Fahrerlager-Karten: (Fast) immer Ärger mit den Pässen

Begehrt: Wer Zugang zum Fahrerlager will, braucht einen der begehrten Pässe
Meine Laufbahn als Reporter begann ganz bescheiden. Zu Anfang schmuggelte man mich im Renntransporter eines Freundes ins Fahrerlager, damit ich überhaupt zum Ort des Geschehens gelangen konnte. Nach der Weisheit: «In ist, wer drin ist», konnte ich mich fortan so überall hin bewegen, wohin mich meine Neugier trieb. Zu Leuten, denen ich Fragen stellen wollte, in Werkstattzelte, in die Boxen, ja oft selbst in die Boxengasse. So schrieb ich Wochenende für Wochenende meine – zunächst kurzen – Artikel von kleineren nationalen Autorennen. Pressestellen in dem Sinn gab es bei den kleineren Rennen nicht.
Das ging eine Zeitlang ganz gut so. Doch allmählich wurden meine Ziele hochkarätiger, gleichzeitig wurde das gesamte Renngeschehen bis hin zur Ausweiskontrolle professioneller – der Zugang zum Rennareal schlicht schwieriger, allmählich unmöglich. Also blieb es zunächst bei der Methode, dass ich bei einem meiner rennfahrenden Freunden als Helfer mit dem segenbringenden Ticket versorgt wurde. Versorgt bedeutete in den meisten Fällen, mit dem Ticket rein und dann an den eigentlichen Helfer zurückgeben. Lästig das Ganze.
Deshalb begann ich immer öfter, mich offiziell zu akkreditieren, was in der Anfangszeit auch nicht in jedem Fall von Erfolg beschieden war. Welcher Pressechef konnte schon was mit meinen kurzen Berichten in einer vom Titel her eher weniger bekannten Tageszeitung anfangen.
Mit meinen Artikeln in den Motorsport-Fachpublikationen schuf ich mir allmählich einen Namen und die Dinge flutschten besser. Höfliches Bittsteller-Schreiben, Kopien von eigenen Veröffentlichungen und / oder Impressum. Von da an galt das obige «In ist, wer drin ist».
Das galt aber noch lange nicht für die großen Veranstaltungen. Mein erster dicker Fisch war ein Auftrag, von der Deutschen Rennsport-Meisterschaft zu berichten. Aber wie komme ich rein? «Da rufen Sie einfach bei Luki Scheuer an», riet mir Wolfgang Rausch, seinerzeit Chefredakteur des Magazins «Sportfahrer», und gab mir dessen Telefonnummer.
Das war Anfang 1975, ich sollte meine ersten Gehversuche als freier Berichterstatter für die Deutsche Rennsport-Meisterschaft machen. Beim Bemühen um eine Pressekarte befolgte ich Rauschs Rat und begab mich telefonisch auf die Suche nach Luki Scheuer, der schon damals der große Zampano der Pressestelle am Nürburgring und somit der Herrscher über jede einzelne Presse-Akkreditierung war.
Er wirkte etwas ungnädig, wer ich denn sei, was ich überhaupt von ihm wolle, er kenne mich ja gar nicht. Inzwischen hatte ich erfahren, dass Scheuer ein unbestechliches Gespür dafür hatte, ob jemand wirklich über «seine» Veranstaltung schreiben oder ob er nur «für lau» eine Karte abstauben wollte. Ich trug mein Anliegen vor, ich solle vom Nürburgring-Rennen berichten, bräuchte eine Pressekarte. «Besorgen Sie mir eine Bestätigung vom Rausch, dann sehn wir mal. Jedenfalls scheinen Sie gute Anlagen zu haben, wenn Sie mich hier ausfindig gemacht haben.» Das Eis war gebrochen und wir wurden im Lauf der Jahre Freunde.
Ganz schwierig wurde das Thema bei meinem ersten internationalen Einsatz, einem Rennen um die Tourenwagen-Europameisterschaft am Salzburgring. Dort hatte ein gewisser Präsident, Direktor – oder nannte er sich Magister? – Willy Löwinger die Allgewalt, auch die über das Pressekontingent. Auf mein schriftliches Ersuchen hatte er nicht reagiert. Er kannte mich natürlich nicht, erkannte aber auch die vorgelegten Unterlagen nicht an und empfahl mir, wieder heimzufahren, wenn eine zu kaufende Tribünenkarten meinen Plänen nicht entspreche.
Nun stand ich da, hatte von dem in Aussicht gestellten, alles andere als üppigen Honorar bereits in Hin- und Rückfahrt von 1000 km investiert und wollte auch nicht ohne meine Geschichte beim Auftraggeber antanzen. Löwinger ließ mich stundenlang schmoren. Es grenzte fast an Erniedrigung, bis Löwinger doch noch eine Karte für mich herausrückte.
Später, von einigen schwierigen Verhandlungen in der Pressestelle von Monza abgesehen, gestaltete sich die Beschaffung der Pressekarten dann doch komfortabler, je professioneller die Teams in den Pressebüros aufgestellt waren und mein Name in den Listen der üblichen Verdächtigen hinterlegt war. Mit dem Titel des Motorsport-Magazins «rallye racing» auf der Visitenkarte war ich dann bei der WM-Rallye in Schweden ebenso willkommen wie bei der Safari-Rallye in Kenia.
Gar keine Probleme hatte ich dann, als ich in der Funktion des Motorsport-Pressesprechers bei BMW an Deck ging. Bei meinem Dienstantritt fand ich in der Schreibtischschublade die gelbe Lederbinde der Obersten Nationalen Motorsport-Behörde (ONS, heute DMSB) meines Vorgängers, die mir, kurzerhand mit meinem Foto ausgestattet, Zugang zu jeder deutschen Rennstrecke und dort überall hin garantierte.
Sehr viel schwieriger wurde es dann wieder, als ich in meiner BMW-Funktion unserer Auftritte in der Formel 1 zu betreuen hatte. Während dort unsere Mechaniker teils mangels ausreichender Kartenzuteilung unter den Ersatzteilen ins Allerheiligste bugsiert werden mussten, stand auch für mich zunächst kein brauchbares Ticket zur Verfügung. Auf oft abenteuerlichen Wegen gelangte ich bisweilen in die Paddocks, um meinen Job zu machen.
Irgendwann und auf massiver Intervention unseres Rennleiters Dieter Stappert hatte Bernie Ecclestone schließlich ein Einsehen und gab grünes Licht für meinen permanenten Ausweis. Ich werde den Tag nie vergessen, an dem ich hoffnungsfroh in den Hafen von Long Beach kurvte, wo Bernies Büro an Bord der weltberühmten Queen Mary residierte. Und dann hielt ich ihn in Händen – meinen persönlichen FOCA-Pass. Der wurde dann jährlich erneuert bis ans Ende meiner Formel-1-Tätigkeit. Motorsport-Herz, was willst Du mehr.
Als ich viel später bei meinem alten Freund und Kollegen Gustav Büsing im Pressezentrum am Nürburgring aushalf, waren gute Karten überhaupt kein Problem.
Der Rest ist schnell erzählt. Nach gut 20 Jahren Pause kehrte ich wieder zur schreibenden Zunft zurück und meine Wünsche auf Akkreditierungen als Kolumnist wurden allenthalben zu meiner Zufriedenheit erfüllt. Wie ließ mich doch auch unlängst der ADAC-Pressesprecher Oliver Runschke wegen eines Besuchs bei der DRM wissen: «Ich freue mich sehr, wenn Sie in Nürnberg vorbeischauen.» Tat ich dann auch.