Training in Miami: Leclerc (Ferrari) 1., Bottas-Crash
Die ersten Formel-1-Trainingsminuten in Südflorida seit Sebring 1959 bedeuteten nicht nur Neuland für die Fahrer im Miami International Autodrome, sie bedeuteten auch für die Rennställe die Möglichkeit, die neuen Teile auszuprobieren. Im Fokus: Neuer Heckflügel am Ferrari für mehr Top-Speed, neuer Front- und Heckflügel am Mercedes, dazu ein neuer Unterboden. Bei Ferrari geht es darum, so schnell auf den Geraden zu werden wie das Auto von Red Bull Racing, bei Mercedes geht’s darum, dem gefürchteten Bouncing oder Porpoising endlich beizukommen, dieser Hüpfbewegung unter aerodynamischer Volllast. Der RBR-Renner fährt in Miami in der Spezifikation Imola.
Ex-GP-Pilot Martin Brundle über die neue Bahn von Miami: «Generell haben die Amerikaner hier einen tollen Job gemacht, mit einer sehr anspruchsvollen Bahn und sehr unterschiedlichen Kurven. Ich bin sehr gespannt darauf zu sehen, wie die Fahrer mit dieser Strecke zurechtkommen.»
Formel-1-Champion Jenson Button erwartete: «Mich erinnert das alles an Saudi-Arabien, was das Pistenlayout angeht, aber wir haben mehr langsame Passagen als in Dschidda. Das wird erneut ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Ferrari und Red Bull Racing.»
Bei 34 Grad Lufttemperatur und 55 Grad Pistentemperatur gab es früh einen heissen Moment in der Boxengasse: George Russell konnte zum Glück bremsen, als vor ihm Esteban Ocon aus der Box geschossen kam. Die FIA sah sich das ein wenig genauer an. Auf der Strecke kamen sich Ricciardo und Schumacher in die Quere, die Rennpolizei teilte mit – das wird nach dem Training untersucht. Der junge Mick war auf der Geraden vom dahingondelnden Ricciardo überrascht worden. Die Fahrer werden bei den Offiziellen erscheinen müssen.
Später eine weitere Szene, dieses Mal zwischen Schumacher und Sainz, der sich vom Deutschen aufgehalten fühlte. Auch hier teilte die FIA mit: Das sehen wir uns im Detail an.
Früh fiel auf: Obschon die Bahn so neu ist, wurde kaum Staub aufgewirbelt, die Amerikaner hatten den Belag mehrfach hochstrahlgereinigt. Das machte sich nun bezahlt. Auch bemerkenswert – keine Renner vom Rahmenprogramm waren vor den GP-Autos auf der Bahn. Jenson Button: «Die Bahn baut sofort recht gute Haftung auf.»
Erster Fahrer neben der Bahn: Alfa Romeo-Fahrer Guanyu Zhou, aber der Chinese konnte weitermachen. Auch Red Bull Racing-Pilot Sergio Pérez kam kurz vom Weg ab. Weltmeister Max Verstappen raspelte am Ausgang von Kurve 16 Farbe von der Wand. Dann drehte sich sein WM-Rivale Charles Leclerc in Kurve 1, auch Yuki Tsunoda hatte einen Dreher.
WM-Leader Leclerc fährt in Miami übrigens mit neuem Motor, neuem Turbo und neuen Generatoren MGU-H und MGU-K. Carlos Sainz hatte in Imola einen neuen Motor erhalten.
Stand nach einer Viertelstunde: beide Ferrari vorne (Sainz vor Leclerc), dann Verstappen, Gasly, Russell und Bottas, Lewis Hamilton auf Platz 9.
Ein frühes Problem mit der Aufhängung am Haas-Renner von Mick konnte zum Glück behoben werden.
Stand nach einer halben Stunde: Sainz vor Pérez, Leclerc, Russell und Verstappen, Hamilton auf Platz 6.
Aston Martin-Fahrer Lance Stroll erhielt die schwarz-weisse Flagge gezeigt: letzte Warnung wegen Überfahrens der weissen Linie bei der Boxeneinfahrt. Einmal mehr und es würde eine Strafe für den Kanadier geben. Kurz darauf erhielt Sebastian Vettel die gleiche Warnung.
Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner gab zu: «Das Auto von Max läuft zu heiss. Das müssen wir uns ansehen.» Zunächst war der Verdacht, dass sich vielleicht eine Plastiktüte in den Kühleinlass der Seitenkästen verirrt hatte.
Horner: «Diese Strecke ist für mich wie eine Mischung aus Dschidda und Baku, und in Saudi-Arabien waren wir schneller als Ferrari. Nun haben die Italiener mit einem neuen Flügel reagiert, mal sehen, wie sich das auswirken wird.»
Nach 35 Minuten rote Flagge: Valtteri Bottas hatte seinen Alfa Romeo mit weichen Pirelli-Reifen und auf einer schnellen Runde aus der Kontrolle verloren und war in Kurve 7 rückwärts eingeschlagen. Der Finne entschuldigte sich zerknirscht am Funk. Urteil von Jenson Button: «Der Finne war zu spät auf der Bremse.» Bottas damit der erste Fahrer in Miami in der Pistenbegrenzung.
Nach neun Minuten Pause gingen 19 Autos wieder auf die Bahn, Ingenieure und Fahrer auf der Suche nach dem idealen Kompromiss zwischen gutem Speed auf den Geraden, ohne aber zu viel Abtrieb in den Kurven herschenken zu müssen.
Dann ein Dreher von Carlos Sainz wegen eines schleichenden Plattfusses rechts vorne am Ferrari. Der Madrilene konnte von Glück reden, nicht in eine Mauer einzuschlagen.
Verstappen fuhr zehn Minuten vor Schluss neue Bestzeit, vor George Russell im Mercedes und dem verblüffenden Alex Albon im Williams. Leclerc war auf dem Weg zur Bestzeit, musste aber seine Runde abbrechen. Dann brachte Charles Leclerc endlich eine gute Runde zusammen – neue Bestzeit, vor Russel, Verstappen, Pérez, Gasly, Sainz, Albon, Hamilton, Magnussen und Ricciardo.
1. Training, Miami
01. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 1:31,098 min
02. George Russell (GB), Mercedes, 1:31,169
03. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:31,277
04. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing, 1:31,301
05. Pierre Gasly (F), AlphaTauri, 1:31,498
06. Carlos Sainz (E), Ferrari, 1:31,528
07. Alexander Albon (T), Williams, 1:31,854
08. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 1:31,956
09. Kevin Magnussen (DK), Haas, 1:32,559
10. Daniel Ricciardo (AUS), McLaren, 1:32,592
11. Lando Norris (GB), McLaren, 1:32,615
12. Fernando Alonso (E), Alpine, 1:32,884
13. Guanyu Zhou (RC), Alfa Romeo, 1:33,020
14. Sebastian Vettel (D), Aston Martin, 1:33,024
15. Esteban Ocon (F), Alpine, 1:33,417
16. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, 1:33,576
17. Valtteri Bottas (FIN), Alfa Romeo, 1:33,773
18. Yuki Tsunoda (J), AlphaTauri, 1:34,043
19. Mick Schumacher (D), Haas, 1:34,945
20. Nicholas Latifi (CDN), Williams, 1:35,637