Vettel und Webber: Nichts mehr zu kitten?

Von Mathias Brunner
Carlos Reutemann und Alan Jones in Rio 1981

Carlos Reutemann und Alan Jones in Rio 1981

Die Rennhistorie zeigt: Nach so einem Duell ist Feierabend – das gegenseitige Vertrauen war dahin.

Nach dem Skandal von Malaysia sind die Hauptdarsteller auf Tauchstation gegangen: Mark Webber surft in Australien, Sebastian Vettel schöpft frische Energie aus Orten, wo er sich meistens zurückzieht – bei sich zuhause oder in der österreichischen Bergluft.

Gerüchte, wonach Webber den Krempel hinschmeissen und schon in China nicht mehr im Rennwagen sitzen werde, dürfen wir ignorieren: Für einen solchen Schritt ist der neunfache GP-Sieger zu charakterfest. Ob er freilich auch 2014 in einem Auto von RBR sitzen wird, ist eine andere Frage.

Der Handschlag der beiden Alpha-Tiere von Red Bull Racing nach der Rennbesprechung: er ist die Geste nicht wert. Denn die Rennhistorie lehrt uns: nach einer solchen Aktion ist das gegenseitige Vertrauen nachhaltig ruiniert.

Selektives Gehör und Tunnelblick, Ignoranz und Eigensinn im Angesicht eines möglichen Sieges – das alles ist nichts Neues.

Ein paar Beispiele gefällig?

Rio 1981
Im Regen-GP von Brasilien weigert sich Leader Carlos Reutemann, seinem Verfolger Alan Jones Platz zu machen. Der Argentinier wird sich bis Ende der Saison die Chance auf den Titel wahren, das Team behandelte ihn jedoch wie einen Fremden.

Imola 1982
Ferrari-Star Gilles Villeneuve sieht sich von Didier Pironi betrogen. Der Kanadier hält sich an eine vor dem San-Marino-GP getroffene Abmachung, der Franzose zieht es vor zu gewinnen. Villeneuve schwört, nie wieder ein Wort mit seinem Teamkollegen zu reden. Leider trifft das zu: Beim folgenden GP-Wochenende in Zolder fährt der bis heute unvergessene Gilles in den Tod.

Le Castellet 1982
René Arnoux sieht und hört nichts, als es darum geht, Alain Prost im anderen Renault von Vortritt zu lassen. Prost beteuert bis heute, es habe vor dem Rennen eine entsprechende Anweisung gegeben. Arnoux sagt, das stimme nicht.

Estoril 1988
Der Machtkampf bei McLaren eskaliert: Ayrton Senna drängt Alain Prost auf der Zielgeraden fast in die Boxennmauer, als der Franzose versucht, am Stallkollegen vorbeizuziehen. Nach diesem Rennen  ist das Klima vergiftet.

Imola 1989
Nach einem schweren Unfall von Gerhard Berger (Ferrari) wird das Rennen abgebrochen und neu gestartet. Die McLaren-Stars Senna und Prost treffen ein Abkommen, wonach der Grand Prix jenem Fahrer gehöre, der nach der ersten Kurve vorne liege. Für Prost ist die schnelle Tamburello-Links die erste Kurven, für Senna offenbar nicht. Der Brasilianer überholt vor der Tost und gewinnt. Prost schäumt.

Melbourne 1998
Bis heute ist McLaren-Konzernchef Ron Dennis überzeugt, jemand habe sich in den Funkverkehr gehackt und Mika Häkkinen die falsche Anweisung gegeben, an die Box zu kommen. Aber McLaren hatte den Finnen überhaupt nicht bestellt. Mika geht wieder auf die Bahn, nun hinter seinem schottischen Teamgefährten David Coulthard. Die interne Abmachung damals: Wer in der ersten Kurve vorne liegt, soll vorne bleiben. McLaren zwingt Coulthard, Häkkinen vorbeizulassen.

Bis auf das letzte Beispiel erkennen wir viele Parallelen: In der Regel hat der später ins Team gekommene Fahrer gegen den etablierten Piloten aufgemuckt. Auffällig ist auch, dass die Fahrer später selten glücklich geworden sind.

Reutemann warf anfangs 1982 den Bettel bei Williams hin, da war Jones bereits zurückgetreten.

Villeneuve kam ums Leben, Pironi erlitt bei einem Trainings-Unfall im folgenden Sommer Beinbrüche, die seine Formel-1-Karriere beendeten.

Arnoux verliess Renault Richtung Ferrari, Prost wurde im Renault-Werkswagen nie Weltmeister.

Prost kapitulierte Ende 1989 bei McLaren und ging zu Ferrari.

Häkkinen und Coulthard gewinnen für McLaren noch viele Rennen, aber David sagt Jahre später, dass er sein Vertrauen ins Team und einen Teil seines Selbstwertgefühls verloren habe.

In keinem Fall war das Verhältnis je wieder harmonisch.

Das sollte uns für Red Bull Racing zu denken geben.

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