennen gab es lediglich fürs Fernsehen oder in Form dürrer Pressemitteilungen. Im Rahmen des Weihnachts-Mittagessen von Ferrari sagt der 60-Jährige: «Wir fanden, es mache Sinn, wenn die Fahrer mehr reden als der Teamchef, schliesslich sind sie die Hauptdarsteller.»

Das wird schwierig bei Kimi Räikkönen, denn «Iceman» ist eher für seine Einsilbigkeit bekannt als für muntere Plauderstunden. Arrivabene gibt gegenüber meinem Kollegen Franco Nugnes von der italienischen motorsport.com zu: «Man muss schon sehr gut sein, um sein Schweigen zu interpretieren.» Das ändert aber nichts daran, dass Arrivabene grosse Stücke auf Kimi hält: «Du musst Einiges auf dem Kasten haben, um in Monte Carlo die Pole-Position herauszufahren. Und im Übrigen gilt bei Kimi – wenn etwas gesagt werden muss, dann spricht er auch.»

Alle hatten vor der Saison 2017 erwartet, dass Red Bull Racing der grosse Wurz gelingen würde, aber dann hielt Ferrari die Weltmeister von Mercedes-Benz in Atem. Arrivabene: «Wir haben bei den Tests in Barcelona gemerkt, wie gut das Auto ist. Unser einziger Zweifel – wir hatten keine Ahnung, was Mercedes für den Saisonbeginn in Australien noch alles auf Lager hat. Wir glaubten: Bei den Testfahrten haben die ihre Karten nicht aufgedeckt. Dann aber mussten alle in Melbourne die Hosen runterlassen, und es bestätigte sich – wir hatten ein gutes Auto.»

Firmenchef Sergio Marchionne behauptet: Ohne die verpatzte Asien-Tournee wäre Sebastian Vettel Weltmeister geworden. Zur Erinnerung – in drei Rennen schied der Heppenheimer zwei Mal aus (Singapur und Japan), in Malaysia wurde er nur Vierter, das ergab 12 Punkte. In den gleichen drei Grands Prix eroberte Lewis Hamilton 68 Zähler!

Aber Arrivabene meint: «Es ist viel von unseren Schwierigkeiten bei jenen drei Rennen gesprochen worden, aber auch das Ergebnis in Baku hatte negative Auswirkungen. Bis Ungarn waren wir gut dabei. Immerhin ist Vettel dort mit einem um dreissig Grad schräg stehenden Lenkrad zum Sieg gefahren. Hinten wurde er von Räikkönen gegen Hamilton abgeschirmt. Das zeigte, wie das Team gewachsen war, wie gut gearbeitet wurde.»

Im August wurde bekannt: Formel-1-Motorenchef Lorenzo Sassi geht. Arrivabene fährt fort: «Mich verblüfft es immer wieder, welche enormen Schlagzeilen aus solchen Verschiebungen konstruiert werden. Vielleicht sehen uns die Menschen zu wenig als Firma und zu stark als Rennstall. Ferrari hat als Unternehmen genügend Manpower, um solche Veränderungen abzufedern. Wir haben überaus fähige Leute, die sich um die Sportwagen kümmern und die jederzeit in die Rennabteilung wechseln können.»

Zur Persona Sebastian Vettel meint der seit November 2014 als Ferrari-Teamchef tätige Maurizio: «Sebastian ist ein emotionaler Mensch. Ich sehe ihn als einen fabelhaften Wettbewerber, der unter Druck zu Reaktionsfehlern neigt. Da gehen ihm halt die Pferde durch. Das ändert nichts daran, welch grosser Champion er ist. Du gewinnst nicht zufällig vier WM-Titel. Er hat schon längst vier Titel, und jetzt wird Lewis Hamilton für seine vier Weltmeisterschaften gefeiert, als wäre der Engländer der neue Schumacher.»

Themawechsel: Was sagt Arrivabene zur Kontroverse um die Grid-Girls? Behalten oder abschaffen? Maurizio: «Ich finde das Thema interessant. Die Damen sind seit vielen Jahren fester Bestandteil der Formel 1, und ich schätze, Ross Brawn hätte Komplexeres und Wichtigeres, um das er sich kümmern müsste.»

Etwa um die Formel Gähn wie beim WM-Finale von Abu Dhabi. Arrivabene zum Thema fade Rennen: «Da müssen wir auch das Layout der Rennstrecken beachten. Wenn wir Abu Dhabi heranziehen, dann bezeichnen die meisten Piloten den Yas Marina Circuit als eine der langweiligsten Strecken, die sie kennen. Letztlich sind es die klassischen Rennstrecken, die am meisten Spektakel erzeugen.»

«Was könnten wir tun? Wir könnten zum Beispiel den Gebrauch des verstellbaren Heckflügels modifizieren. Wieso muss ein Fahrer teilweise eine Runde lang warten, bis er ihn benutzen kann? Der Pilot müsste doch ständig damit spielen können, das würde auch seine Begabung und seinen Mut hervorheben. Über so etwas müssen wir diskutieren, nicht über Grid-Girls!»

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