Christian Horner: Auto von Verstappen war kaputt

Helmut Marko ist 80: Je älter, desto erfolgreicher

Von Gerhard Kuntschik
​27. April 2023: Dr. Helmut Marko ist 80 Jahre alt. Der Tausendsassa aus Graz bündelt verschiedene Karrieren in einem Menschen – Rennfahrer, Jurist, Teamchef, Unternehmer, Motorsportberater. Wir verneigen uns.

Offiziell wird Helmut Marko von Red Bull als Motorsportberater bezeichnet, obwohl er einer der Direktoren von Red Bull Racing in England ist, obwohl er alle Entscheidungen in der Automobilsport-Nachwuchsförderung des Salzburger Unternehmens trifft und bei allen in Sachen Formel 1 gewichtig mitredet.

Inoffiziell ist er bei Fahrern wie Mitarbeitern «der Doktor», denn schließlich hat der am 27. April 1943 geborene Grazer schnell seinen Doktor iuris gemacht (1967), ehe er in die große Motorsportwelt einbog, auf den Spuren seines engeren Landsmannes und Jugendfreundes Jochen Rindt.

In der Tat glaubten alle Insider an eine große Karriere Markos, der in Nachwuchsklassen und vor allem dann in Sportwagen mehr als nur Talent bewies.

1970 war er bereits Dritter in Le Mans mit Rudi Lins beim historischen ersten Gesamtsieg Porsches in dem Motorsport-Klassiker, den er ein Jahr später mit dem Niederländer Gijs van Lennep im Martini-Porsche 917 gewinnen sollte. Mit einem Distanzrekord von 5335 Kilometern, der 39 Jahre Bestand hatte.

Da war Rindt inzwischen, am 5. September 1970, in Monza tödlich verunglückt war, suchten Österreichs Motorsportfans einen Nachfolger im Trio Marko, Niki Lauda und Dieter Quester.

Marko blickt zurück: «Die Sportwagen- oder Marken-WM war eigentlich so stark wie die Formel 1 damals, bis auf Jackie Stewart fuhren praktisch alle GP-Piloten regelmässig auf der Langstrecke. Le Mans 1971 war nicht nur ein Meilenstein in meiner Karriere, sondern auch der Durchbruch zur Formel 1.»

Dieser Durchbruch kam noch im selben Jahr für ihn und auch für Lauda: Formel-1-Debüt auf dem heimatlichen Österreichring, Marko im BRM, Lauda im March.

Die Chance im BRM-Team von Louis Stanley tat sich auf, weil dessen Stammpilot Pedro Rodríguez im Sportwagenrennen auf dem Norisring tödlich verunglückt war.

Stanley soll Marko das Cockpit für 3000 Pfund, damals rund 180.000 Schilling, überlassen haben, das entspricht heute etwa 61.000 Euro. Marko wurde im alten Modell P153 Elfter, mit zwei Runden Rückstand, die anderen BRM-Piloten (Sieger Jo Siffert, Peter Gethin/10. und Howden Ganley/out) fuhren den neuen P160. Immerhin konnte Marko weiter Formel 1 für BRM fahren, bis zum Schicksalstag 2. Juli 1972.

GP von Frankreich auf dem Charade-Kurs nahe Clermont-Ferrand: Marko startete als bester BRM-Fahrer von Platz 6 und griff nach den ersten WM-Punkten.

Er selbst sagt zum Unfall: «Ich bekam im letzten Moment das neue Chassis ohne Sitzeinstellung. Ich beachtete das nicht weiter, weil ich scharf darauf war, das neue Chassis zu fahren. Mit 1,83 Meter Körpergröße ragte mein ganzer Kopf aus dem Cockpit heraus. Dann kam in der neunten Runde der Stein, aufgewirbelt vom March von Ronnie Peterson, traf durch mein Visier mein Auge.»

«Ich brachte den BRM gerade noch zum Stehen und wollte nur raus, weil der Zwölfzylinder mit 250 Litern Sprit ja noch fast vollgetankt war und die Angst vor einem Feuer da war. Hinter mir waren 20 Autos, da hätte eine Kollision fatale Folgen gehabt. Passiert ist das Ganze bergab bei 250 km/h.»

Marko war kurz bewusstlos und wurde aus dem Auto gezogen. «Ich kannte mich überhaupt nicht aus, verspürte nur immense Schmerzen. Es gab dann unterschiedliche Meinungen, ob das Auge zu retten gewesen wäre. Aber je länger die sensible Versorgung über die Nervenstränge unterbrochen ist, desto geringer ist die Chance.»
Die Karriere als Rennfahrer war vorbei.

Die zweite Karriere

Marko gründete bald sein eigenes Team. RSM Marko war in der DTM engagiert (auch mit Ski-Legende Franz Klammer), in Formel 3 und Formel 3000 (Europameister 1996 mit Jörg Müller), das entspricht der heutigen Formel 2.

Der Grazer wurde zu einem strengen Lehrer für viele Talente – und wurde oft von Fahrern für seine diktatorische Art kritisiert. Beliebt machte er sich bei vielen damit nicht, doch für ihn zählte immer die Leistung. Racer wie Gerhard Berger, Karl Wendlinger, Alexander Wurz, Christian Klien, Patrick Friesacher wurden von ihm mitgeprägt, um nur die Landsleute unter den Schülern zu nennen.

Über Vermittlung von Markus Friesacher (mit dem Kärntner Patrick Friesacher nicht verwandt) kamen Marko und Red Bull-Chef Dietrich Mateschitz zusammen, das Red Bull-Juniorteam (Premiere 1999 mit Makrus Friesacher und Enrique Bernoldi in der F3000) wies den Weg zum eigenen Formel-1-Team von Red Bull.

An der Übernahme von Jaguar Racing Ende 2004 (wurde Red Bull Racing) und von Minardi ein Jahr später (wurde Toro Rosso, heute AlphaTauri) hatte Marko mehr als nur eine Hand im Spiel.

Dem Rennfahrer Marko blieb der Traum von einem WM-Titel versagt. Als Berater hatte er entscheidende Anteile an den vier WM-Siegen von Sebastian Vettel und zwei von Max Verstappen sowie den fünf Siegen im Konstrukteurs-Pokal von Red Bull Racing (2010 bis 2013 sowie 2022).

Genauso wie am Weg zum Motorenhersteller über die Tochterfirma Red Bull Powertrains, der die Unabhängigkeit bewahren soll, die mit einer Allianz mit Porsche nicht garantiert gewesen wäre und die deshalb auf wesentliches Betreiben von Marko platzte.

Helmut Marko müsste sich den Stress von Flügen zu 21 Formel-1-Rennen in seinem Alter nicht antun (zum Österreich- und Ungarn-GP kann er aus Graz mit dem Auto anreisen). Er ist in seiner Heimatstadt gut situiert. So wie er in der Formel 1 als graue Eminenz nicht nur bei Red Bull Racing gilt, so ist er es auch in der Grazer Hotellerie. Und er ist feinsinniger Kunstsammler undwäre auch mit dem Besuch auf Kunstmessen gut beschäftigt.

Doch Rennsport ist nun mal seine Leidenschaft seit den wilden Gymnasialzeiten.

Als ich den damals 69-jährigen Marko 2012, nach dem dritten WM-Titel von Sebastian Vettel fragte, wie lang er den Formel-1-Job noch machen wolle, meinte er: «2014 laufen die Verträge von Vettel und Teamchef Horner aus. Das wäre ein guter Zeitpunkt zum Aufhören.»

Na ja, Ausstieg knapp verpasst. Auch mit 80 zeichnet sich kein Ende der zweiten Rennsportlaufbahn ab.

Es gilt ja noch einige WM-Titel zu holen.

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