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Bernd Rosemeyer: Naturtalent und Nebelmeister

Von Thorsten Horn
Bernd Rosemeyer war einer der besten Rennfahrer, die Deutschland je hervorbrachte

Bernd Rosemeyer war einer der besten Rennfahrer, die Deutschland je hervorbrachte

Heute vor 85 Jahren fiel der Stern Bernd Rosemeyer viel zu früh vom Motorsport-Himmel. Der junge deutsche Automobil-Star kam am 28. Januar 1938 bei damals prestigeträchtigen Weltrekordfahrten ums Leben.

Kometen sind faszinierende Naturereignisse, doch haben sie einen entscheidenden Nachteil - sie verglühen recht schnell. Dies trifft quasi auch auf einen Rennfahrer zu, der gerade einmal drei Jahre Zeit hatte, die Menschen zu faszinieren. Heute vor 85 Jahren verglühte der Schweifstern Bernd Rosemeyer.

Geboren am 15. Oktober 1909 in Lingen im Emsland kam er bereits von klein auf mit Technik in Berührung, da sein Vater einen Kraftfahrzeughandel nebst Werkstatt betrieb. Eine Ausnahmegenehmigung verhalf ihm mit 16 Lenzen zum Führerschein. Auf einer NSU begann er seine motorsportliche Laufbahn, die ihn schließlich über die Station DKW-Werksfahrer zu Auto Union, dem jungen Unternehmen, welches aus den sächsischen Fahrzeugherstellern Audi, Horch, Wanderer und eben DKW hervorgegangen war, in die Vierradbranche brachte.

1929 gelang ihm auf einer Zündapp sein erster Sieg bei den Motorrädern, und zwar bei einem Grasbahnrennen in Oldenburg. Über NSU landete er schließlich 1934 bei DKW, für die er unter anderem die Rennen in der 500-ccm-Klasse auf dem Schleizer Dreieck und in Marienberg gewann. Bei einer Nachwuchssichtung der Auto Union 1935 überzeugte Bernd Rosemeyer Rennleiter Willi Walb am Nürburgring auf Anhieb, sodass er umgehend das Metier wechselte.

Sein Auto-Debüt feierte er am 26. Mai auf der Berliner AVUS. Eigentlich wollte Walb ihn erst zu einem späteren Zeitpunkt und einem vermeintlich leichteren, nicht so prestigeträchtigen Rennen einsetzen, doch Rosemeyer bohrte so lange – fast täglich – bis er die Zusage bekam. Das AVUS-Rennen wurde damals in zwei Vorläufen und einem Endlauf ausgetragen und hatte neben Rosemeyers Debüt weitere Besonderheiten aufzuweisen.

Die Startaufstellung wurde erstmals in Deutschland nach den gefahrenen Trainingszeiten vorgenommen. Bislang entschied darüber das Los. Bernd Rosemeyer qualifizierte sich für seinen Vorlauf neben der damaligen Nummer eins bei Auto Union, Hans Stuck, für die erste Startreihe, fiel aber mit technischem Defekt aus. Eine weitere Novität waren verschiedene Reifenmischungen bzw. Profile von Continental, sowie die in die Auto-Union-Rennwagen integrierten pneumatischen Wagenheber.

Führungsrunden beim 2. Autorennen

Bereits bei seinem zweiten Autorennen (Eifel-Rennen auf dem Nürburgring 1935) führte das 25-jährige Naturtalent im letzten Renndrittel, wurde aber bei der letzten Umrundung der 22,81 km langen Nordschleife auf der Döttinger Höhe, also wenige hundert Meter vor dem Ziel, vom alten Strategen Rudolf Caracciola im Mercedes noch abgefangen.

Seinen ersten Grand Prix-Sieg feiert Rosemeyer noch in seiner ersten Saison und zwar beim GP von Brno auf dem Masaryk-Ring in der Tschechoslowakei. Unter den Gratulanten befand sich auch die berühmte deutsche Fliegerin Elly Beinhorn. Die Geschichte nahm ihren Lauf und im darauffolgenden Jahr 1936 heiraten die beiden.

In seiner zweiten Saison genoss Rosemeyer bei der Auto-Union-Mannschaft, der außerdem wieder Hans Stuck, Achile Varzi, Ernst von Delius, sowie der gebürtige Mittweidaer Rudolf Hasse angehörten, bereits den Nummer-Eins-Status.

Dieses Jahr wurde das erfolgreichste des Bernd Rosemeyer, zumal Auto Union mit dem Typ C aus der Feder von Ferdinand Porsche der große Wurf gelungen war. Bei elf Starts sah er sieben Mal die Zielflagge, davon fünf Mal als Erster. Damit wurde er überlegen Europameister. Zudem gewann er beide Bergrennen, bei denen er eingesetzt wurde, welchen damals noch große Bedeutung beigemessen wurde.

Beim 1936er-Eifel-Rennen auf dem Nürburgring erhielt Rosemeyer den Beinamen «Nebelmeister» als er gegen Rennende und immer stärker werdendem Nebel die mit Abstand schnellsten Runden fuhr, mit Hilfe seines Erinnerungsvermögens an Kurvenfolge und entsprechender Gangwahl. Gut einen Monat später, an gleicher Stelle, war Rosemeyer der erste, der den Traditionskurs unter zehn Minuten umrundete. In Monza erhielt Frau Rosemeyer das Privileg, am Trainingstag zwei Runden mit dem Arbeitsgerät ihres Gatten zu fahren.

1936 war auch das Jahr, in dem Bernd Rosemeyer zwei Show-Runden mit seinen 16-Zylinder-Auto-Union-Rennwagen auf dem Sachsenring drehte – im Rahmen des Großen Preises von Deutschland für Motorräder.

Im darauffolgenden Jahr waren die Mercedes-Silberpfeile wieder einen Tick besser. Rosemeyer siegte wieder beim Eifel-Rennen sowie in New York und Pescara. Bei den Grands Prix reichte es nur zu einem Sieg – beim Saisonabschluss in Donington Park. Beim Großen Preis von Deutschland, wie immer damals auf dem Nürburgring, kreiste Rosemeyer, nachdem ihn Verantwortliche und Zuschauer längst vermissten, kurz vor Trainingsbeginn mit einer Sportmaschine über den Boxen, landet akkurat auf der Ziellinie und stieg mit breitem Grinsen in seinen Boliden.

Eine neue Herausforderung fand er in Weltrekordfahrten. Diese hatten damals einen ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert für die Hersteller, wie auch für die Nazi-Regierung, die ihre Reichsautobahnen ins «rechte« Licht rücken konnten. Auch hier bedrängte Rosemeyer seinen Rennleiter bis er schließlich mit dieser Aufgabe betraut wurde. Bislang fiel diese nur Hans Stuck zu.

Bei der Rekordwoche im Oktober 1937 durchbrach er als erster die Schallmauer von 400 km/h auf einer gewöhnlichen Verkehrsstraße. Der damalige absolute Geschwindigkeitsrekord lag zwar weitaus höher, wurde aber auf einem amerikanischen Salzsee und ohne Klassenzuteilung erreicht.

Einen Monat später wurde sein Sohn Bernd jr. geboren. Bernd Rosemeyer schlug privat ein ähnlich hohes Tempo an, wie man es in seiner steilen Karriere von ihm gewohnt war. 1935 lernte er, wie bereits erwähnt, Elly Beinhorn kennen. 1936 ehelichte er sie und 1937 erblickte ihr Sohn das Licht der Welt.

Wie ging es nun weiter? Leider war zwei Monate später das Ende der Fahnenstange erreicht. Bei erneuten Weltrekordversuchen am 28. Januar 1938 kam sein Wagen aus nie hundertprozentig geklärten Gründen von der Fahrbahn, der Autobahn Frankfurt-Darmstadt (heute A5), ab und zerschellte an einem Baum.

Am Morgen hatte Rudolf Caracciola den Rekord für Mercedes auf 423 km/h geschraubt. Trotz aufkommenden Windes und mancher Warnung wollte Bernd Rosemeyer auf die Strecke gehen.

Die wahrscheinlichste Version ist, dass eine Windböe bei ähnlichem Tempo, wie von Caracciola vorgelegt, das Auto erfasste und gen Straßenrand abtrieb. Aufgrund einer nahenden Brückendurchfahrt hatte Rosemeyer nicht mehr die Zeit, den Wagen in relativer Ruhe und mit angemessener Lenkbewegung auf Kurs zu bringen. Eine weitere Spekulation über eventuelle Karosserieverformung konnte dagegen widerlegt werden.

Bernd Rosemeyer hinterließ seine Frau Elly Beinhorn sowie seinen erst wenige Wochen alten Sohn Bernd junior, der später Professor für Orthopädie in München wurde. Die sterblichen Überreste von Bernd Rosemeyer fanden ihre letzte Ruhe in einer Ehrengrabstätte auf dem Waldfriedhof Berlin-Dahlem.

Heute erinnert in Berlin der Rosemeyerweg an den Rennfahrer. Der weg verbindet die S-Bahn-Haltestelle Nikolassee für Fußgänger mit dem Kronprinzessinnenweg und überquert dabei die A115 in der Verlängerung der ehemaligen AVUS-Rennstrecke. Auch der nahe der Unfallstelle bei Mörfelden-Walldorf an der A5 gelegene Rastplatz trug über Jahrzehnte den Namen «Rosemeyer». 2015 wurde er in «Bornbruch-West» umbenannt. Geblieben sind eine Gedenktafel und eine Stele am südlichen Ende des Rastplatzes, die an das tragische Ende des Rennfahrers Bernd Rosemeyer erinnern.

Aufgrund seiner Mitgliedschaft in der SS lässt sich die Person Bernd Rosemeyer kontrovers beurteilen und sein Lebenslauf gibt Anlass zu Diskussionen. Aus diesem Grund wurde zum Beispiel ein in Lingen geplantes Rosemeyer-Museum bis heute nicht in die Tat umgesetzt.

Sei es wie es sei, Bernd Rosemeyer war und blieb einer der besten Rennfahrer, die Deutschland je hervorbrachte.

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