KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Formel-1-Tests: Warum nicht gleich in Sibirien?

Kolumne von Günther Wiesinger
Dick eingepackt: Ross Brawn mit Rosberg

Dick eingepackt: Ross Brawn mit Rosberg

Eigentlich könnte die Formel 1 ihre Wintertests gleich ins ewige Eis verlagern. Das wäre nicht weniger aufschlussreich als in Barcelona.

Die globale Erwärmung ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Nur in der Formel 1 hat das anscheinend noch keiner begriffen.

Denn die renommierteste automobile Rennserie der Welt gastierte im Februar und am ersten März-Wochenende zweimal auf dem Circuito de Catalunya bei Barcelona – bei teilweise 4 Grad Aussen- und 10 Grad Asphalttemperatur.

Und jetzt rätseln die Experten, wie aufschlussreich die Erkenntnisse und Ergebnisse dieser Testfahrten für die beiden Auftaktrennen in Melbourne und Kuala Lumpur sein mögen, wo mit 35, 30 oder gar 38 Grad zu rechnen ist.

Die Antwort ist einfach: Wahrscheinlich hätten die Teams gleich daheim bleiben können. Denn bei Glatteisgefahr lernt kein Aerodynamiker etwas und auch kein Designer, das man nicht am Simulator in Erfahrung bringen könnte. Und über die Kühleigenschaften der 2,4-Liter-Achtzylinder-Motoren wird man auch keine Aufschlüsse erhalten. Bei 4 Grad würde fast Luftkühlung reichen.

Nur weil es Wintertests heisst, muss man ja nicht zwangsweise bei tiefwinterlichen Temperaturen im Kreis fahren.

Verzeihen Sie bitte, wenn ich das journalistische Stilmittel der Übertreibung gewählt habe.

Aber ich frage mich wirklich, was Rennställe mit Jahresbudgets von 100 bis 300 Millionen Euro zweimal nach Barcelona treibt, wenn sich sogar die MotoGP-Teams (Jahresbudgets zwischen 3 und 30 Millionen Euro) im Februar zwei Trips nach Sepang/Malaysia leisten können. Die MotoGP-Teams meiden Barcelona seit zehn Jahren, seit es dort am letzten März-Sonntag einmal bei Testfahrten leicht geschneit hat und die Stars um 14 Uhr nur einmal für 40 Minuten auf die Piste gingen, weil es einen BMW zu gewinnen gab...

Die Luftfracht nach Malaysia würde kein Vermögen kosten, das Material bliebe gleich in den Boxen, die Teammitglieder können zwischen den beiden Tests Ferien auf den Malediven, auf Langkawi oder Bali machen. Sie würden im Paddock gut gelaunt in kurzen Hosen durch die Gegend laufen, in Barcelona waren überwiegend mürrische Gestalten mit Skipullover, Schal, Winteranorak und Handschuhen zu erblicken.

Und bis Malaysia hätten die Formel-1-Fahrzeuge bereits zwei Drittel der Wegstrecke nach Australien zurückgelegt. Vielleicht wären die Frachtkosten also sogar ein Nullsummenspiel.

Einst gab es Wintertests in Kyalami und Rio

Die älteren Herren unter den Teambesitzern werden sich noch an ausgedehnte Formel-1-Reifentestfahrten in Kyalami/Südafrika und Rio/Brasilien erinnnern – zu Zeiten von Goodyear. Damals lagen die Budgets bei 5 Prozent von den heutigen. Manche Zwei-Fahrer-Teams wie Ensign hatten insgesamt einen Ersatzmotor.

Wenn wir schon bei den Reifen sind: Warum lassen sich gestandene Männer wie Lauda, Montezemolo, Sauber, Whitmarsh, Williams, Horner und Tost ohne Widerrede gefallen, dass der alternde Zampano Ecclestone dank seiner unerschöpflichen Macht bei Alleinausrüster Pirelli lauter Reifenmischungen mit geringer Lebensdauer bestellt, weil er sich einbildet, es würde der Show dienen?

Und warum entwickelt eine Weltfirma wie Pirelli dann auf Zuruf von BE lauter Compounds, die jeglicher motorsportlicher Logik widersprechen und diametral im Gegensatz zu dem stehen, was die Kunden von einem Autoreifen erwarten – nämlich eine ansehnliche Lebensdauer.

Ursprünglich ging es im Motorsport darum, den schnellsten Rennfahrer im besten Auto zu ermitteln. Heute wird alles von der Reifendiskussion, von DRS, KERS, von verschiedenfarbigen Gummiwalzen, von «option tyre» und von der Zwei- oder Drei-Stopp-Strategie überlagert.

Trotz aller gegenteiliger Bemühungen lässt sich nicht verhindern, dass der Schnellste gewinnt. Meistens zumindest.

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