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Schumacher und Hülk: Wer hat die besseren Karten?

Von Andreas Reiners
Auf der Strecke haben sich Schumacher und Hülkenberg 2022 schon getroffen

Auf der Strecke haben sich Schumacher und Hülkenberg 2022 schon getroffen

Mick Schumacher und Nico Hülkenberg gelten als Favoriten auf das Cockpit bei Haas. Wie schlagen sich beide im direkten Vergleich? Wir haben ihn gemacht.

Inzwischen ist es Günther Steiner selbst schon unangenehm. Gleiche Frage, dieselbe Antwort - so geht das Spielchen seit Wochen im Fahrerlager der Formel 1. «Ich weiß es nicht», antwortete der Haas-Teamchef auf die Frage, wann denn der zweite Fahrer für 2023 verkündet wird. «Es gibt immer wieder die gleiche Antwort, ich will nicht unhöflich sein», sagte er. Und gibt zu: «Es macht mir auch keinen Spaß, immer diese Antwort zu geben.»

Doch eine Auflösung wird es irgendwann geben, spätestens wohl beim Saisonfinale in rund sechs Wochen. Mick Schumacher und Nico Hülkenberg gelten als Favoriten auf das Cockpit.

«Ich fände es traurig, wenn ein deutscher Fahrer dem anderen den Platz wegnimmt», sagte der frühere Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug bei Sport1. Doch wer hat die besseren Karten? Wie schlagen sich die beiden Deutschen im direkten Vergleich? Wir haben ihn gemacht.

Erfolge: Bei Schumacher halten sie sich in der Formel 1 natürlich in Grenzen, er kommt in zwei Saisons auf zwölf WM-Punkte. Hülkenberg sammelte in 181 Rennen seit 2010 für Williams, Force India, Sauber, Renault, Racing Point und Aston Martin 521 Zähler.

Kurios dabei: Der Emmericher gehörte immer zu den Top-Fahrern der Königsklasse, schaffte es aber nie auf das Podium. Trotzdem gehört er natürlich zu den versiertesten Piloten im Feld, 2015 siegte er zum Beispiel in LeMans. Schumacher holte auf dem Weg in die Formel 1 die Titel in den Nachwuchsklassen Formel 3 und Formel 2.
Mit allen Wassern gewaschen

Erfahrung: Auch hier hat Hülkenberg natürlich die Nase vorne, er kennt die Formel 1 und ihre Besonderheiten, Widrigkeiten und Herausforderungen noch ein wenig besser als Schumacher. Hülk ist mit allen Wassern gewaschen, lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen oder unter Druck setzen.

Dafür hat Mick mehr Erfahrung mit der neuen Auto-Generation, die Hülkenberg nur in den ersten beiden Rennen als Ersatz von Sebastian Vettel fahren konnte. Man darf zudem nicht vergessen: Seine letzte volle Formel-1-Saison absolvierte Hülkenberg 2019.

Team-Erfahrung: Es gibt aber nicht nur die Erfahrung in der Formel 1, sondern auch die im Team. Und da hat Schumacher die Nase vorne, denn er arbeitet im zweiten Jahr mit der Mannschaft zusammen.

Da entwickeln sich Synergien und Abläufe, die vieles vereinfachen. Es herrschen dann bereits Vertrautheit und Verständnis, die nicht von heute auf morgen entstehen. «Wenn man jemanden haben kann, mit dem man schon zwei Jahre zusammengearbeitet hat, ist das immer besser, als jemand Neues zu holen. Man braucht dann keine Eingewöhnungszeit», sagte Steiner.

Der große Name: Boost und Bürde

Name: Bei der Auswahl durch Haas dürfte das eigentlich keine Rolle spielen – oder doch? Denn die Aufmerksamkeit durch den Namen Schumacher kann ein zweischneidiges Schwert sein, vor allem dann, wenn es nicht läuft. Oder wenn es auf der Strecke kracht – Steiner zeigte sich in dieser Saison schon öfter mal genervt ob der Dauer-Schlagzeilen. Doch keine Frage: Läuft es, ist der mediale Schumi-Boost um ein Vielfaches größer als bei Hülkenberg, was in Sachen Sponsoren hilfreich sein kann.

Fertigkeiten: Hülkenberg ist schnell, zuverlässig und flexibel, was er als Feuerwehrmann in den letzten Saisons unter Beweis stellen konnte. Er weiß schnell, wie seine Boliden ticken, ist also stark beim Feedback für das Team und die Entwicklung. Schumacher muss vor allem seine Qualifying-Schwächen abstellen. Seine Lernfähigkeit ist beeindruckend, auch seine Zweikampfführung, die er vor allem bei seinen beiden Punkte-Fahrten in Silverstone und Spielberg zeigte. «Er hat seine WM-Punkte nicht mit Glück geholt, sondern durch Leistung. Das habe ich immer gesagt. Die Punkte sind das Resultat einer Entwicklung», lobte Steiner.

Das ziemlich große Aber: Teure Crashs wie jetzt wieder in Japan im regnerischen Training sind Gift für seine Bewerbung für eine Weiterbeschäftigung. Es ist nicht der erste teure Unfall in diesem Jahr, vor allem aber war es jetzt in Suzuka ein vermeidbarer Dreher in der Auslaufrunde.

Keine Stinkstiefel

Persönlichkeit: Klar ist: Steiner holt sich so oder so keinen Stinkstiefel ins Team. Schumacher hat sich immer als Teamplayer erwiesen, hielt sich auch bei Fehlern durch das Team mit öffentlichen Anschuldigungen zurück, ganz im Gegensatz zu seinem Chef. Schumacher spricht die Dinge intern an, mit seinem manchmal schwierigen Teamkollegen Kevin Magnussen gibt es kein böses Blut.

Hülkenberg ist ebenfalls als Teamplayer bekannt, hat aber eine Vergangenheit mit Magnussen. Nach dem Ungarn-GP 2017 klopfte er Magnussen auf die Schulter und sagte: «Mal wieder der unsportlichste Fahrer im Feld.» Magnussen, ohne mit der Wimper zu zucken: «Leck meine Eier, Schätzchen!» Beide können über die Episode inzwischen lachen.

Zukunft: Klarer Punkt für Schumacher. Während man beim 35 Jahre alten Hülkenberg weiß, was man bekommt, ist bei Schumacher noch Luft nach oben. Der 23-Jährige ist als akribischer Arbeiter bekannt, der Zeit benötigt für seine Entwicklung.

Insofern ist er auch in seinem zweiten Jahr immer noch ein Rohdiamant, der geschliffen werden muss. Er steht am Anfang seiner Laufbahn, während sich Hülkenberg im Herbst seiner Karriere befindet. Schumacher ist die langfristige Lösung, Hülkenberg die kurzfristige. Welche die beste ist, entscheidet am Ende Haas. Hoffentlich bald. Dann hören auch die nervigen Fragen auf.

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