Zhou-Physio Leberer: «Es waren lange, bange Minuten»
Josef Leberer
Er gehört seit 34 Jahren zur Formel-1-Community, ist dort längst eine Institution: Josef Leberer, 62, Salzburger Bauernsohn und als «Schüler» von Willi Dungl 1988 als Physiotherapeut zu McLaren (Senna/Prost) gekommen.
Nach Stationen bei Williams und wieder McLaren ist er seit 1997 das neben Teammanager Beat Zehnder dienstälteste Mitglied im Sauber-Team, das ja nun Alfa Romeo heißt. Und Leberer war Sonntag beim Rennstart in Silverstone besonders entsetzt über den Startunfall, herrschte doch länger Ungewissheit über seinen Schützling Zhou Guanyu.
«Ich dachte nur, ‚um Gottes Willen‘ als wir realisierten, dass ‚unser‘ Auto fehlte. Es war furchtbar, weil die Ungewissheit da war. Alle in der Box waren völlig perplex. Da es länger keine TV-Bilder gab, wussten wir alle: Das gefällt uns gar nicht», rekapituliert Leberer die bangen Minuten. «Etwas später erfuhren wir über Funk, er sei bei Bewusstsein.»
Er machte sich nach der Bergung des Chinesen sofort auf zum Medical Center, das in Silverstone rund zwei Kilometer vom neuen «Wing» (mit den Boxen) entfernt im alten Paddock etabliert ist.
Leberer durfte zu Zhou, bekam die Entwarnung hautnah mit. «Wenig später waren auch sein Trainer und seine Mutter im Medical Center. Die Erleichterung war bei allen natürlich riesengroß, zumal die ersten Checks ergaben, dass er keine gravierenden Verletzungen erlitten hatte. Wir konnten das fast nicht glauben.»
Gegen Rennende war Zhou schon wieder im Fahrerlager: «Das war für uns das schönste Erlebnis des Wochenendes.»
Während Leberer mit der Sauber-Mannschaft Montag zum Flughafen Birmingham aufbrach, kehrte Zhou mit seinem Trainer, Manager und der Mutter nach London zurück, wo er sich bis zum Flug nach Österreich am Donnerstag zu erholen versucht. Der Salzburger und seine Teamkollegen blieben vom aktuellen Chaos in der Luftfahrt nicht verschont: Swiss-Flug nach Zürich um sechs Stunden verspätet und dann kein Gepäck….
Leberer, mittlerweile zurück in seiner Tiroler Wahlheimat, nimmt an, dass Zhou den Österreich-Grand Prix wie geplant bestreiten wird: «Der Aufprall nach der Rolle über den Reifenstapel war nicht sehr hart, da war die meiste Energie schon absorbiert.»
Es war nicht das erste Mal, dass Leberer in seiner langen Formel-1-Laufbahn um einen Schützling zittern musste. «Am schlimmsten war Imola 1994 mit dem Tod von Senna. Aber auch Häkkinens Unfall in Adelaide 1995, Kubicas Crash in Montréal 2007 oder der von Ericsson in Monza 2018 waren schlimme Momente. Aber alle verliefen glimpflich im Vergleich zum Drama um Ayrton», sagte der Salzburger, der an jenem fatalen Wochenende auch um seinen Landsmann Roland Ratzenberger trauerte.