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Aus für Verbrennungsmotor: Rennsport nur elektrisch?

Von Günther Wiesinger
Start zum Grossen Preis von Spanien 2022 – mit Turbohybrid-Motoren

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Im EU-Parlament wird ein Verbot von Verbrennungsmotoren für 2035 diskutiert. Sollte dieser Plan umgesetzt werden, gerät der Motorsport in Gefahr. Denn Elektro-Serien locken bisher keinen Hund hinter dem Ofen hervor.

Wie lange werden die Behörden noch Motorsport-Wettbewerbe mit den herkömmlichen Verbrennungsmotoren erlauben? Diese Frage beschäftigt die Werke, die Teams, die Fahrer, die Fans und die Veranstalter und Rennstreckenbetreiber auf der ganzen Welt seit einigen Jahren. Die «Formula One Group» hat 2001 vom Autosport-Weltverband FIA die kommerziellen Rechte an der Formel 1 bis ins Jahr 2101 erhalten, dieser 100-Jahre-Vertrag wurde im Januar 2017 vom US-amerikanischen Medienunternehmen Liberty Media übernommen. Aber wie lange das aktuelle Geschäftsmodell noch tragfähig ist, bleibt offen.

KTM-Firmenchef Stefan Pierer nennt triftige Gründe, warum die Verbrenner in der MotoGP noch «ewig» weiterbestehen werden. «Zumindest bis 2035», versicherte der Österreicher im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Die E-Mobility ist Schwachsinn», ergänzte er.

Die spanische Unternehmen Dorna Sports S.L. besitzt die kommerziellen Rechte an der MotoGP bis 2041 und an der Superbike-WM bis 2036. Die Dorna betreibt sicherheitshalber im Rahmen von sieben Europa-GP in diesem Jahr jeweils zwei Rennen für den MotoE-Weltcup mit Einheits-Motorrädern von Energica Ego Corsa. Diese schadstoffarme Elektro-Meisterschaft existiert seit 2019, In der Saison 2023 wird erstmals mit Ducati-Motorrädern gefahren.

Die Féderation Internationale de l’Automobile (FIA) hat im Automobilsport die Formel E schon vier Jahre früher ins Leben gerufen. Es fahren derzeit elf Teams mit 22 Fahrern.

Die Idee für eine rein elektrische Straßenrennserie begann mit ein paar gekritzelten Notizen auf einer Serviette. Am Abend des 3. März 2011 trafen sich FIA-Präsident Jean Todt und der spanische Geschäftsmann und spätere Formula E-Vorsitzende Alejandro Agag in einem Restaurant in Paris und brachten ihre Ideen mit nur wenigen Worten zu Papier, was sich zur ersten rein elektrischen internationalen Formel-Meisterschaft der Welt entwickeln sollte.

Die Gründungsmission der Formula E bestand darin, mit namhaften Rennfahrern und Teams Rennen auf GP-Pisten zu fahren. Es kamen aber keine Zuschauer, also wurden die Rennen in die Straßen der berühmtesten Städte der Welt gebracht, um die Möglichkeiten nachhaltiger Mobilität zu demonstrieren und Elektrofahrzeuge ins öffentliche Bewusstsein zu rücken – für eine bessere, saubere Welt.

Seit dem Debüt auf dem Gelände des Olympiaparks in Peking im Jahr 2014 hat sich die Formula E zu einer globalen Marke entwickelt, aber die Teams und Hersteller kommen und gehen, es lassen sich nur mit Mühe genug Schauplätze für die Serie finden.

In der Formel 1 existiert bereits seit 2014 ein neues Motoren-Reglement mit Hybrid-Motoren, während in der MotoGP für 2027 die Verwendung von 100 Prozent synthetischen Treibstoff («Bio Fuel») vorgeschrieben ist. 2024 soll dem MotoGP-Kraftstoff 40 Prozent Bio Fuel beigemischt werden.

In der Formel 1 beträgt der Anteil Bio-Kraftstoff 2022 zwanzig Prozent, bis 2025 wird komplett auf synthetischen Treibstoff umgestellt. 2026 kommt die nächste Motorgeneration. Dabei wird die bisherige Leistung von rund 1000 PS beibehalten, die Leistung der Elektro-Komponenten allerdings verdreifacht, von rund 160 PS auf fast 480 PS.

Eine rein elektrische Formel 1 kann sich Ferrari-Teamchef Mattia Binotto nicht vorstellen: «Die Formel 1 kann nicht voll elektrisch sein, weil das die Formel E bereits ist.»

Der damalige FIA-Präsident Jean Todt sagte zu diesem Thema Ende 2019: «Ich kann mir eine rein elektrische Formel 1 nicht vorstellen, für mich ist die Königsklasse nur mit einem Hybridmotor denkbar. Ich glaube auch nicht, dass die Formel E eines Tages die Formel 1 ablösen wird.»

Formel-1-Weltmeister Jenson Button findet: «Die Formel 1 muss die Spitze des Motorsports bleiben – mit den besten Fahrern der Welt, mit einer Reihe Autoherstellern, die hier ihre Expertise in die Auslage stellen. Aber würden wir nun umstellen auf komplette Elektrik, dann erhielten wir sehr schwere Autos, und das wäre der falsche Weg. Wir müssten uns vom Format eines Zweistunden-GP verabschieden, denn um genügend Batterie-Power für ein solches Rennen zu haben, müssten die Autos so gross sein wie ein SUV! Also kann ich mir das in naher Zukunft kaum vorstellen.»

Ab 2035 keine Treibhausgase mehr erlaubt?

Wann es den «internal combustion engines» (ICE oder IC engine) im Motorsport endgültig an den Kragen gehen wird, bleibt abzuwarten.

Nachdem etliche Automobilhersteller wie Volvo und Porsche schon 2020 den Verkauf von Diesel-Fahrzeugen eingestellt haben und zum Beispiel die Volkswagen-Gruppe die Herstellung von Verbrennungsmotoren schon einmal voreilig für 2030 angekündigt hat, will das EU-Parlament den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren ab 2035 verbieten. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch in Straßburg dafür, dass Hersteller ab Mitte des nächsten Jahrzehnts nur noch Autos und Transporter auf den Markt bringen dürfen, die keine klimaschädlichen Treibhausgase ausstoßen.

Dr. Herbert Diess, der Vorstandsvorsitzende von VW, hat im Winter einen Rückzieher gemacht und durchblicken lassen, das Ende der Verbrenner würden nicht die Behörden beschließen, sondern dieses Datum werde von der Nachfrage der Kunden diktiert werden. Vorher hatte er ein Ende der «IC engines» für ca. 2030 prophezeit. Aber diese Aussagen musste er binnen weniger Tage revidieren, weil sie bei den Importeuren und Händlern für Unruhe sorgte und potenzielle Käufer von Verbrennern abschreckte.

Bevor eine solche Regelung zum Verkaufsverbot von Verbrennern in Kraft treten kann, muss das Parlament noch mit den EU-Staaten verhandeln. Ende Juni wollen die EU-Mitgliedstaaten ihre Position zu dem Verbot für den Verkauf von Benzin- und Dieselautos festlegen. Dann müssen die beiden EU-Institutionen noch einen Kompromiss finden, damit das Verbot wirksam werden kann.

In Deutschland ist der Absatz bei Elektro-Pkw nach einem Einbruch im April wieder gestiegen. Im Mai 2022 wurden 8,9 Prozent mehr E-Autos als im Vergleichsmonat des Vorjahrs neu zugelassen. Der Anteil von Elektroautos an den gesamten Neuzulassungen lag bei 14,1 Prozent. Plug-in-Hybride hatten einen Marktanteil von 11,2 Prozent.

In Österreich sind momentan 5,1 Millionen Pkws zugelassen, davon knapp 86.000 Elektroautos.

In der Schweiz ist der Bestand der Strassenmotorfahrzeuge (ohne Motorfahrräder) zwischen den Jahren 2000 und 2021 um 38 Prozent auf 6,3 Millionen angestiegen. Rund drei Viertel davon sind Personenwagen, wobei seit einiger Zeit ein Trend hin zu Fahrzeugen mit Hybrid- oder Elektro-Antrieb besteht. Reine Elektroautos waren 2021 etwa 70.200 angemeldet und in Betrieb, was einem Anteil an den Personenwagen von 1,5 Prozent entsprach. Am höchsten war die Elektro-Quote mit 3,1 Prozent im Kanton Zug.

im Jahr 2020 lag in der Schweiz der Anteil der Personenwagen mit Elektroantrieb am gesamten Pkw-Bestand noch bei 0,93 Prozent. Der Anteil der Elektrowagen steigt zwar seit 2010 kontinuierlich. Insgesamt waren aber 2019 in der Schweiz nur ca. 43.400 elektrisch betriebene Personenkraftwagen für den Straßenverkehr zugelassen.

Nach geltenden EU-Vorgaben darf die Neuwagenflotte eines Automobilkonzerns seit 2020 im Schnitt noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Die Abgeordneten sprachen sich nun dafür aus, ab 2035 nur noch Neuwagen zuzulassen, die gar keine Treibhausgase ausstoßen, weil sie hauptverantwortlich für die Erhitzung des Planeten sind. Ziel ist nun eine starke Umstellung auf Elektromobilität.

Die EU-Abgeordneten plädierte dafür, dass keine klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffe angerechnet werden können. Mit diesen könnte ein klassischer Verbrenner klimaneutral betrieben werden. Kritiker befürchten jedoch, dass es von diesem «Bio Fuel» schon zu wenig für Luft- und Schifffahrt gibt, die weniger leicht als Autos oder Transporter elektrisch betrieben werden können.

Abgeordnete der konservativen EVP-Fraktion wollten mit Änderungsanträgen erreichen, die Flottengrenzwerte für Privat-Pkws und kleine Nutzfahrzeuge bis 2035 nur um 90 Prozent zu senken. Dieser Vorschlag wurde jedoch vom Plenum abgelehnt. Die Grünen im EU-Parlament hätten gerne ein Zwischenziel von einer Reduzierung um 40 Prozent bis 2027 eingefügt.

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