Nico Hülkenberg: Die Wahrheit über das Haas-Comeback

Von Mathias Brunner
Nico Hülkenberg

Nico Hülkenberg

Zwei Jahre lang war Nico Hülkenberg (35) in der Formel 1 Reserve-Fahrer, nun kehrt er als Stammpilot zurück – anstelle von Mick Schumacher. Der Le Mans-Sieger sagt, wie das alles genau abgelaufen ist.

40 Stunden nach dem Start zum WM-Finale von Abu Dhabi wird es ernst mit der Rückkehr von Nico Hülkenberg als Vollzeit-Formel-1-Fahrer: Beim Nachsaisontest auf dem Yas Marina Circuit setzt er sich am 22. November erstmals in einen Rennwagen des US-amerikanischen Haas-Rennstalls.

Am Montag nach dem letzten Saisonrennen und einen Tag vor seinem ersten Haas-Test steht der Le Mans-Sieger von 2015 und 181-fache GP-Teilnehmer im Fahrerlager des Yas Marina Circuit Rede und Antwort.

Nico, wann hast du gespürt, dass du wirklich eine Chance zur Rückkehr hast, und was siehst du für den Test vom 22. November als grösste Herausforderung?

Letztlich kannst du dir nie sicher sein, bis alles unterzeichnet ist. Aber in den vergangenen Wochen und Monaten wurde das immer konkreter, umso optimistischer und zuversichtlich wurde ich. Für Dienstag gilt: Ich will den Haas-Rennwagen so gut als möglich kennenlernen. Wir haben im kommenden Winter ja nur drei Testtage, also eineinhalb pro Fahrer, da ist ein Tag wie morgen sehr wertvoll.

Ich kann bei diesem Test viel Basisarbeit erledigen: Wie ich ins Auto passe, Sitzposition, Funktionen am Lenkrad, dann natürlich Handling des Fahrzeugs, Arbeit mit den Reifen. Ich will auch schon im wahrsten Sinne des Wortes erfahren, was an diesem Renner gut ist und wo wir zulegen können. Die Anpassung ist daher die grösste Aufgabe, denn letztmals sass ich beim Test nach dem Ungarn-GP im Formel-1-Renner.

Ich fange also nicht bei null an, aber das ist ein anderes Team, ein anderes Rennauto, also muss man sich zuerst mal beschnuppern. Je früher wir anfangen können, desto besser.

Wie hast du dich im Frühling beim Einsatz als Vettel-Ersatz gefühlt?

Schlecht. Formel-1-Fahren ist körperlich sehr anstrengend, und damals war ich weniger trainiert als jetzt. Nun hatte ich gut drei Monate, um mich auf die Rückkehr vorzubereiten, und ich fühle mich gut.

Wann gab es erstmals Kontakt zwischen dir und Haas?

Ich habe Teamchef Günther Steiner im Sommer angerufen.

Was hat dich dazu bewogen?

Ich spürte einfach dieses innere Feuer, dass ich wieder auf der Startaufstellung sein will, in der Formel 1, der Königsklasse, der Spitze im Motorsport. Ich hatte zwar einen Stammplatz verloren, aber nie die Liebe zur Formel 1. Ich vermisste das Rennfahren auf diesem Niveau und fand immer – dieses Kapitel ist noch nicht abgeschlossen.

Gab es Momente, in welchen du nicht mehr an eine Rückkehr geglaubt hast?

Ich würde nicht sagen, dass ich je aufgegeben hätte. Aber Ende 2019 war ich über etwas Abstand nicht unfroh, um etwas Distanz zu gewinnen. Ich brauchte eine Pause, und es kann zwischendurch nicht schaden, einen Schritt zurück zu wagen und sich über einige Zusammenhänge Gedanken zu machen. Dieser Sport spielt sich zu einem grossen Teil im Kopf ab. Du musst glücklich sein und dich frisch fühlen. Damit kommt Selbstvertrauen. Wenn du das verlierst, kannst du leicht in einen Abwärtsstrudel geraten. Die Pause hat mir gut getan.

2020 sprang ich bei Racing Point ein, 2021 passierte nicht viel, 2022 dann im Frühling die Einsätze für Vettel bei Aston Martin. Aber zu diesem Zeitpunkt liess ich mich in Sachen Comeback nicht stressen, aber je länger das Jahr dauerte, desto grösser wurde das Verlangen, wieder Grands Prix zu fahren. Ich sah diese neue Formel 1, wie cool sie ist, ich erlebte den Wirbel als Mitarbeiter von ServusTV mit, und ich wollte wieder Teil davon sein – als Fahrer. Was Haas anging, so schaute ich mir das genau an und war einfach der Ansicht: Da kann man Einiges besser machen. So begann das Projekt Rückkehr.

Du hast im Laufe der Zeit gespürt, dass du gute Chancen hast, aber bis die Tinte auf dem Vertrag getrocknet ist, kannst du dir nicht sicher sein. Ich stelle mir das mental schwierig vor.

Es war ja nicht meine erste Vertragsverhandlung. Da darf man sich nicht verunsichern lassen. Gewiss, in einer Woche war das Eisen heisser, in der nächsten vielleicht wieder kühler. Aber so sehr ich auch zurückkommen wollte, ich wäre weich gefallen. Gewiss, ich wäre enttäuscht gewesen, aber dann wäre es halt so gewesen.

Gab es eine Möglichkeit bei anderen Rennställen?

Klar habe ich mit vielen Leute gesprochen, aber der Weg wies schon sehr früh Richtung Haas.

 
Wie siehst du Haas?

Als Team mit Potenzial. 2021 war keine gute Saison, weil die Ressourcen ganz auf die Entwicklung des 2022er Fahrzeug verlegt worden war. Aber in diesem Jahr ist Haas besser aufgetreten, und mit einigen zusätzlichen Punktefahrten wäre erheblich mehr drin gewesen (Haas wurde Achter im Konstrukteurs-Pokal, aber nur 18 Punkte hinter Rang 6, M.B.) Wir können das besser als 2022, und dabei will ich dem Team helfen. Das Team braucht Konstanz, das Team braucht mehr Input, was die Entwicklung des Autos angeht, da will ich mich mit meiner Erfahrung einbringen.

Es gab in den sozialen Netzwerken eine ganze Welle von «Hulkenback»-Kommentaren. Wie war das für dich?

Ich staune immer wieder, wie kreativ die Fans sind und wie leidenschaftlich. Es hat Spass gemacht, das zu sehen. Klar schmeichelt einem das. Und ich finde, Hulkenback klingt doch ziemlich cool.

Das Echo auf deine Rückkehr ist auch im Fahrerlager sehr positiv. Das war schon so, als du 2020 bei Racing Point und 2022 bei Aston Martin eingesprungen bist. Hat dich das überrascht?

Überrascht würde ich nicht sagen, denn es ist ja nicht so, dass ich Ende 2019 überall nur verbrannte Erde hinterlassen hätte. Ich habe mit den meisten Menschen im Fahrerlager immer ein gutes Verhältnis gehabt, ich bin ein offener Mensch, der gerade heraus ist und auf alle Kinkerlitzchen verzichtet.


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