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Rosberg: Geben wir den Mädchen endlich eine Chance!

Von Andreas Reiners
Nico Rosberg mit Johan Kristoffersson und Mikaela Ahlin-Kottulinsky

Nico Rosberg mit Johan Kristoffersson und Mikaela Ahlin-Kottulinsky

Es ist eine Ewigkeit her, dass eine Frau zuletzt in der Startaufstellung eines Formel-1-Rennens stand. Ex-Weltmeister Nico Rosberg glaubt, dass die Zeit für eine Frau in der Königsklasse reif ist.

Als das letzte Mal eine Frau in der Startaufstellung eines Formel-1-Rennens stand, war Helmut Schmidt Bundeskanzler. Deutscher Fußball-Meister wurde Borussia Mönchengladbach, und in den Charts dominierten Songs von ABBA, Boney M. und Frank Farian. Lella Lombardi war es, die am 15. August 1976 auf dem Österreichring als bis heute letzte Frau ein Formel-1-Rennen in Angriff nahm. 46 Jahre ist das her – eine Ewigkeit.

Die weibliche Bilanz seitdem ist ernüchternd. 1992 versuchte Giovanna Amati, sich für einen GP zu qualifizieren – vergeblich. Susie Wolff nahm als letzte Frau an einem Training in der Königsklasse teil, 2015 war das und ist somit auch schon sieben Jahre her. Seitdem sind diverse Pilotinnen zwar von Rennställen in das Team aufgenommen worden und befinden sich damit mehr oder weniger im Dunstkreis der Königsklasse, Chancen im Regelbetrieb der Formel 1 bekamen sie aber bis heute keine.

Alpine gibt Gas

Nun will Alpine in Sachen Frauen in der Formel 1 Gas geben, der Rennstall hat das Programm «Rac(H)er» gegründet, zum einen mit dem Ziel, den Frauen-Anteil bei den Angestellten zu erhöhen. Junge Frauen sollen dazu ermuntert werden, wissenschaftliche und technische Ausbildungen anzustreben. Bis 2027 soll der weibliche Anteil bei Alpine 30 Prozent betragen, im Moment sind es zwölf Prozent.

Die deutlich größere Herausforderung: Bis 2030 will man eine Frau in die Startaufstellung der Formel 1 bringen. «Ich erkenne keinen Grund, warum eine Frau das nicht schaffen sollte, aber der Weg dorthin ist lang. Wir reden hier von einem mindestens acht Jahre laufenden Projekt», sagte Alpine-Teamchef Laurent Rossi der BBC.

Im Kartsport ansetzen und fördern

Dabei will Alpine im Kartsport ansetzen und die Talente auf dem Weg durch den Formelsport nach oben gezielt fördern, denn an aktiver Unterstützung mangelt es in der Regel. Einigkeit herrscht schon länger darin, dass die körperlichen Voraussetzungen für Frauen kein Hindernis sind, um es in die Formel 1 zu schaffen.

«Wir müssen ganz vorne anfangen und sicherstellen, dass wir ihnen diesen Weg ermöglichen. Es geht darum, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, Perspektiven zu ändern, Vorurteile abzubauen», sagte Rossi. Und verdeutlicht die Skepsis, die vor allem unter den Frauen selbst herrscht: «Ich schätze, 99 Prozent der Frauen glauben, der Weg in die Formel 1 sei nicht machbar. Aber Frauen fliegen Kampfjets und werden Astronautinnen. Also können sie auch ein Formel-1-Auto fahren», sagte er und nennt seinen eigenen Fahrer als Beispiel.

Wenn Fernando Alonso noch Formel 1 fahren kann…

«Wenn Fernando Alonso mit 40 ein Formel-1-Auto bewegen kann, dann sehe ich nicht, weshalb das eine super-fitte Frau mit 30 nicht schaffen könnte», so Rossi. Eine super-fitte Frau mit 30 würde Alonso in den meisten körperlichen Aktivitäten besiegen, glaubt der Teamchef.

Seine Rechnung: Wenn Alonso aktuell ein Formel-1-Auto ziemlich gut fahren könne, so Rossi, «dann ist das ein gutes Beispiel dafür, dass nicht körperliche Kraft allein der Schlüssel zum Erfolg ist.» Das Problem: «Es mangelte in den vergangenen Jahren an gezielter Förderung.» Die soll es nun durch «Rac(H)er» geben.

Rosberg glaubt: Bald eine Frau in der Formel 1

Viel Lob für das Projekt gibt es vom früheren Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg. «Das finde ich genial, denn solche Initiativen geben Frauen eine Chance. Es wäre natürlich umso besser, je mehr Rennställe sich für Gleichberechtigung engagieren würden», sagte Rosberg bei Eurosport.

Er sorgt mit seinem Team Rosberg X Racing in der Extreme E für solche Chancen, denn in der Elektro-Rennserie treten Mann und Frau gemeinsam in einem Team an. «Wenn Frauen eine echte Chance bekommen, beflügelt sie das unglaublich», hat er festgestellt. Doch generell «bekommen sie häufig eben nicht die gleichen Möglichkeiten».

«Auf Sardinien aber fuhr die 29-jährige Mikaela (Ahlin-Kottulinsky; Anm. d. Red.) nicht nur mit ihrem Teamkollegen auf Augenhöhe. Im Halbfinale lieferte sie sich erst mit Timmy Hansen - immerhin auch ein Rallycross-Weltmeister - ein Rad-an-Rad-Duell, das seinesgleichen sucht. Im Supersektor putzte sie danach kurzerhand den neunfachen Rallye-Weltmeister Sébastien Loeb weg … Damit ist Mikaela in meinen Augen die derzeit beste Rennfahrerin der Welt», ergänzte er in einem Gastkommentar in der Welt am Sonntag.

Er sieht nichts, was dagegen spricht, dass Frauen so schnell fahren können wie Männer. «Im Motorsport spielt die angebliche körperliche Überlegenheit von Männern genau wie im Reit- oder Segelsport kaum eine Rolle. Wir haben das Rennauto, das die Kraft auf den Boden bringt. Der Rest ist Talent, Erfahrung, Technik und vor allem mentale Stärke. Kleine und zierliche Rennfahrer haben im Übrigen großen und schweren Piloten gegenüber sogar einen Vorteil. Und als Vater zweier selbstbewusster Töchter weiß ich: Frauen haben nicht nur auf der Rennstrecke genauso viel Mut wie Männer.»

Eine finale Lösung habe er nicht parat, aber eines habe er in der Formel 1 gelernt: «Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Und es gibt für alles eine Lösung!» Deshalb sagt er: «Geben wir den Mädchen endlich eine Chance. Die Zeit ist reif.»

Deshalb ist Rosberg optimistisch, er würde sogar einen Sprung von Sophia Flörsch in die Formel 1 «nicht ausschließen. Es wird auf jeden Fall bald eine Frau in der Formel 1 geben - egal, ob Sophia oder jemand anderes». Dann hätte das weibliche Warten endlich ein Ende.

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