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Karl Wendlinger: «Ferrari hatte in Barcelona Angst»

Von Mathias Brunner
​In der Sendung «Sport & Talk aus dem Hangar-7» erklärt Karl Wendlinger (49) den Triumph von Mercedes-Star Lewis Hamilton in Barcelona und die schmerzliche Niederlage von Sebastian Vettel und Ferrari.

Der Kufsteiner Karl Wendlinger hat den Kontakt zur Formel 1 nie verloren. Von 1991 bis 1995 trat der Österreicher in der Königsklasse an, seither arbeitet er unter anderem für den ORF. In der Sendung «Sport & Talk aus dem Hangar-7» ist der Tiroler den Vorkommnissen beim Grossen Preis von Spanien auf den Grund gegangen.

Der 49jährige Österreicher meint: «Mich hat das Wochenende in Spanien ein wenig an jenes von Australien erinnert. In Melbourne hätte Lewis Hamilton das Rennen ohne den Lapsus von Mercedes in der Safety-Car-Phase locker gewonnen. Nachher lief es nicht so gut. Jetzt scheint er wieder zurück zu sein. Er hat in Spanien die Pole-Position herausgefahren und fuhr im Schongang zum Sieg. Mercedes hat das optimal hinbekommen.»

«Der Hauptgrund für die starke Darbietung von Mercedes: Sie haben ihre Daten aus den acht Tagen Wintertests optimal genutzt und ihr Auto perfekt auf diese Rennstrecke getrimmt. Sie kamen auch mit dem neuen Pirelli-Reifen sehr gut zurecht.»

Aufreger im Spanien-GP: Romain Grosjean löst mit seinem Dreher eine Kollision mit Nico Hülkenberg und Pierre Gasly aus. Karl Wendlinger meint: «Magnussen hatte einen leichten Rutscher vor Grosjean. Romain wollte wohl auf dem Gas bleiben, um nicht seitlich von der Bahn zu rutschen und im Kiesbett zu enden. Aber natürlich war das brandgefährlich. Er stellte quasi eine Mauer aus Gummirauch auf, da siehst du dahinter absolut nichts, da flogen Räder und Teile, das war wirklich haarig. Als Verfolger reagierst du intuitiv, du musst irgendwie vorbei, das kann gutgehen oder schief.»

«Mich wundert ein wenig, wie ruhig das Team beim Fall Grosjean ist. Denn es ist jetzt schon Einiges passiert. Über Baku würde ich als Rennfahrer nie lachen, da hat Grosjean den Wagen in der Safety-Car-Phase aus der Kontrolle verloren. Das kann mit kalten Reifen passieren, aber es sollte nicht. Vor allem nicht, wenn eine gute Platzierung lockt. Ich könnte mir vorstellen, dass Gene Haas mit ihm ein paar ernste Worte wechselt.»

Sebastian Vettel wurde in Spanien nur Vierter, der Rückstand auf WM-Leader Hamilton ist auf 17 Punkte angewachsen. Karl Wendlinger weiss: «Der Start von Vettel war sehr gut, danach hatte er Mercedes-Fahrer Valtteri Bottas eigentlich im Griff. Er lag locker vor dem Finnen, immer so um eineinhalb Sekunden, dennoch haben sie ihn relativ früh an die Box geholt. Bei Ferrari war die Angst riesengross, dass die Reifen nicht halten. Bevor die Walzen komplett in den Keller gehen, suchten sie ihr Glück in einer Zweistoppstrategie. Ich glaube nicht, dass sie an einen Sieg glaubten, wohl aber an den dritten Platz.»

«Die Reifen verhalten sich in jedem Rennen anders. Vettel fuhr in Bahrain zum Sieg mit einem extrem langen Rennteil, da haben die meisten Experten nicht geglaubt, dass er es ins Ziel schaffen würde. Ferrari hat in diesem Jahr ein tolles Auto, das auf jeder Art Strecke gut ist, auch beim Motor haben die Italiener zugelegt. Nun kam Ferrari nach Barcelona, und der Reifen hat nicht funktioniert. Ja man muss sogar so weit gehen und sagen – die Reifen war für einige der Sargnagel. Mal geht der Reifen, mal nicht. Das Wahnsinnige dabei: Die Formel-1-Rennställe haben Hunderte von Technikern, die alle versuchen, den Wagen schneller zu machen, aber letztlich kommt es dann nur auf eines an – kommst du ins beste Betriebsfenster der Reifen oder nicht. Schaffst du das nicht, kannst du alles vergessen.»

«So stark Ferrari ist, so passieren doch in den Rennen immer wieder Kleinigkeiten, die gute Ergebnisse kosten. In Spanien gingen bei Vettel wichtige Sekunden verloren, daher hatte am Ende Verstappen im Kampf um den dritten Platz die Nase vorne.»

Apropos Verstappen: Der Niederländer hatte grosses Glück, dass er Dritter wurde, trotz kaputten Frontflügels, den er sich am Williams von Stroll beschädigte. Wendlinger tadelt: «Max geht manchmal etwas leichtfertig mit seinem Talent um. Wenn so viele Teile vom Flügel wegfallen, ist das Auto eigentlich unfahrbar. Aber er hat es irgendwie geschafft, den Renner wieder so in die Balance zu bringen, dass er nicht nur ins Ziel kam, sondern auch einen Podestplatz herausfuhr.»

«Der Frontflügel bestimmt, wie die Luft um das Auto herum fliesst. Wenn die Endplatte fehlt, verlierst du Abtrieb auf der Vorderachse. Ich kann mir nur vorstellen, dass die abbauenden Hinterreifen weniger Haftung boten. Würde die Vorderachse jetzt normal arbeiten, dann würde der Wagen anfangen zu übersteuern. Ich schätze, die nicht mehr perfekt arbeitende Vorderachse hat den Wagen wieder in die Balance gebracht. Aber ich habe schon gestaunt: Als ich sah, was da alles für Trümmer wegflogen, hätte ich das nicht für möglich gehalten. Jedes kleinste Flügelchen hat an diesem Auto ja seinen Sinn.»

«Ich sehe für den kommenden Grand Prix in Monaco ein ganz starkes Red Bull Racing. Das ist ein ganz anderer Kurs als in Spanien. Der enge dritte Sektor in Barcelona kommt Monte Carlo noch am nächsten – und da waren die RBR-Autos die schnellsten.»

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