Räikkönen-Kenner Heikki Kulta: «Finnland war schnell»

Von Mathias Brunner
Heikki Kulta

Heikki Kulta

Heikki Kulta ist der führende GP-Journalist aus dem hohen Norden, auf Du mit Stars wie Häkkinen, Räikkönen und Bottas. Er spricht darüber, wieso die Coronakrise in Finnland nicht ganz so dramatisch verläuft.

SARS-CoV-2 verbreitet sich in zahlreichen europäischen Ländern mit unverminderter Vehemenz, die Zahlen aus Spanien (mehr als 65.000 Erkrankungen und 5138 Todesopfer) und Italien (mehr als 86.000 Covid-19-Fälle, 9134 Tote) sind besonders dramatisch.

Im Norden ist die Situation nicht ganz so dramatisch: Aus Finnland werden 1041 Fälle gemeldet, sieben Menschen verloren ihr Leben. In den Nachbarländern von Finnland sieht es so aus: In Schweden sind 3069 Menschen erkrankt, 105 sind verstorben; in Norwegen sind 3771 Erkrankungen aktenkundig, bei 19 Todesopfern; und in Russland gibt es angeblich 1046 Erkrankungen und vier Opfer.

Wir haben uns mit Heikki Kulta kurzgeschlossen, dem führenden Formel-1-Journalisten aus dem Norden. Wie erklärt sich der Finne die verhältnismässig moderate Ausbreitung des Virus in seiner Heimat? «Zunächst einmal sind wir ein eher kleines Land, und die junge Regierung hat überaus schnell Gegenmassnahmen ergriffen. Die Hauptstadt Helsinki ist am meisten betroffen, aber gemessen an Zahlen aus anderen Städten sind die viel weniger schlimm. Viele Menschen zudem leben bei uns weit draussen auf dem Land, das macht es für einen Virus schwieriger, sich zu verbreiten.»

«Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg hat die finnische Regierung vom Notrecht Gebrauch gemacht. Die Menschen wurden sehr früh angewiesen, sich zu isolieren. Das hat dazu geführt, dass sich der Virus nicht so explosionsartig verbreiten konnte wie in einigen südlichen Ländern. Wir hoffen hier, dass die Kurve an Neuerkrankungen bald abflacht.»

«Ich finde, unser Präsident Sauli Niinstö hat sehr gut gehandelt. Er hat vor allem den jungen Menschen ins Gewissen geredet, dass jetzt die Zeit gekommen ist, die Älteren zu schützen, ihnen aber auch zu helfen. Es gibt unzählige Hilfsgruppen, die gebildet worden sind, sie bringen alleine lebenden, älteren Staatsbürgern Essen und Medikamente.»

«Wir sind in der glücklichen Lage, dass Finnland über ein sehr hochstehendes Gesundheitssystem verfügt. In diesen Zeiten wird klar, dass es der Bedrohung Corona gut widersteht, auch dank der erwähnten Sofortmassnahmen der Regierung.»

«Haben wir das alles zu wenig ernst genommen? Im Nachhinein ist es immer leicht, so etwas zu sagen. Aber selbst bei unseren disziplinierten Bürgern wäre es vor zwei Monaten schwer vorstellbar gewesen, dass wir so strenge Richtlinien erlassen.»

«Ich selber bin ein wenig übervorsichtig, was Krankheiten angeht. Wenn wir früher eine Grippewelle hatten, habe ich schon damals versucht, auf Distanz zu gehen. Seit Ende 2019 bin ich offiziell im Ruhestand, aber ich schreibe noch immer über Formel-1-Rennen und verfasse Bücher. Normalerweise würde ich jetzt zu Grands Prix reisen.»

«Ich verbringe meine Zeit, indem ich mich um kommende Projekte kümmere, das ist gut, um nicht ständig an Corona denken zu müssen. Ich höre Musik, ich gehe mehrmals am Tag mit dem Hund ums Haus, ich schaue Western-Filme, ich geniesse die Zeit mit meiner Frau. Das Wetter ist noch kühl, aber die Natur erwacht langsam. Es mangelt uns an nichts. Wenn mir überhaupt etwas schwerfällt, dann das Unwissen, wie lange das alles noch dauert.»

«Zwei meiner drei Töchter leben ganz in der Nähe. Wir verzichten aus naheliegenden Gründen auf Besuche, aber wir telefonieren jeden Tag. Am meisten fehlt uns der zweijährige Enkel, der jetzt langsam sprechen lernt.»

«Wir sind in Finnland guter Dinge, dass die Zahl an Erkrankungen bald zurückgeht. Wir bleiben als Volk ruhig und sind zuversichtlich, dass unsere Regierung das Richtige tut.»

«Was nationale Rennstrecken angeht, hat Corona wenig Auswirkungen. Die meisten Anlagen sind zu diesem Zeitpunkt des Jahres ohnehin noch geschlossen. Der nationale Rennsport wird leiden – solche Zeiten sind für alle hart, die nach Sponsoren suchen. Je länger diese Krise anhält, desto schwieriger wird es.»

«Natürlich frage auch ich mich, wann wir wieder Formel-1-Rennen geniessen können. Aber wer weiss das schon? Vielleicht Ende August in Belgien.»

Der gegenwärtige Formel-1-Kalender 2020

14. Juni: Montreal, Circuit Gilles Villeneuve/CDN
28. Juni: Le Castellet, Circuit Paul Ricard/F
05. Juli: Spielberg, Red Bull Ring/A
19. Juli: Silverstone, Silverstone Circuit/GB
02. August: Mogyoród bei Budapest, Hungaroring/H
30. August: Francorchamps, Circuit de Spa-Francorchamps/B
06. September: Monza, Autodromo Nazionale/I
20. September: Singapur, Marina Bay Street Circuit/SGP
27. September: Sotschi, Sochi Autodrom/RUS
11. Oktober: Suzuka, Suzuka Circuit/J
25. Oktober: Austin, Circuit of the Americas/USA
1. November: Mexico City, Autódromo Hermanos Rodríguez/MEX
15. November: São Paulo, Autódromo José Carlos Pace/BR
29. November: Abu Dhabi, Yas Marina Circuit/UAE

Ohne neuen Termin
Shanghai, Shanghai International Circuit/RCH
Melbourne, Albert Park Circuit/AUS
Bahrain, Bahrain International Circuit/BRN
Hanoi, Street Circuit Hanoi/VN
Zandvoort, Circuit Park Zandvoort/NL
Montmeló bei Barcelona, Circuit de Barcelona-Catalunya/E
Aserbaidschan, Baku City Circuit/AZ

Abgesagt
Monte Carlo, Circuit de Monaco/MC

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