MotoGP-Kolumne: Marquez ins Ducati-Werksteam

Lewis Hamilton (Mercedes): Wie der Tritt eines Pferds

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton und der bockige Mercedes W13

Lewis Hamilton und der bockige Mercedes W13

Sir Lewis Carl Davidson Hamilton steht vor seiner ersten sieglosen Saison im Autosport. Einige Eigenheiten der Diva namens Mercedes W13 sind selbst vom erfolgreichsten Formel-1-Fahrer nicht zu korrigieren.

Noch drei Grands Prix in der GP-Saison 2022, noch drei Möglichkeiten für Lewis Hamilton und Mercedes, den ersten Saisonsieg zu erreichen. Für Mercedes wäre es in der Formel 1 die erste sieglose Saison seit 2011. Für Lewis Hamilton wäre es die erste sieglose Saison im Autosport überhaupt – denn der Ausnahmekönner aus England hat von 2002 bis 2021 jedes Jahr mindestens einmal gewonnen, insgesamt sind es 140 Siegerpokale, die Lewis Hamilton zeigen durfte.

Lewis Hamilton spricht davon, dass der 2022er Mercedes W13 «das unberechenbarste Rennauto ist, das ich in meiner Karriere je bewegt habe. Es kommt mir vor, wie wenn du dich von hinten an ein Pferd heranschleichst, du versuchst, so nahe als möglich zu kommen, aber du stellst dir die Frage: Wann kommt der Tritt? Und du weisst auch – der wird wehtun.»

«Beim Rennauto ist es so: Du ziehst mehr und mehr Tempo aus dem Wagen, und auf einmal bricht er aus, du kannst ihn nicht mehr einfangen. Bei diesem Auto ist das Verhalten nicht absehbar, sondern der Kontrollverlust kommt urplötzlich.»

«Ich hatte diesen Eindruck schon beim ersten Test, aber natürlich sagst du dir – das werden wir mit Feinheiten bei der Abstimmung schon auf die Reihe bekommen. Und ich habe noch nie ein Auto erlebt, das so markant aufsetzt.»

Bouncing ist eine Auswirkung der modernen Flügelautos, die überaus sensibel auf Veränderungen des Bodenabstands reagieren. Durch die Instabilität etwa einer Bodenwelle reisst die Saugnapfwirkung kurz ab, das Auto geht hoch, und dann baut sich der Abtrieb von neuem auf, der Wagen senkt sich wieder. Das wiederholt sich in sehr schneller Folge. Dieser Effekt ist eine Kombination verschiedener Faktoren. Es geht um Feinheiten der mechanischen Abstimmung und der Aerodynamik, und da muss man den Hebel ansetzen.

Lewis Hamilton weiter: «Ich hätte nie erwartet, dass es so lange dauern würde, diesen Effekt unter Kontrolle zu bringen. Wir mussten detailliert herausfinden, was genau das Bouncing auslöst. Du hoffst ständig, dass es besser wird. Neue Teile kommen, und es funktioniert nicht. Weitere Teile kommen, und es funktioniert noch immer nicht.»

«Unserer Mitarbeiter schufteten Tag und Nacht, aber die Ergebnisse von der Rennstrecke entsprachen nicht den Erkenntnissen aus dem Windkanal. Ein Rückschlag nach dem anderen. Aber was dich nicht umbringt, macht sich starker. Und wir lassen uns nicht unterkriegen.»

Die grössten Probleme gemäss des 103-fachen GP-Siegers: «Abgesehen von Bouncing diese Verwindungssteifheit des Autos, welche die Aufhängung so gut wie nutzlos macht. Die Bewegungen werden auf die Reifen übertragen, die sich ebenfalls verwinden. Dazu kommt, dass der Wagen zu viel Luftwiderstand aufbaut. Ab einem gewissen Tempo ziehen uns die Gegner weg.»

«Beim Bremsen nickt der Wagen an der Vorderachse ein, das Heck kommt hoch, die aerodynamische Balance verschiebt sich, aber dann willst du aufs Gas gehen und bräuchtest gute Traktion. Das Handling ist bei niedrigen und hohen Geschwindigkeiten verschieden. Es gibt so viele Probleme.»

«Ich habe wirklich alles versucht, was man mit einem Rennwagen machen kann, jede erdenkliche Abstimmung. George Russell macht dieses Jahr einen tollen Job, keine Frage. Aber er experimentiert weniger als ich mit meinen Technikern. Ich bin schon etwas länger dabei, also kann ich es mir leisten, Risiken einzugehen. Ob George die Saison vor mir abschliesst, ist mir nicht wichtig. Es geht für uns nicht um den WM-Titel.»

Lewis Hamilton: 140 Siege in 20 Jahren

2002: Formel Renault – 4 Siege
2003: Formel Renault – 10 Siege
2004: Formel 3 – 2 Siege
2005: Formel 3 – 16 Siege
2006: GP2 – 5 Siege
2007: Formel 1 – 4 Siege
2008: Formel 1 – 5 Siege
2009: Formel 1 – 2 Siege
2010: Formel 1 – 3 Siege
2011: Formel 1 – 3 Siege
2012: Formel 1 – 4 Siege
2013: Formel 1 – 1 Sieg
2014: Formel 1 – 11 Siege
2015: Formel 1 – 10 Siege
2016: Formel 1 – 10 Siege
2017: Formel 1 – 9 Siege
2018: Formel 1 – 11 Siege
2019: Formel 1 – 11 Siege
2020: Formel 1 – 11 Siege
2021: Formel 1 – 8 Siege

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Dr. Helmut Marko über Miami, Gerüchte & Adrian Newey

Von Dr. Helmut Marko
Exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, analysiert den Grand Prix in Miami und spricht über den Sieg von Lando Norris, die Gerüchte um Ricciardo und den Abgang von Adrian Newey.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Fr.. 17.05., 00:00, Motorvision TV
    Australian Drag Racing Championship
  • Fr.. 17.05., 01:40, Motorvision TV
    On Tour
  • Fr.. 17.05., 03:45, Hamburg 1
    car port
  • Fr.. 17.05., 03:50, Motorvision TV
    Classic
  • Fr.. 17.05., 04:40, Motorvision TV
    Gearing Up
  • Fr.. 17.05., 05:00, ORF Sport+
    Motorsport: European Le Mans Series
  • Fr.. 17.05., 05:30, Motorvision TV
    Motocross: FIM-Weltmeisterschaft
  • Fr.. 17.05., 05:45, Hamburg 1
    car port
  • Fr.. 17.05., 08:50, DMAX
    Sidneys Welt
  • Fr.. 17.05., 10:15, Hamburg 1
    car port
» zum TV-Programm
9