Formel 1: Carlos Sainz zurück zu Ferrari?

Rote Karte! 20 Fahrer wurden in der Formel 1 gesperrt

Von Mathias Brunner
Wird in der GP-Saison 2022 ein Fahrer nach zu vielen Verstössen zuschauen müssen? Das hat es seit bald zehn Jahren im GP-Sport nicht mehr gegeben, kam aber öfter vor als wir geglaubt hätten.

An der Schwelle zu einer Formel 1 mit komplett neuen Rennwagen gehen zahlreiche Piloten belastet in die GP-Saison 2022, am meisten Strafpunkte haben derzeit Yuki Tsunoda, Sergio Pérez und Max Verstappen. Der Japaner erhielt im Laufe der vergangenen zwölf Monate acht Strafpunkte, der Mexikaner und der Niederländer je sieben.

Aber diese drei Piloten müssten sich schon zu zahlreichen weiteren Fouls hinreissen lassen, um für ein Rennen gesperrt zu werden, und das ist seit bald zehn Jahren nicht mehr vorgekommen. Hätten Sie noch gewusst, wen es damals traf?

In Belgien 2012 fuhr der Genfer Romain Grosjean zum Grossen Preis von Belgien los, als würde in Spa-Francorchamps die Zielflagge schon nach wenigen hundert Metern gezeigt. Er räumte in der ersten Kurve die Weltmeister Lewis Hamilton und Fernando Alonso ab, auch Sergio Pérez wurde aus dem Rennen gerissen.

Der Lotus von Grosjean schrammte beim furchteinflössenden Unfall um Haaresbreite am Helm des damaligen Ferrari-Stars Alonso vorbei. Haasträubenden Unfälle wie dieser führten dazu, dass beim Autoverband FIA über die Einführung eines Kopfschutzes nachgedacht wurde. Den haben wir seit 2018, er heisst Halo (Heiligenschein). Grosjean musste beim folgenden Rennen in Monza zusehen.

Ein Blick in die Historie der Königsklasse zeigt: Fahrer mussten in der Formel-1-WM immer wieder gesperrt werden, teilweise aus skurrilen Gründen. Hier eine kleine Aufstellung von Hitzköpfen, Versagern und Schlitzohren.

Yuji Ide 2006
Fiel in den ersten WM-Läufen der Saison 2006 durch ungleichmässige Fahrweise auf. Das Fass zum Überlaufen brachte der Crash zwischen Ide und Minardi-Fahrer Christijan Albers, dessen Auto sich in Imola überschlug. Nach zahlreichen Beschwerden weiterer Fahrer entzog der Autoverband FIA dem Japaner die Superlizenz.

Jenson Button und Takuma Sato 2005
In Imola waren die beiden BAR-Honda-Renner untergewichtig unterwegs gewesen, der Engländer und der Japaner mussten zur Strafe bei den zwei folgenden Rennen in Monaco und Spanien zuschauen. Besonders bitter: BAR-Hauptsponsor British American Tobacco hatte zum Prestige-GP von Monte Carlo Hunderte von Gästen eingeladen – die keines ihrer Autos zu sehen erhielten.

Michael Schumacher 1994
Während der Einführungsrunde zum britischen Grand Prix in Silverstone zog Schumi zwei Mal an seinem Erzrivalen Damon Hill vorbei. Dafür erhielt er eine Stop-and-go-Strafe. Später sass er die zwar ab, liess seinen Wagen aber unmittelbar vor Absitzen der Strafe auftanken. Das war verboten. Die anschliessende schwarze Flagge, mit dem er aus dem Rennen geholt werden sollte, ignorierte der Benetton-Fahrer rundenlang. Daraufhin wurde er von der FIA für die Grands Prix in Monza und Estoril gesperrt, die WM-Entscheidung fiel erst beim dramatischen Finale von Adelaide.

Mika Häkkinen 1994
Der Finne löste nach dem Start zum Deutschland-GP in Hockenheim eine Massenkarambolage aus und musste zur Strafe in Ungarn zuschauen.

Eddie Irvine 1994
War ganz schön was los in der Saison 1994, nicht wahr? Jordan-Fahrer Irvine galt aus Auslöser eines Crashes mit Jos Verstappen, Eric Bernard und Martin Brundle in Interlagos, bei dem sich der Wagen des Niederländers überschlug. Irvine wurde für die Rennen in Japan, Italien und Monaco gesperrt.

Nigel Mansell 1989
Der damalige Ferrari-Fahrer schoss beim Boxenstopp über seine Markierung hinaus, legte den Rückwärtsgang ein und setzte zurück. Das ist auch heute noch ein Gehtgarnicht. Nachdem «il leone» wieder auf die Bahn geschossen war, wurde ihm die schwarze Flagge gezeigt. Was den Engländer nicht daran hinderte, noch rasch McLaren-Star Ayrton Senna von der Bahn zu räumen. Daraufhin musste Mansell in Jerez zuschauen. Nigel war so sauer, dass er mit Rücktritt drohte.

Emilio de Villota 1981
Um das Interesse für ihr Rennen von Jarama ausserhalb von Madrid anzukurbeln, wollten die Organisatoren des Spanien-GP den Madrilenen Emilio de Villota mitfahren lassen. Nur war inzwischen das so genannte Concorde-Abkommen in Kraft getreten, die erste Version der Formel-1-Verfassung, welche die sportlichen und wirtschaftlichen Zusammehänge im Dreieck Verband, Rennställe und Formel-1-Management regelt. Und der sah vor: kein Start mehr für Privatfahrer. Pech für de Villota.

Ricardo Londono 1981
Gemäss Marc Surer tauchte der Kolumbianer mit einem Koffer voller Geld zweifelhafter Herkunft auf und wollte Formel 1 fahren. Die Regelhüter fanden das keine sonderlich gute Idee und verweigerten ihm mangels Rennerfahrung den Start. Für Ensign und Surer war das ein Segen – in Rio fuhr der Basler das Rennen seines Lebens, er wurde Vierter und fuhr die schnellste Rennrunde. Londono wurde 2009 in Kolumbien erschossen. Die Umstände wurden nie geklärt.

Riccardo Patrese 1978
Der Italiener wurde von den anderen Piloten für den Start-Crash von Monza verantwortlich gemacht, bei dem sich Ronnie Peterson Beinbrüche zuzog. In der Nacht auf Montag erlag der Schwede einer Fettembolie. Die Fahrer machten so viel Druck, bis die Organisatoren des USA-GP in Watkins Glen Patrese mit einer Rennsperre belegten. Patrese sprach bei einem amerikanischen Richter vor, der ihm sagte – ohne Einwilligung der FIA geht das nicht. Aber Arrows-Teamchef Jackie Oliver knickte ein, er wollte sich mit den Mächtigen des Sports nicht anlegen und zog die Nennung des Italieners zurück. Video-Aufnahmen belegten später, dass Patrese für den Unfall von Peterson nicht alleine verantwortlich gemacht werden konnte.

Hans Heyer 1977
Heyer hatte sich für den Grossen Preis von Deutschland nicht qualifizieren können. 30 Fahrer hatten trainiert, 24 waren für den Start berechtigt, aber Heyer war im ATS-Penske nur auf Quali-Platz 27 gelandet. Das hielt den schlauen Hans nicht von einem gewagten Plan ab: «Ich habe mein Auto an einer strategisch günstigen Stelle platziert und gewartet. Die Grid-Girls waren damals Gokart-Fahrerinnen, und ich kannte die meisten von ihnen gut. Ich sagte: ‘Mädels, wenn ihr von der Startaufstellung zurückkommt, dann stellt euch um mein Auto herum und gebt mir Sichtschutz.’» Gesagt, getan: Das Feld ging auf die Reise, kurz darauf bog – zum Gaudi der Fans – nach Hans Stuck im Brabham-Alfa und Jochen Mass im McLaren-Ford ein dritter deutscher Fahrer auf die Bahn ein! Die Rennleitung war so baff, dass es eine Weile dauerte, bis ihnen dämmerte: Da fährt einer, der gar nicht fahren sollte. Noch bevor die schwarze Flagge ausgerollt werden konnte, rollte der Penske aus – Getriebdefekt. Später ist Hans Heyer vom Autoverband mit einer GP-Sperre belegt worden. Das hat den Schelm herzlich wenig gestört, denn weitere Formel-1-Starts waren ohnehin nicht geplant.

Otto Stuppacher und Karl Oppitzhauser 1976
Die beiden Österreicher wurden nicht zum Training auf dem Österreichring zugelassen. Stuppacher startete sogar eine Unterschriftenaktion unter den anderen Piloten, aber der Veranstalter blieb hart – zu wenig Erfahrung. Der Privatfahrer hatte mit seinem Tyrrell dann Pech. In Monza durfte Stuppacher tatsächlich fahren, war aber zu langsam. Also reiste er vor dem Rennen ab. Nach dem Qualifying wurde in den Autos von Hunt, Mass und Watson angeblich illegaler Sprit gefunden, Stuppacher wäre daher auf den startberechtigten 26. Rang hochgerückt! Leider war er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Monza.

Lella Lombardi 1976
Die Italienerin stand auf einmal ohne Auto da, weil der Tessiner Loris Kessel ihren RAM-Brabham beschlagnahmen liess. Grund war ein Streit zwischen dem Schweizer und RAM-Teamchef John Macdonald um Sponsorgeld von Tissot.

Jean-Pierre Beltoise 1971
Beim 1000-km-Rennen von Buenos Aires hatte der Franzose seinen spritlosen Matra über die Bahn geschoben, das war Auslöser des tödlichen Unfalls von Ignazio Giunzi (Ferrari). Die französische Rennsportbehörde entzog ihm die Lizenz, später zog die FIA nach. Beltoise verpasste einige Grands Prix.

Mario Andretti und Bobby Unser 1968
Die beiden Indy-Asse trainierten für den Grossen Preis von Italien in Monza, dann flogen sie zum Hoosier 100 nach Amerika. Die Rückkehr nach Italien war nutzlos – die Offiziellen kramten eine Regel hervor, dass man nicht zwei Rennen innerhalb von 24 Stunden bestreiten darf.

Archie Scott-Brown 1956
Selbst die fehlende rechte Hand und ein verkrüppelter Fuss konnten den Mann mit dem grossen Kämpferherzen nicht an Sportwagen-Erfolgen abhalten. Beim britischen Grand Prix durfte er antreten, aber eine internationale Lizenz zum Start in Monza erhielt er nicht.

Ken Richardson 1951
Richardson war Testfahrer des ehrfurchtgebietenden V16-Renner von BRM, was einer Löwenbändigung gleichkam. In Monza wollte er sein Renndebüt geben. Mit Startplatz 10 sah das nicht übel aus. Bis die Italiener merkten, dass Richardson die notwendige Rennlizenz gar nicht besitzt. Er wurde gesperrt und trat nie wieder zu einem WM-Lauf an.

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