Regeln lassen die MotoGP dumm aussehen

Helmut Marko: «Frist für die FIA läuft morgen ab»

Von Günther Wiesinger
Dr. Helmut Marko

Dr. Helmut Marko

Jene sieben Formel-1-Teams, die keinen Ferrari-Motor haben, überlegen wegen des Kuhhandels zwischen FIA und Ferrari eine Klage. Bisher blieb die FIA den Teams eine konkrete Erklärung schuldig.

Red Bull-Berater Dr. Helmut Marko verriet heute gegenüber SPEEDWEEK.com, man habe der FIA eine Frist gesetzt. Es geht um die Unregelmäßigkeiten um die verdächtig hohen Top-Speed-Werte bei den Antriebsheinheiten von Ferrari in der Saison 2019.

«Bisher gibt es nur das Schreiben des FIA World Councils, das genauso unbefriedigend ist», erklärte Dr. Marko, der gelernte Jurist. «In unserem Schreiben wurde die FIA aufgefordert, entsprechend zu antworten. Wir haben einen gewissen Stichtag genannt. Danach wird man die Geschichte weiterziehen. Denn man kann als Teambetreiber nicht akzeptieren, dass eine Unregelmäßigkeit festgestellt wird, diese aber relativ harmlos exekutiert wird. Unsere Deadline läuft morgen ab.»

Ferrari musste sich bekanntlich 2019 den Vorwurf gefallen lassen, das Team habe ein überaus cleveres System ausgetüftelt, wie die vorgeschriebene Benzinfluss-Regelung umgangen werden konnte, um auf der Rennstrecke kurzfristig mehr Leistung aus dem 1,6-Liter-V6-Turbomotor schöpfen zu können. Als die FIA-Regelhüter exaktere technische Direktiven für den Betrieb der Hybridmotoren veröffentlichten, löste sich der markante Top-Speed-Vorteil von Ferrari in Luft auf. Die Gegner mutmaßten, das könne kein Zufall sein.

Ferrari nannte als Ursache für den Rückgang der einst eindrucksvollen Top-Speed-Werte, man fahre jetzt mit mehr Abtrieb, um mehr Speed in den Kurven zu generieren. Dafür nahm man Speed-Nachteile auf den Geraden in Kauf.

Ferrari-Teamprinzipal Mattia Binotto beteuerte, ihr Motor sei zu jeder Zeit reglementkonform gewesen, es hätten zahlreiche Überprüfungen der FIA stattgefunden. Am Betrieb des Motors sei nie etwas geändert worden.

Kurz vor Schluss der Formel-1-Wintertests auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya platzte eine Bombe. Die FIA bestätigte das Vorhandensein eines merkwürdigen Abkommens mit der Scuderia Ferrari. Der Weltverband teilte mit, man habe mit Ferrari eine «private Einigung» getroffen, was die Wirkungsweise des 2019er- Motors der Italiener betrifft; die entsprechende Untersuchung sei abgeschlossen.

«Nach gründlicher technischer Untersuchung ist die Wirkungsweisen-Analyse der Antriebseinheit von Ferrari beendet. Dabei ist eine private Einigung mit dem Team geschlossen worden. Die Details dieses Abkommens bleiben vertraulich», lautet das merkwürdige FIA-Statement. Es wurden keine Strafen verhängt, keine Punkteabzüge ausgesprochen, nichts. Dank einer klandestinen «privaten Einigung.»

Das brachte die gegnerischen Teams auf die Barrikaden. Mercedes-Teamchef Toto Wolff sprach von einer «Riesensauerei». Red Bull-Berater Dr. Helmut Marko fand: «Der eigentliche Skandal ist das Verhalten der FIA. Wir müssten Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner anweisen, auf 24 Millionen Dollar Preisgeld zu klagen, die uns für Platz 2 in der Konstrukteurwertung zugestanden wären, hätte man Ferrari entsprechend bestraft. Es ist unglaublich, was über das Abkommen geschrieben wird.»

Es wird ein seltsamer und undurchschaubarer Kuhhandel zwischen dem Automobilverband und Ferrari vermutet.

Deshalb schickten die Rennställe Mercedes, McLaren, Racing Point, Red Bull Racing, Renault, Williams und AlphaTauri letzte Woche ein geharnischtes Statement an die Adresse der FIA. Der Wortlaut: «Die Unterzeichneten sind überrascht und schockiert von der FIA-Mitteilung. Eine Sportbehörde hat die Verpflichtung, in höchster Integrität und Offenheit zu herrschen. Wir sind strikt gegen ein vertrauliches Abkommen zwischen Ferrari und der FIA und fordern, dass in dieser Angelegenheit alles auf den Tisch kommt, um fairen Sport sicherzustellen. Wir fordern dies im Namen der Fans, der Teilnehmer und der Aktionäre der Formel 1.»

Die sieben Rennställe (die beiden Ferrari-Kunden Alfa Romeo und Haas wollten Ferrari nicht in den Rücken fallen) fordern vorläufig keine konkreten Sanktionen.

Dr. Marko: «Wir wollen zuerst einmal im Detail wissen: 'Was ist bei Ferrari festgestellt worden?' Es ist ja deutlich zum Ausdruck gekommen, dass Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden. Erst wenn wir diese Informationen haben, können wir über weitere Schritte beraten. Die sieben Teams sind der Ansicht, die FIA ist verpflichtet, den Inhalt der Vereinbarung mit Ferrari kundzutun – im Sinne des Sports. Sobald wir diese Antwort haben, geht die Geschichte weiter.»

Die sieben Formel-1-Teams haben einen Fragenkatalog an die FIA und FOM geschickt. «Bisher haben wir keine Antwort bekommen. Morgen ist die Deadline», betont Marko.

Der Weltverband gab bisher nur preis: «Die FIA hat eine detaillierte technische Analyse der Antriebseinheit von Ferrari durchgeführt, so wie sie das bei jedem Teilnehmer jederzeit machen kann. Die umfangreichen Untersuchungen während der Saison 2019 haben zum Verdacht geführt, dass der Motor von Ferrari nicht zu jeder Zeit innerhalb des Reglements der FIA arbeitet. Die Scuderia Ferrari beteuert das Gegenteil. Die FIA war nicht vollständig überzeugt, kam aber zum Schluss, dass ein weiteres Vorgehen nicht gezwungenermaßen zu einem schlüssigen Ergebnis führen würde – dies aufgrund der Komplexität der Materie und der Unmöglichkeit, einen unmissverständlichen Beweis für einen Regelverstoß zu finden.»

Der ehemalige Formel-1-Chef Bernie Ecclestone (89) empfahl den sieben Rennställen, rechtlich gegen die FIA vorzugehen.

«Unsere Vorwürfe richten sich nicht gegen ein anderes Team, sondern es geht um die technische Kontrolle der Formel 1 und in der Folge darum, wie Unregelmäßigkeiten durch die FIA geahndet werden», betonte Dr. Helmut Marko gegenüber SPEEDWEEK.com. «Ich erinnere daran, dass McLaren im Jahr 2007 nach dem Spionagefall ausgeschlossen wurde und 100 Millionen Strafe bezahlt musste.»

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